V e r f a h r e n

vor  dem  Verfassungsgerichtshof  ( V f G H )

 

Artikel 144 Abs.1: Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

Abs.2: Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist.

Abs.3. Findet der Verfassungsgerichtshof, dass durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Recht im Sinne des Abs. 1 nicht verletzt wurde, hat er auf Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Auf Beschlüsse gemäß Abs. 2 ist der erste Satz sinngemäß anzuwenden.

Abs.4: Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Beschwerde erhoben werden kann, bestimmt das das die Organisation und das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz.

Abs.5: Soweit das Erkenntnis oder der Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Zulässigkeit der Revision zum Inhalt hat, ist eine Beschwerde gemäß Abs. 1 unzulässig.

Die Verfahrensvorschriften sind im VfGG, dem Verfassungsgerichtshofgesetz enthalten.

Enthält dieses Gesetz keine anders lautenden Bestimmungen, so ist die ZPO und das Einführungsgesetz zur ZPO

subsidiär anzuwenden (§ 35 VfGG), nicht aber die Bestimmungen über die einstweilige Verfügung und die verhandlungsfreie Zeit.

 

Der VfGH besteht aus 14 Richtern (Präsident, Vizepräsidentin, 12 weitere Mitglieder) und sechs Ersatzmitgliedern, welche vom Bundespräsidenten ernannt werden und zwar auf Vorschlag

der Bundesregierung (Präsident, Vizepräsidentin und sechs weitere Mitglieder)

des Nationalrates (drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder) und

des Bundesrates (drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied).

 

Der VfGH entscheidet grundsätzlich im Plenum mit 14 Mitgliedern; in "kleiner Besetzung" nach § 7 VfGG nur dann, wenn die relevanten Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung geklärt sind.

Beschlussfähigkeit ist bei Anwesenheit des Präsidenten und acht Mitgliedern (vier bei kleiner Besetzung) gegeben.

 

Vollstreckt werden die Erkenntnisse des VfGH je nach Materie durch die ordentlichen Gerichte und den Bundespräsidenten.

 

 

Verfahrensarten  (Zuständigkeiten des VfGH):

            Klagen: Art. 137 B-VG   (A-Verfahren)        [ Kausalgerichtsbarkeit ]

            Kompetenzkonflikt: Art. 138 B-VG   (K-Verfahren)        betreffend

                    Zuständigkeit des Rechnungshofes: Art. 126a B-VG     (KR-Verfahren)

                    Zuständigkeit der Volksanwaltschaft: Art. 148f B-VG     (KV-Verfahren)

                    zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden, zwischen ordentlichen Gerichten und Verwaltungsgerichten/Verwaltungsgerichtshof

                    zwischen VfGH und allen anderen Gerichten

                    zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Ländern untereinander

                    Bundes- und Landeskompetenzen

            Prüfung von Vereinbarungen:  Art.138a B-VG  auf Antrag der BReg oder der beteiligten LReg       (F-Verfahren)   

            Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten betreffend Einsetzung und Tätigkeit von U-Ausschüssen des Nationalrats:  Art.138b B-VG      (UA-Verfahren)

            Verordnungsprüfung: Art. 139 B-VG   (V-Verfahren)

            Gesetzesprüfung: Art. 140 B-VG   (G-Verfahren)

            Prüfung von Staatsverträgen:  Art.140a B-VG

            Prüfung von Wahlen: Art. 141 B-VG   (W-Verfahren)

            Staatsgerichtliche Anklagen: Art. 142 und 143 B-VG

           Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit. Art. 144 B-VG  

            Abs.1:  Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes   (E-Verfahren)

            Abs.4:  Beschwerden gegen Beschlüsse eines Verwaltungsgerichtes  ( soweit nach § 88a VfGG zulässig )

            Völkerrechtsverletzungen: Art. 145 B-VG

 

Antragserfordernisse:

            Schriftlich

            Entsprechender Artikel des B-VG ist anzuführen

            Sachverhaltsdarstellung

            Anwaltspflicht für Klagen, Anträge und Beschwerden

            Nachweis der Bevollmächtigung

           

Notwendiger Inhalt von Beschwerden ( E – Verfahren)

Der primäre Anwendungsfall der Anrufung des VfGH durch einen Staatsbürger ist die Beschwerde gegen ein Erkenntnis eines der 11 Verwaltungsgerichte

und - soweit einfachgesetzlich nicht ausgeschlossen - einen Beschluss des Verwaltungsgerichts.

 

Im Gegensatz zur Revision an den VwGH (Verwaltungsgerichtshof) können in VfGH-Beschwerden nur Verletzungen in verfassungsgesetzlich

gewährleisteten Rechten geltend gemacht werden sowie die  Anwendung von verfassungswidrigen Gesetzen und gesetzwidrigen Verordnungen etc.

Die Geltendmachung von einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten ist nicht zulässig.

·        Eingabegebühr von € 240,--

·        Bezugnahme auf Art. 144 Abs.1 (Abs.4) B-VG

·        Bezeichnung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses

·        Angabe des Zustelldatums  (Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung)

·        Darstellung des Sachverhalts

·     Beschwerdepunkte (Behauptung der Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder Rechtsverletzung

    wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (Verordnung, Gesetz etc.)

·        Beschwerdegründe; Begründung der Beschwerdepunkte

·        Aufhebungsantrag   (seit Änderung des § 82 VfGG auch Feststellungsantrag möglich; vgl. VfSlg. 18.014)

·        Nachweis der Bevollmächtigung

·        Verfassung des Beschwerdeschriftsatzes durch einen Rechtsanwalts

·        Sinnvoll:  Antrag auf Kostenzuspruch

·        Allenfalls:  Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH

·        Allenfalls:  Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen

·        Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe ist möglich.

 

Der VfGH kann die Behandlung der Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolgt hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist; nicht aber, wenn der Fall von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen ist.

Wurde kein Abtretungsantrag in der Beschwerde an den VfGH gestellt, so kann dieser Abtretungsantrag noch binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des Ablehnungsbeschlusses des VfGH an diesen gestellt werden.

Lehnt der VfGH die Behandlung der Beschwerde nicht (mit Beschluss) ab, so stellt er diese dem Verwaltungsgericht mit dem Auftrag zu, die Verwaltungsakten binnen der eingeräumten Frist vorzulegen und stellt frei, eine Gegenschrift einzubringen, in welcher das Verwaltungsgericht ihre Entscheidung meist verteidigt.

Entscheidet der VfGH in der Sache selbst, so weist er entweder Beschwerde ab oder hebt die angefochtene Entscheidung auf. Der VfGH ist ein Kassationsgerichtshof, das heißt er kann den angefochtenen Bescheid nicht abändern sondern nur aufheben oder bestätigen.

Dem obsiegenden Beschwerdeführer werden seit 1.4.2013  € 2.180,-- Verfahrenskosten zugesprochen, wobei zu diesem Betrag die USt (€ 436,--) und die Eingabegebühr (€ 240,--) dazu kommt, insgesamt also € 2.856,--

Rechtsanwalt Dr. Johann Postlmayr
A-5230 Mattighofen, Stadtplatz 6 kanzlei@estermann-partner.at

 

Die wichtigsten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte:

             die wichtigsten Rechtsquellen:

                        EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention)

                        Zusatzprotokolle zur EMRK

                        StGG (Staatsgrundgesetz)

                        B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz)

                        BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit

                        GRC  (Grundrechtecharta der Europäischen Union)

                        ............

·        Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz

·        Verfahren vor dem gesetzlichen Richter

·        Unverletzlichkeit des Eigentums

·        Erwerbsausübungsfreiheit

·        Liegenschaftserwerbsfreiheit

·        Berufsausbildungsfreiheit

·        Gleichheit unter Fremden

·        Keine erniedrigende und unmenschliche Strafe oder Behandlung

·        Freizügigkeit der Person und des Vermögens

·        Gebot der Bestimmtheit von Gesetzen

·        Persönliche Freiheit

·        faires Verfahren

·        Zugang zu einem Gericht

·        Keine Strafe ohne Gesetz

·        Privat- und Familienleben

·        Meinungsäußerungsfreiheit

·        Keine Todesstrafe

·        Doppelbestrafungsverbot

·        Rechtsmittel in Strafverfahren

·        Ausnahme von der Wehrpflicht

 

Neben der Beschwerde als in der Praxis wichtigstes Rechtsmittel an den VfGH soll hier angesichts der Tatsache, dass die anderen Verfahrensarten für den einzelnen Staatsbürger nicht von besonderer Relevanz sind, nur noch die Klage nach Art. 137 B-VG und der Individualantrag kurz dargestellt werden.

 

Klage nach Art. 137 B-VG:   (A-Verfahren)

Diese dient der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche gegen Bund, Land und Gemeinden (und Gemeindeverbände) sowie der Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen unter gewissen Bedingungen.

Diesen Gebietskörperschaft werden öffentlichrechtliche Körperschaften zugerechnet, welche nach dem Gesetz öffentlichrechtliche Aufgaben einer Gebietskörperschaft besorgen.

Diese Ansprüche müssen fällig sein und dürfen nicht erst in der Zukunft entstehen.

Diese Klage ist nur zulässig, wenn der Anspruch weder im ordentlichen (gerichtlichen) Rechtsweg durchgesetzt, noch ein Bescheid einer Verwaltungsbehörden erwirkt werden kann.

Bereits in der Klage ist darzulegen, dass keine andere Möglichkeit besteht, den Anspruch geltend zu machen z.B. gegen zu Unrecht erhobene Geldstrafen oder nicht rechtzeitig erledigte Rückzahlungsansprüche (etwas nach Bescheidaufhebung). Die Behörde muss vorher aber unter angemessener Fristsetzung (zwei Wochen) fruchtlos gemahnt worden sein.

Kostenzuspruch wie im Zivilprozess (samt Eingabegebühr von € 240,--) an die obsiegende Partei.

 

Der Individualantrag:   (V - Verfahren und G - Verfahren)

        nach Art. 139 und 140 B-VG 

Unter ganz besonderen Umständen kann auch der Einzelne (Normunterworfene) und nicht nur die UVS und Gerichte, welche eine Bestimmung im Verfahren anzuwenden haben, ein Gesetz als verfassungswidrig und eine Verordnung als gesetzwidrig anfechten.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Norm (Gesetz oder Verordnung) konkret in die Rechtssphäre des Antragstellers und aktuell eingreift, ohne dass eine behördliche Entscheidung ergehen kann. Die Norm muss gegenüber dem Antragsteller direkt wirken also eine Verletzung der Rechtssphäre muss bereits verletzt sein, allfällige wirtschaftliche Reflexwirkungen reichen nicht aus.

Ein anderer Weg, diese Rechtswidrigkeit geltend zu machen, muss unzumutbar sein (Möglichkeit der Erwirkung eines Bescheides durch Stellung eines Antrages oder Erhebung von Einwendungen und bekämpfen mit Rechtsmitteln)

Die Judikatur des VfGH zur Zulässigkeit des Individualantrages ist sehr restriktiv. In jedem Fall sollte man mit dem Rechtsanwalt ganz genau prüfen, welche anderen Möglichkeiten es gibt, die anzuwendende Norm auf einem anderen Weg prüfen zu lassen; allenfalls durch Einbringung eines Antrag auf Ausnahmebewilligung etc., Erhebung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen, in welchen diese Norm angewendet wurde und Anregung bei der Rechtsmittelbehörde, bzw. beim Rechtsmittelgericht, die Norm beim VfGH als gesetz- bzw. verfassungswidrig anzufechten. Hegt auch die oberste Behörde oder das im Instanzenzug oberste Gericht diese Bedenken, hat es die Pflicht (die Praxis sieht aber aufgrund der mangelnden Erfahrungen mit solchen Anträgen meist anders aus), einen Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsantrag an den VfGH zu stellen.

Rechtsanwalt Dr. Johann Postlmayr
A-5230 Mattighofen Stadtplatz 6

 

Verfassungsgerichtshof   (VfGH)
und Führerscheinrecht

ein * betrifft Fälle, welche der Homepagebetreiber
RA Dr. Postlmayr, Mattighofen, vertreten hat

 

1.      G 472/97 vom 1.12.1998*; § 7 Abs.3 Z.4, § 26 Abs.8, § 37 Abs.4 Z.1 und § 39 Abs.1 FSG – Individualantrag nach Art. 140 Abs.1 B-VG; im Rechtshilfeersuchen vom 11.4.1996 an die BH Braunau/Inn legt die BH Salzburg-Umgebung dem Antragsteller zur Last, am 10.3.1996 um 6.10 Uhr auf der Mattseer-Landesstraße L 101 aus Richtung Salzburg kommend in Richtung Obertrum einen Pkw trotz mehrerer beschilderter Geschwindigkeitsbeschränkungen von 60 bzw. 70 km/h zwischen km 1,4 und 11,4 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von zumindest 140 km/h gelenkt zu haben und in Elixhausen zwischen km 2,0 und 3,2 120 statt der erlaubten 60 km/h gefahren zu sein, in weiterer Folge habe er die Geschwindigkeit zumindest auf 150 km/h erhöht und dieses Tempo bis Obertrum beibehalten. Im Individualantrag wird beantragt, § 7 Abs.3 Z.4 gänzlich oder teilweise, § 26 Abs.8 sowie § 39 Abs.1 sowie die Ziffer 1 des § 37 Abs.4 und den Passus „20,“ in § 37 Abs.5 FSG jeweils in der Stammfassung als verfassungswidrig aufzuheben. Der Antrag ist nicht zulässig. Der VfGH geht davon aus, dass vor der Antragseinbringung die Lenkberechtigung nicht entzogen worden ist, die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen sind somit noch nicht wirksam geworden. Mit der mit Beschluss VfSlg. 8.009 beginnenden Rechtsprechung vertritt der VfGH die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wird. Es ist auch notwendig, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen nicht bloß potentiell sondern aktuell beeinträchtigen, dies ist hier nicht der Fall. Selbst wenn aufgrund eines Strafbescheides erster Instanz ein Lenkberechtigungsentzugsverfahren eingeleitet worden wäre, wäre der Individualantrag zurückzuweisen, weil es an einem „unmittelbaren Eingriff“ in die Rechtssphäre des Antragstellers fehlen würde, stünde doch zur Abwehr der behaupteten Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung. In einem Lenkberechtigungsentzugsverfahren muss es dem Betroffenen durchaus zugemutet werden, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen und dann beim VfGH eine Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG zu erheben und darin seine Bedenken vorzutragen. (Im Antrag wurde zur Zulässigkeit ausgeführt, dass es iSd Rechtsprechung des VfGH nicht zumutbar ist, sich bestrafen zu lassen, dies müsse auch für den Lenkberechtigungsentzug gelten, welcher in seinen Wirkungen zumindest einer Geldstrafe gleichkommt). Zurückweisung des Individualantrages als unzulässig.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

2.      G 471/97 vom 1.12.1998 (VfSlg. 15.346)*; § 7 Abs.3 Z.4, § 26 Abs.8, § 37 Abs.4 Z.1 und § 39 Abs.1 FSG – Individualantrag nach Art. 140 Abs.1 B-VG; 102 statt 50 km/h am 24.5.1996 um 7.20 Uhr im Ortsgebiet von Höhnhart auf der L 503 bei km 19,200. Geldstrafe von ATS 4.000,-- durch die BH Braunau/Inn nach § 20 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit. a StVO. Im Individualantrag wird beantragt, § 7 Abs.3 Z.4 gänzlich oder teilweise, § 26 Abs.8 sowie § 39 Abs.1 sowie die Ziffer 1 des § 37 Abs.4 und den Passus „20,“ in § 37 Abs.5 FSG jeweils in der Stammfassung als verfassungswidrig aufzuheben. Der Antrag ist nicht zulässig. Der VfGH geht davon aus, dass vor der Antragseinbringung die Lenkberechtigung nicht entzogen worden ist, die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen sind somit noch nicht wirksam geworden. Mit der mit Beschluss VfSlg. 8009 beginnenden Rechtsprechung vertritt der VfGH die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wird. Es ist auch notwendig, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen nicht bloß potentiell sondern aktuell beeinträchtigen, dies ist hier nicht der Fall. Selbst wenn aufgrund eines Strafbescheides erster Instanz ein Lenkberechtigungsentzugsverfahren eingeleitet worden wäre, wäre der Individualantrag zurückzuweisen, weil es an einem „unmittelbaren Eingriff“ in die Rechtssphäre des Antragstellers fehlen würde, stünde doch zur Abwehr der behaupteten Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung. In einem Lenkberechtigungsentzugsverfahren muss es dem Betroffenen durchaus zugemutet werden, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen und dann beim VfGH eine Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG zu erheben und darin seine Bedenken vorzutragen. (Im Antrag wurde zur Zulässigkeit ausgeführt, dass es iSd Rechtsprechung des VfGH nicht zumutbar ist, sich bestrafen zu lassen, dies müsse auch für den Lenkberechtigungsentzug gelten, welcher in seinen Wirkungen zumindest einer Geldstrafe gleichkommt). Zurückweisung des Individualantrages als unzulässig.

 

3.      B 2124/98 und G 230/98 vom 1.12.1998 (VfSlg. 15.341); § 15 Abs.2 VfGG; § 14 Abs.3 FSG – Individualantrag; der Individualantrag wird als unzulässig zurückgewiesen, weil diese Eingabe mit schweren inhaltlichen Fehlern behaftet ist, welche nicht verbesserungsfähig sind. Es fehlt im Antrag die Bezugnahme auf den entsprechenden Artikel des B-VG als zwingendes Antragserfordernis (VfSlg. 8733, 11.243 und 12.442). Die Behandlung der Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG wird abgelehnt und die Beschwerde dem VwGH zur Entscheidung abgetreten. Von der Entscheidung des VfGH ist die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten und ist die Angelegenheit auch nicht von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen. In der als Individualantrag bezeichneten Eingabe wird ausgeführt, den letzten Halbsatz des § 14 Abs.3 FSG bekämpfen zu wollen, die Wortfolge „und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente deren gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen“ sei als verfassungswidrig aufzuheben.

 

4.      G 252/98 vom 23.2.1999*; §§ 7 Abs.3 Z.4 und Abs.6 FSG, 26 Abs.7 erster Satz FSG – Individualantrag nach Art. 140 B-VG; Im Straferkenntnis vom 7.1.1998 verhängt die BH Braunau/Inn eine Geldstrafe von ATS 4.000,-- nach § 20 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit. a StVO, weil der Antragsteller am 20.9.1997 um 22.15 Uhr auf der Weilhart-Landesstraße in Ostermiething die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 51 km/h überschritten hat. Im Individualantrag wird die Aufhebung folgender Bestimmungen beantragt: § 7 Abs.3 Z.4, § 7 Abs.6, § 26 Abs.7 erster Satz FSG als verfassungswidrig begehrt. Der Antrag ist nicht zulässig. Der VfGH geht davon aus, dass vor der Antragseinbringung die Lenkberechtigung nicht entzogen worden ist, die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen sind somit noch nicht wirksam geworden. Mit der mit Beschluss VfSlg. 8009 beginnenden Rechtsprechung vertritt der VfGH die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wird. Es ist auch notwendig, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen nicht bloß potentiell sondern aktuell beeinträchtigen, dies ist hier nicht der Fall. Zurückweisung des Individualantrages als unzulässig.

 

5.      G 247/98 vom 23.2.1999*; §§ 7, 26, 37 und 39 FSG – Individualantrag nach Art. 140 B-VG; im Rechtshilfeersuchen vom 19.11.1998 an die BH Braunau/Inn legt die BPD Granz dem Antragsteller zur Last, am 16.10.1998 um 01.51 in Graz, Joanneumring – Höhe Schmiegasse die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen zu haben. Im Antrag an den VfGH wird dargelegt, dass sich aus der Anzeige der BPD Graz ergebe, dass die zulässige Geschwindigkeit um mindestens 50 km/h überschritten worden ist. Im Individualantrag wird die Aufhebung folgender Bestimmungen beantragt: § 7 Abs.3 Z.4, § 7 Abs.6, § 26 Abs.7 erster Satz FSG als verfassungswidrig begehrt. Der Antrag ist nicht zulässig. Mit der mit Beschluss VfSlg. 8009 beginnenden Rechtsprechung vertritt der VfGH die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wird. Es ist auch notwendig, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen nicht nur potentiell sondern aktuell beeinträchtigen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war noch keine Nachschulung angeordnet. Selbst wenn dies der Fall wäre erfolgt dies mit Bescheid, welcher zur Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs zu bekämpfen und diese Bedenken die angefochtenen Bestimmungen in einer Bescheidbeschwerde an den VfGH nach Art. 144 Abs.1 B-VG vorzubringen wären oder im Verfahren anzuregen, einen Antrag auf Gesetzesprüfung nach Art. 140 Abs.1 B-VG einzubringen (VfSlg. 13.871 und 14.752). Es fehlt somit an einem „unmittelbaren Eingriff“ in die Rechtssphäre des Antragstellers (vgl. Auch Beschlüsse des VfGH vom 23.2.1999, G 254/98, G 265/98 und G 1/99 sowie G 28/99 vom 11.3.1999).

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

6.      B 544/97 vom 26.2.1999* (VfSlg. 15.431); § 66 Abs.2 lit. i und § 73 Abs.3 dritter Satz KFG; Art. 5 und 6 StGG; Art. 7 Abs.1 B-VG; die BH Vöcklabruck hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von ATS 8.000,-- verhängt, weil er am 26.10.1995 mit seinem Motorrad mit dem Kennzeichen SL .... an den angeführten Stelle (im Bereich von Höcken – Schneegattern Richtung Ried i.I.) 165 statt 100 km/h gefahren ist (§ 20 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit. a StVO). Der UVS Oö hat die dagegen eingebrachte Berufung in der Schuldfrage abgewiesen und die Geldstrafe auf ATS 4.000,-- herabgesetzt. Nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz hat die BH Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für zwei Wochen nach § 66 Abs.2 lit. i KFG entzogen, der LH von Salzburg hat das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt und nach Vorliegen des UVS Oö-Erkenntnisses die Berufung abgewiesen. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG, in welcher die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Erwerbsausübungsfreiheit und wegen Anwendung von verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen geltend gemacht wird. VfGH: keine Bedenken gegen die Regelung über die (befristete) Entziehung der Lenkerberechtigung aufgrund mangelnder Verkehrszuverlässigkeit infolge erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung; sachliche Rechtfertigung der in absoluten Zahlen festgelegten unterschiedlichen Grenzen im und außerhalb des Ortsgebietes sowie der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung mit technischen Hilfsmitteln; keine Bedenken gegen die Möglichkeit der Entziehung der Lenkerberechtigung bereits aufgrund des erstinstanzlichen Strafbescheides; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch verfassungswidrige Gesetzesanwendung; kein Eingriff ins Eigentumsrecht und in die Erwerbsausübungsfreiheit durch Abnahme des Führerscheins. Im Hinblick darauf, dass sich die Verkehrs- bzw. Gefahrensituation in Ortsgebieten wesentlich von jener auf Freilandstraßen und Autobahnen unterscheidet, kann dem Gesetzgeber aus der Sicht des Gleichheitsgrundsatzes kein Vorwurf gemacht werden, wenn er in § 66 Abs.2 lit.i KFG die für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs.2 KFG maßgeblichen "Grenzwerte" an eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h und außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h knüpft. Auch ging es dem Gesetzgeber in der 18. KFG-Novelle nicht um die Festlegung prozentueller Toleranzen, in deren Bereich eine Geschwindigkeitsüberschreitung noch nicht zur Entziehung der Lenkerberechtigung führen sollte, sondern es sollte für den Normunterworfenen in absoluten Zahlen leicht verständlich festgelegt werden, ab welchen Überschreitungen der jeweils zulässigen Geschwindigkeit eine Tatsache im Sinne des § 66 Abs.2 lit.i KFG verwirklicht wird. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entscheidet, an ein fixes Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung - als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 KFG - die Rechtsfolge der Entziehung der Lenkerberechtigung zu knüpfen, so überschreitet er damit nicht die Grenzen der Sachlichkeit. Es geht hier (im Gegensatz zu VfSlg 4470/1963) um die – eine Schutzmaßnahme (vgl. auch VwGH: 94/11/0051 vom 31.5.1994) im Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer darstellende - Entziehung der Lenkerberechtigung, die nur ausgesprochen werden darf, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung mit technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde. Damit wollte der Gesetzgeber offensichtlich gewährleisten, dass die Entziehung der Lenkerberechtigung nicht aufgrund subjektiver Einschätzung durch Straßenaufsichtsorgane, sondern nur aufgrund objektiver Kriterien, nämlich der Messung mittels geeigneter und geeichter Geräte erfolgen sollte (vgl. AB 93 Blg.NR XIX. GP). Keine Bedenken gegen § 73 Abs.3 letzter Satz KFG hinsichtlich der Entziehung der Lenkerberechtigung ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Strafverfahrens (wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung) in erster Instanz. Die Rechtfertigung des Beschuldigten kann in der Regel bereits im erstinstanzlichen Strafverfahren berücksichtigt werden. Wenn der Beschuldigte Berufung erhoben hat, muss die zur Entziehung der Lenkerberechtigung zuständige Behörde entweder selbst ein Ermittlungsverfahren durchführen oder sie kann das Verfahren aussetzen, wie dies im konkreten Fall geschehen ist. Keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Qualifikation der Entziehung der Lenkerberechtigung als administrative Sicherungsmaßnahme. Bei der Entziehung der Lenkerberechtigung handelt es sich ausschließlich um eine Schutzmaßnahme im Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer. Auch wenn für sich allein betrachtet diese Maßnahme in ihrer Wirkung für den einzelnen einer Strafe gleichkommen kann, verändert dies nichts an der Qualifikation als Maßnahme und ist die Dauer der Entziehung im Hinblick auf den Zweck dieser Maßnahme nicht unsachlich. Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Entziehung einer Lenkerberechtigung für zwei Wochen wegen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung. Die vorliegende Fallkonstellation ist auch anders gelagert als der im Erkenntnis VfSlg. 4470/1963 zugrunde liegende Sachverhalt. Hier geht es nicht um eine unterschiedliche Bestrafung infolge Feststellung der Tat durch ein bestimmtes Beweismittel. Der Gesetzgeber wollte im Sinne des Schutzes der Verkehrsteilnehmer ein wirksames Mittel gegen Raserei im Straßenverkehr schaffen, um dadurch einer der häufigsten Unfallursachen in Österreich entgegenzuwirken. Der Bestimmung des § 66 Abs.2 lit.i KFG liegt eine Wertung des Gesetzgebers zugrunde, nämlich dass exzessive Geschwindigkeitsüberschreitungen als verwerflich und gefährlich anzusehen sind. Der Gesetzgeber hat daher auch die Maßnahme der vorübergehenden Entziehung der Lenkerberechtigung an schwere - exzessive - Geschwindigkeitsüberschreitungen geknüpft, die zusätzlich - zum Schutz des Kfz-Lenkers - mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt worden sein müssen. Eine davon abweichende eigenständige Wertung durch die Kraftfahrbehörde widerspräche der Intention des Gesetzgebers, drastische Geschwindigkeitsüberschreitungen als eine der Hauptunfallursachen wirksam zu verhindern. Kein Eingriff ins Eigentumsrecht. In der Abnahme des Führerscheines ist kein Eingriff in ein privates Vermögensrecht gelegen. Kein Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit. Objekt der Entziehung der Lenkerberechtigung ist nicht die Unterbindung der Ausübung des Berufes, sondern die Unterbindung der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker schlechthin. Dass infolge der Entziehung der Lenkerberechtigung das Gewerbe nicht ausgeübt werden kann, ist eine bloße Reflexwirkung; die Unterbindung der Berufsausübung war nicht Bescheidinhalt, der Verwaltungsakt verhindert die Realisierung einer bestimmten Erwerbstätigkeit lediglich faktisch (vgl. VfSlg. 3404, 5305, 6898, 8669, 10.413 und 10.501). Der Führerschein stellt lediglich den urkundlichen Nachweis über die Erteilung der Lenkberechtigung dar und ist daher nicht als privates Vermögensrecht anzusehen (VfSlg. 7428, 8669 und 9931). Der Führerschein als Nachweis der öffentlichrechtlich erteilten Lenkberechtigung, der gegenüber dem Eigentum am Gegenstand (Papier) der Urkunde in wirtschaftlicher (geldeswerter) Hinsicht keine Bedeutung zukommt. Daher keine Verletzung im Eigentumsrecht.

 

7.      B 956/98 vom 11.3.1999*; § 7 Abs.3 Z.4 FSG; § 26 Abs.7 FSG; wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (135 statt 80 km/h am 8.1.1998 um 12.14 Uhr auf der A 12 bei km 1,4) hat die BH Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für zwei Wochen entzogen. In seiner Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten durch Anwendung von verfassungswidrigen gesetzlichen Bestimmungen verletzt, nämlich des Passus „und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde“ in § 7 Abs.3 Z.4 FSG sowie durch die Wortfolge „eine Entziehung gemäß Abs.3 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist“ bzw. des Passus „Abs.3“ in § 26 Abs.7 FSG und im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs.1 B-VG und Art. 2 StGG. Es sei nach Ansicht des Beschwerdeführers unsachlich, dass das Gesetz eine Wertung der bestimmten Tatsache nach § 7 Abs.3 Z.4 FSG durch die Behörde nicht zulässt und diese starr der Gesetzgeber für alle Fälle, welche sicher nicht gleich gelagert sind, vornimmt. VfGH: der VfGH hat das Verfahren eingeleitet und die belangte Behörde, den LH von Salzburg zur Aktenvorlage aufgefordert und eine Gegenschrift freigestellt. Im Beschluss vom 11.3.1999 lehnt der VfGH die Beschwerdebehandlung mit der Begründung ab, dass die Beschwerde vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des VfGH im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (VfSlg. 13.330, 14.709 und G 124/96 vom 4.12.1997) sowie dem Umstand, dass es sich beim Lenkberechtigungsentzug nicht um eine Strafe sondern um eine Sicherungsmaßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit handelt (VfGH vom 26.2.1999, B 544/97* zur nahezu gleich lautenden Vorgängerbestimmung des § 66 Abs.2 lit. i KFG) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen.

 

8.      G 1/98 vom 8.6.1999* (VfSlg. 15.501); § 4 Abs.3 und 6 Z. 2 FSG; die BH Braunau/Inn hat der Antragstellerin eine Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein) für die Gruppe B erteilt. Neun Monate später hat diese Behörde über sie eine Geldstrafe wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit. a StVO verhängt, weil sie am 30.4.1997 im Ortsgebiet von Mauerkirchen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten hat. (Feststellung mittels Messgerät). Zum Zeitpunkt der Antragstellung beim VfGH war die Berufung im Verwaltungsstrafverfahren noch beim UVS anhängig. Es wird mit diesem Antrag die Aufhebung der Wortfolge „mit technischen Hilfsmitteln festgestellte“ in § 4 Abs.6 Z.2 FSG begehrt. Der Antrag ist nicht zulässig: mit der mit Beschluss VfSlg. 8009 beginnenden Rechtsprechung vertritt der VfGH die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wird. Es ist auch notwendig, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen nicht nur potentiell sondern aktuell beeinträchtigen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung was ihr noch keine Nachschulung angeordnet worden. Selbst wenn dies der Fall wäre erfolgt dies mit Bescheid, welcher zur Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs zu bekämpfen und diese Bedenken die angefochtenen Bestimmungen in einer Bescheidbeschwerde an den VfGH nach Art. 144 Abs.1 B-VG vorzubringen wären oder im Verfahren anzuregen, einen Antrag auf Gesetzesprüfung nach Art. 140 Abs.1 B-VG einzubringen (VfSlg. 13.871 und 14.752). Es fehlt somit an einem „unmittelbaren Eingriff“ in die Rechtssphäre der Antragstellerin.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

9.      G 74/98 vom 8.6.1999*; Zurückweisung eines Individualantrag nach Art. 140 Abs.1 B-VG auf Aufhebung des § 4 Abs.3 und 6 FSG; Verhängung einer Geldstrafe von ATS 2.000,-- durch die BH Salzburg-Umgebung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 20 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit. a StVO (80 statt 50 km/h im Ortsgebiet von Neumarkt/Wallersee am 22.2.1998); der Beschuldigte war Probeführerscheinbesitzer. Einspruch gegen die Strafverfügung – das Verwaltungsstrafverfahren war zum Zeitpunkt der Antragstellung beim VfGH noch in erster Instanz anhängig. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Verfahren betreffend die Anordnung einer Nachschulung anhängig war, sind diese Bestimmung tatsächlich noch nicht wirksam geworden, der Antrag ist unzulässig. Läge ein solcher Bescheid vor, wäre dieser zur Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs anzufechten und dann in einer VfGH-Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Bescheid die Bedenken gegen diese Normen vorzutragen (VfSlg. 14.752). Dies ist in vorliegenden Fall auch zumutbar (auch wenn der Berufung gegen die Nachschulungsanordnung keine aufschiebende Wirkung zukommt und die Nichtbefolgung den Lenkberechtigungsentzug zur Folge hätte).

 

10.   B 1156/99 vom 14.7.1999; § 85 Abs.2 VfGG – aufschiebende Wirkung der Beschwerde; dem Beschwerdeführer wurde die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen. In der Beschwerde an den VfGH macht er als Rechtsanwalt berufliche Nachteile geltend. Verkehrsteilnehmer, die aufgrund einer verwaltungsbehördlichen Bestrafung als verkehrsunzuverlässig iSd § 7 Abs.1 FSG gelten, sind von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehrs vorübergehend auszuschließen, um zu verhindern, dass sie sich selbst oder andere Verkehrsteilnehmer weiterhin erheblich gefährden. Eine derartige Gefährdung von vornherein zu unterbinden, liegt im zwingenden öffentlichen Interesse. Abweisung des Antrages, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. auch B 1194/99 vom 21.7.1999 betreffend die behauptete Einschränkung der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit).

 

11.   G 109/99 vom 6.10.1999 (VfSlg. 15.603); Zurückweisung eines Individualantrages nach Art. 140 Abs.1 B-VG auf Aufhebung des § 4 FSG; die BPD Linz hat über den Antragsteller wegen einer Übertretung des § 7 Abs.5 StVO (Befahren einer Einbahnstraße entgegen der zulässigen Fahrtrichtung) eine Strafe verhängt und ihn als Probeführerscheinbesitzer nach § 4 FSG verpflichtet, eine Nachschulung zu absolvieren, wofür er ATS 6.000,-- bezahlt hat. Er begehrt nun beim VfGH, dieser möge die Bestimmungen des § 4 Abs.3 und Abs.8 erster Satz FSG als verfassungswidrig aufzuheben. Dieser Antrag ist unzulässig, weil die BPD Linz die Nachschulung mit Bescheid angeordnet hat, es stand somit die in zumutbarer Weise zu nutzende Möglichkeit offen, nach Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs eine VfGH-Beschwerde ein- und darin diese Bedenken vorzubringen (VfSlg. 11.481). Daran ändert der gesetzlich in § 4 Abs.3 FSG vorgesehene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ebenso wenig wie die Konsequenz des Lenkberechtigungsentzugs bei Nichtbefolgung dieser Anordnung.

 

12.   B 1903/99 vom 7.12.1999 (Beschluss)*; aufschiebende Wirkung - § 85 VfGG; die BH Braunau/Inn hat den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs.3 und Abs.6 Z.2 lit. a FSG verpflichtet, sich innerhalb von vier Monaten ab Bescheidzustellung auf eigene Kosten eine Nachschulung bei einer ermächtigten Stelle zu absolvieren. Dem lag die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 22.2.1998 um 15.27 Uhr mit dem Pkw BR 9.. ER auf der L 206 in Straßwalchen (80 statt 50 km/h im Ortsgebiet) zugrunde. Diese Verwaltungsübertretung erfolgte innerhalb der Probezeit. Rechtskräftige Bestrafung durch den UVS Salzburg. Im Bescheid findet sich der Hinweis, dass der dagegen einzubringenden Berufung nach § 4 Abs.3 FSG keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen, auch wenn zwischen Tatbegehung und Nachschulungsanordnung 19 Monate vergangen sind, ist nach § 4 Abs.3 FSG die Rechtskraft der Bestrafung abzuwarten. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung unsachlich ist. VfGH: der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Auch wenn seit der Anordnung der Nachschulung bereits 21 Monate vergangen sind, wurde im Antrag nichts Konkretes vorgebracht, weshalb mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, weshalb dem VfGH die nach § 85 VfGG gebotenen Interessensabwägung nicht möglich ist (B 887/96 vom 4.4.1996).

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

13.   B 1671/99 vom 29.2.2000*; Mindeststrafe von ATS 5.000,-- in § 37 Abs.3 Z.1 FSG; die BH Salzburg-Umgebung hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe nach § 20 VStG) von ATS 2.500,-- verhängt, weil er mit einem Pkw einen (unbeladenen) Anhänger gezogen hat, wobei das höchst zulässige Gesamtgewicht das Eigengewicht des Pkw (VW Passat) um 70 kg überschritten hat. Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 in Verbindung mit § 37 Abs.1 und 3 Z.1 FSG. Der UVS Salzburg hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Der Pkw habe als Zugfahrzeug ein Eigengewicht von 1.280 kg aufgewiesen, der Anhänger aber eine höchst zulässige Gesamtmasse von 1.350 kg, es wäre somit eine Lenkberechtigung der Klasse E notwendig gewesen. Der VfGH hat das Verfahren eingeleitet und den UVS Salzburg zur Aktenvorlage und allfälligen Gegenschrift aufgefordert. Im Beschluss vom 29.2.2000 hat der VfGH die Beschwerdebehandlung mit der Begründung abgelehnt, dass diese keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Verfassungsrechtlich seien pauschalierende Regelungen zulässig, der Gesetzgeber dürfe Härtefälle in Kauf nehmen (VfSlg. 9624, 11.615 und 13.726 sowie G 249/98 vom 6.10.1999).

 

14.   B 1614/99 vom 21.6.2000*; Art. 140 Abs. 7 B-VG - Anlassfallwirkung des Erkenntnisses G 211/98 vom 15.3.2000 (Aufhebung der Wortfolge "§ 21 und" in § 100 Abs.5 StVO); die BH Braunau/Inn hat über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von ATS 6.000,-- wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,40 mg/l AAK (Verwaltungsübertretung des § 5 Abs.1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1b StVO) verhängt, der Unabhängige Verwaltungssenat ( UVS ) des Landes Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren hat am 4.12.1999 begonnen, die Beschwerde ist am 30.9.1999 beim VfGH eingelangt, weswegen dieser Fall einen Anlassfall nach Art. 140 Abs.7 B-VG gleichzuhalten ist (Quasianlassfall). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden, der UVS-Bescheid wird aufgehoben.

 

15.   B 545/00 vom 28.6.2000*; § 37 Abs.3 FSG – Mindeststrafe von ATS 5.000,--; im Straferkenntnis vom 18.5.1999 verhängt die BH St. Johann im Pongau eine Geldstrafe von S 5.000,--, weil der Beschwerdeführer seinen Pkw mit dem Kennzeichen BR ... BPG gelenkt und dabei den (unbeladenen) Anhänger mit dem Kennzeichen ... AH gezogen hat, ohne im Besitz der Lenkberechtigung der Klasse „E“ gewesen zu sein, zumal das höchst zulässige Gesamtgewicht des Anhängers das Eigengewicht des Pkw (geringfügig) überstieg. Der UVS Salzburg hat die dagegen erhobene Berufung in der Schuldfrage abgewiesen und die Geldstrafe unter Heranziehung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) auf S 2.500,-- reduziert. Der VfGH hat die Behandlung der dagegen erhobenen Bescheidbeschwerde abgelehnt und bezieht sich in diesem Beschluss auf das Erkenntnis G 249/98 u.a. vom 6.10.1999 sowie – zur Normierung von Mindeststrafen allgemein – auf VfSlg. 9624, 11.615 und 13.726 bezogen. Härtefälle dürfen bei pauschalierenden Regelungen in Kauf genommen werden.

 

16.   V 15/00 vom 28.6.2000 (VfSlg. 15.880); Art. 139 Abs.1 B-VG – Unzulässigkeit eines Individualantrages auf Aufhebung des § 9 Abs.4 Fahrprüfungsverordnung (FSG-PV); mit Bescheid vom 24.4.1998 hat der LH von Salzburg den Antragsteller zum Fahrprüfer bestellt, dies befristet auf 5 Jahre und u.a. unter der Bedingung, dass er während des Bestellungszeitraums als Fahrprüfer von seiner Fahrschullehrerberechtigung keinen Gebrauch macht. Die Antragslegitimation setzt voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell betroffen sind und ein anderer zumutbarer Weg, Rechtsschutz gegen rechtswidrig generelle Normen zu erlangen (VfSlg. 8009, 11.684 und 13.870). Der Antragsteller wurde mit Bescheid zum Fahrprüfer bestellt, diesem stand somit die in zumutbarer Weise zu nutzende Möglichkeit offen (VfSlg. 11.481), nach Ausschöpfung des administrativen Instanzenzuges im Wege einer VfGH-Beschwerde seine Bedenken gegen diese Bestimmung vorzutragen, weswegen der vorliegende Individualantrag unzulässig ist.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

17.   G 206/98 vom 29.6.2000 (VfSlg. 15.885); §§ 14 Abs.8 und 37a FSG; Art. 10 Abs.1 Z.9 und Art. 11 Abs.1 Z.4 B-VG; Kompetenztatbestände „Kraftfahrwesen“ und „Straßenpolizei“; 0,5 %o-Regelung im FSG ist kompentenzgemäß; keine Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung im Führerscheingesetz betreffend das Verbot der Inbetriebnahme (und des Lenkens) eines Kraftfahrzeugs ab einem Alkoholgehalt von mindestens 0,5 Promille im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung; rechtmäßige Zuordnung der Festlegung einer solchen allgemeinen Grenze des zulässigen Alkoholgehaltes im Blut bzw. in der Atemluft des Lenkers zum Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" im Hinblick auf das Gefährdungspotential von Kraftfahrzeugen. Der Antrag des UVS Burgenland, § 14 Abs.8 erster Satz Führerscheingesetz - FSG , BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998 als verfassungswidrig aufzuheben, wird abgewiesen. In einer Eingabe zum zu G206/98 protokollierten Verfahren führt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aus, in einem bei ihm wegen Übertretung der §§14 Abs.8 und 37a FSG anhängigen Berufungsverfahren berufe sich der Rechtsvertreter* des Berufungswerbers ausdrücklich auf die vom UVS in den Gesetzesprüfungsanträgen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken der auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anzuwendenden Rechtsvorschriften. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertrete im Licht einer im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmenden Verpflichtung zur Antragstellung nach Art.140 i.V.m. Art.89 Abs.2 B-VG – wenngleich darauf der Partei kein subjektives Recht zukomme - die Auffassung, dass dem Rechtsmittelwerber im Fall der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der genannten Gesetzesbestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof die Anlassfallwirkung nicht vorenthalten werden solle. Eine gesonderte Antragstellung könne jedoch aus verwaltungsökonomischen Überlegungen im Fall der Erstreckung der Anlassfallwirkung auf das hier anhängige Berufungsverfahren unterbleiben. Da die Entscheidungsfrist des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich erst mit 1. Dezember 2000 ablaufe, könne vorerst mit einer im Ergebnis zum bereits anhängigen Gesetzesprüfungsverfahren inhaltsgleichen Antragstellung noch zugewartet werden. Der Verfassungsgerichtshof wolle daher gegebenenfalls die Anlassfallwirkung auch auf diesen bereits beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängigen Berufungsfall ausdehnen. Unter diesen Umständen (keine Darlegungen im Gesetzesprüfungsantrag zur gesamten Bestimmung des § 14 Abs.8 und des § 37a FSG – kein verbesserungsfähiger Mangel) erweist sich - weil insoweit auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen - lediglich der auf Aufhebung des § 14 Abs.8 erster Satz FSG gerichtete Antrag als zulässig. Der Kompetenztatbestand 'Kraftfahrwesen' umfasst alle Angelegenheiten, die das Kraftfahrzeug und seinen Lenker betreffen (VfSlg. 2977/1956). Dazu gehören die nach der Eigenart des Kraftfahrzeuges notwendigen verkehrspolizeilichen Bestimmungen (VfSlg. 2977, 3924, 4180, 4243, 4381, 8035), ferner die Bestimmungen über die Beschaffenheit der Fahrzeuge und ihren Betrieb (VfSlg. 2977, 4180, 4243). Der Kompetenztatbestand umfasst alles, was sich auf die Ausstattung und den Betrieb von (Kraft-)Fahrzeugen sowie auf den Verkehr von (Kraft-)Fahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen bezieht (VfSlg. 8035). Die Zuordnung einer Regelung zum Kompetenztatbestand 'Kraftfahrwesen' wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass durch sie unter anderem auch die Sicherheit der übrigen Straßenbenützer gewährleistet werden soll (VfSlg. 8035, S. 261 und 264). Für die Zuordnung einer Regelung zum 'Kraftfahrwesen' kommt es darauf an, dass die zu bekämpfenden Gefahren nicht von Verkehrsteilnehmern jeder Art herrühren, sondern spezifisch von (bestimmten) Kraftfahrzeugen (VfSlg. 8035, S 264). Es ist offenkundig, dass vom Betrieb eines Kraftfahrzeuges aufgrund seiner spezifischen Beschaffenheit besondere Gefahren ausgehen, die sich vom Betrieb anderer Fahrzeuge wie etwa von Fahrrädern oder Fuhrwerken unterscheiden, und es ist ebenso offenkundig, dass der Betrieb eines Kraftfahrzeuges auch Gefahren in sich birgt, die wohl als solche von der Fahrtüchtigkeit des jeweiligen Lenkers völlig unabhängig sind, zu deren Bewältigung aber - im Hinblick auf die spezifische Beschaffenheit von Kraftfahrzeugen - der Verfassung des Lenkers eine besondere Bedeutung zukommt (etwa durch ein plötzliches technisches Gebrechen auftretende Gefahren, die vom Lenker nicht beeinflusst werden können, wie beispielsweise das Platzen eines Reifens). Im Lichte dieser Ausführungen und im Hinblick auf die zitierte Vorjudikatur konnte daher die Regelung des § 14 Abs.8 FSG , die gerade in Anbetracht des jedem Kraftfahrzeug innewohnenden Gefährdungspotentials bezüglich des zulässigen Alkoholgehaltes im Blut bzw. in der Atemluft des Lenkers eines Kraftfahrzeuges eine allgemeine Grenze festlegt, zu Recht auf den Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" gemäß Art.10 Abs.1 Z.9 B-VG gestützt werden. Die vom UVS angestellten Vergleiche, insbesondere mit Bestimmungen der StVO, sind nicht geeignet, dies zu widerlegen. Die vom UVS vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs.8 erster Satz FSG treffen daher nicht zu. Der Antrag des UVS, diese Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig aufzuheben, war somit abzuweisen.

 

18.   B 1903/99 vom 4.10.2000*; Bedarfskompetenz nach Art. 11 Abs.2 B-VG; § 4 Abs.3 erster Satz bzw. die Wortfolge „innerhalb der Probezeit“ sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im zweiten Satz FSG; die BH Braunau/Inn hat den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs.3 und Abs.6 Z.2 lit. a FSG verpflichtet, sich innerhalb von vier Monaten ab Bescheidzustellung auf eigene Kosten eine Nachschulung bei einer ermächtigten Stelle zu absolvieren. Dem lag die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 22.2.1998 um 15.27 Uhr mit dem Pkw BR 9.. ER auf der L 206 in Straßwalchen (80 statt 50 km/h im Ortsgebiet) zugrunde. Diese Verwaltungsübertretung erfolgte innerhalb der Probezeit. Rechtskräftige Bestrafung durch den UVS Salzburg. Im Bescheid findet sich der Hinweis, dass der dagegen einzubringenden Berufung nach § 4 Abs.3 FSG keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen, auch wenn zwischen Tatbegehung und Nachschulungsanordnung 19 Monate vergangen sind, ist nach § 4 Abs.3 FSG die Rechtskraft der Bestrafung abzuwarten. Die im Gesetz vorgesehene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist nach Ansicht des Beschwerdeführers unsachlich und widerspricht der Regelung des § 64 Abs.1 AVG. Eine von dieser Regelung abweichende Bestimmung müsse nach der Rechtsprechung unerlässlich sein (VfSlg. 8945 und G 7/99 vom 10.6.1999), was gegenständlich nicht angenommen werden kann. VfGH: soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (G 7/99 vom 10.6.1999, B 1116/99 vom 6.10.1999 und VwGH vom 9.2.1999, 98/11/0182 und vom 11.4.2000, 99/11/0338) die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

 

19.   B 1165/00 vom 4.10.2000*; keine Verordnung zu § 4 Abs.9 Z.5 FSG; die BH Braunau/Inn hat dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für 5 Monate entzogen und eine Nachschulung angeordnet. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. In seiner Bescheidbeschwerde an den VfGH releviert der Beschwerdeführer im wesentlichen, dass eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums vorliegt, weil der Verkehrsminister seiner Verpflichtung (VfSlg. 6774), nach § 4 Abs.9 Z. 5 FSG eine Verordnung (u.a.) zu den Nachschulungskosten zu erlassen, bislang nicht nachgekommen ist. Den von den Nachschulungsstelle begehrten Kosten von derzeit ATS 5.800,-- fehle somit die Rechtsgrundlage – Verstoß gegen das Determinierungsgebot nach Art. 18 Abs.1 B-VG. Eine weitgehende inhaltliche Unbestimmtheit eines Gesetzes ist gleichheitswidrig (VfGH vom 30.6.1993, G 87 und 88/91 und VfSlg. 13.309). Entgegen ZVR 2000, 100ff. gelten die §§ 29a bis 29c KDV nicht weiter (vgl. dazu etwa VfGH vom 26.2.21991, V 166/90, B 1120/92 vom 6.10.1993, VfSlg. 12.634, VwGH vom 13.9.1982, 82/10/0030 und 98/10/0373 vom 31.5.1999). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip (G 56/99 vom 15.6.1999, VfSlg. 14.548, VfSlg. 11.196 u.a.). Im Beschluss vom 4.10.2000 lehnt der VfGH die Behandlung dieser Beschwerde ab, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

 

20.   B 734/00 vom 4.10.2000*; § 4 Abs. 3 zweiter Satz und § 4 Abs.8 FSG; wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,66 mg/l hat die BH Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für drei Monate entzogen und eine Nachschulung angeordnet, dieser Anordnung habe er binnen vier Monaten bei einer hiezu ermächtigten Stelle nachzukommen. Der Beschwerdeführer meint, der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer dagegen erhobenen Berufung nehme dieser die Effizienz und verstoße daher gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Verkehrsminister sei bisher seiner Verpflichtung nach § 4 Abs.9 FSG nicht nachgekommen, eine Verordnung zu erlassen. Ohne diese Verordnung widerspreche nach Ansicht des Beschwerdeführers die Nachschulungsanordnung dem Legalitätsprinzip. Der VfGH hat das Verfahren zwar eingeleitet und die belangte Behörde, den Landeshauptmann von Salzburg zur Gegenschrift und Aktenvorlage aufgefordert, mit Beschluss vom 4.10.2000 die Beschwerdebehandlung aber abgelehnt. Dies mit der Begründung, dass - soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt -, ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (G 7/99 vom 10.6.1999, B 1116/99 vom 6.10.1999 und VwGH vom 9.2.1999, 98/11/0182 und vom 11.4.2000, 99/11/0338) die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen lässt, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen. (Vgl. auch die Beschlüsse des VfGH desselben Tages B 735/00*, B 1270/00*, B 1271/00*, B 1272/00* und B 1094/00*).

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

21.   B 614/00 vom 4.10.2000*; § 24 Abs.3 FSG; § 5 Abs.8 StVO; wegen Alkotestverweigerung hat die BH Braunau/Inn mit Mandatsbescheid vom 23.4.1998, VerkR21-158-1998/BR, die Lenkberechtigung für neun Monate entzogen, eins Nachschulung angeordnet, sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz. Im Bescheid vom 22.1.1999, VerkR-393.184/9-2000-Si, hat der Landeshauptmann von Oberösterreich der gegen den aufgrund einer Vorstellung ergangenen Bescheid vom 7.7.1998 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Nach Vorlage des Strafurteils des BG Mattighofen und des Erkenntnisses des UVS Salzburg hat die belangte Behörde die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens aufgehoben, den übrigen Bescheidinhalt aber bestätigt. In seiner Bescheidbeschwerde an den VfGH wird die Verletzung im Eigentumsrecht, und die Verfassungswidrigkeit des § 24 Abs.3 erster Satz FSG und des § 5 Abs. 8 StVO geltend gemacht. Die Kraftfahrbehörden haben den Beschwerdeführer verpflichtet, sich auf eigene Kosten einer Nachschulung zu unterziehen (4 Abs.8 erster Satz FSG). Nach Abs.9 Z.5 hat der Bundesminister durch Verordnung die Nachschulungskosten zu bestimmen, was bislang aber nicht geschehen ist, weswegen dem Kostenbegehren der Nachschulungsstellen über derzeit ATS 5.800,-- die Rechtsgrundlage fehle. Nach § 24 Abs.3 FSG „kann“ die Behörde bei der Entziehung auch eine begleitende Maßnahme anordnen, unter welchen Voraussetzungen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, es liegt daher nach Ansicht des Beschwerdeführers eine unzulässige formalgesetzliche Delegation vor (Verstoß gegen Art. 18 Abs.1 B-VG). Die Einräumung schrankenlosen Ermessens widerspreche dem Bestimmtheitsgebot (VfSlg. 14.715, 12.399 und 5.101), weswegen diese Bestimmung verfassungswidrig sei. Gesetzliche Voraussetzung für die Verpflichtung des Arztes, auf Verlangen eine Blutabnahme durchzuführen, besteht nach § 5 Abs.8 StVO nur dann, wenn ein positives Alkomatmessergebnis vorliegt, bei einer Alkotestverweigerung aber nicht, auch dann nicht, wenn das Exekutivorgan den Test nur als verweigert gewertet hat, ohne dass dies (was sich nachträglich im Verfahren herausstellen kann) tatsächlich der Fall war, was nicht sachgerecht sein könne, weswegen diese Bestimmung gleichheitswidrig sei (VfSlg. 11.013 und VfGH vom 1.3.1991, G 274-283/90, G 322/90 und G 46-51/91). VfGH: die Beschwerdebehandlung wird abgelehnt. Die Beschwerde lässt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des VfGH die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (B 544/97* vom 26.2.1999, B 375/99 vom 8.6.1999, B 1116/99 vom 6.10.1999 und VwGH vom 9.2.1999, 98/11/0182 und vom 11.4.2000, 99/11/0338).

 

22.   B 48/00 vom 4.10.2000*; § 4 Abs. 8, § 26 Abs. 6 FSG und § 5 Abs. 8 1. Satz StVO – rechtsstaatliches Prinzip – Höhe der Nachschulungskosten; 16monatiger Lenkberechtigungsentzug sowie Nachschulungsanordnung und Verpflichtung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens durch die BH Braunau/Inn wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,76 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers verstößt der ausnahmslose Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen eine Nachschulungsanordnung gegen das rechtsstaatliche Prinzip. VfGH: soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (G 7/99 vom 10.6.1999 mwH, B 1116/99 vom 6.10.1999 und VwGH vom 9.2.1999, 98/11/0182 und vom 11.4.2000, 99/11/0338) die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
 

23.   B 22/00 vom 4.10.2000*; § 4 Abs.3 und Passus „oder 88“ in § 4 Abs. 6 Z.3 und § 4 Abs. 8 FSG; wegen rechtskräftiger Verurteilung durch das BG Wildshut, 1 U 19/99v, nach § 88 Abs.1 StGB, hat die BH Braunau/Inn eine Nachschulung angeordnet und verfügt, dass sich die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängert. Der VfGH hat mit Schreiben vom 27.1.2000 das Verfahren eingeleitet und die belangte Behörde, den Landeshauptmann von Oberösterreich zur Aktenvorlage aufgefordert und das BKA-VD (Bundeskanzleramt – Verfassungsdienst) zu einer Stellungnahme eingeladen. Mit Beschluß vom 4.10.2000 hat der VfGH die Beschwerdebehandlung abgelehnt. Begründung: soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (G 7/99 vom 10.6.1999, B 1116/99 vom 6.10.1999 und VwGH vom 9.2.1999, 98/11/0182 und vom 11.4.2000, 99/11/0338) die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

 

24.   B 2/01 vom 27.2.2001*; Lenkberechtigungsentzug und Art. 6 EMRK; sechsmonatiger Lenkberechtigungsentzug durch die BH Salzburg-Umgebung gegen Thomas R., Schalchen, mit Bescheid vom 27.7.2000, Abweisung der dagegen erhobenen Berufung durch den LH von Salzburg. In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren nach Art. & EMRK verletzt, weil im Verfahren kein „Tribunal“ entschieden hat sondern nur weisungsgebundene Behörden. Es wurde u.a. auf den Fall Malige gegen Frankreich, Urteil des EGMR vom 23.9.1998, hingewiesen. Der Lenkberechtigungsentzug stelle eine strafrechtliche Anklage iSd Art. 6 EMRK dar. VfGH: die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren. Nach den Beschwerdebehauptungen wäre diese Rechtsverletzung vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 11.500, 11.937, 12.384 und 15.431), wonach davon auszugehen ist, dass auch der Lenkberechtigungsentzug als eine administrative Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer im öffentlichen Recht wurzelt und sohin die aus der Lenkberechtigung erfliessenden Rechte nicht zum Kernbereich der „civil rights“ zu zählen sind, lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen.

 

25.   B 1/01 vom 27.2.2001*; Lenkberechtigungsentzug und „civil right“ iSd Art. 6 EMRK; Josef O., Ostermiething gegen den Berufungsbescheid des Landeshauptmann von Oberösterreich vom 15.11.200, VerkR-394.059/1-2000-Vie/Hu. VfGH: die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 11.500, 11.937, 12.384 und 15.431), wonach davon auszugehen ist, dass auch der Lenkberechtigungsentzug als eine administrative Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer im öffentlichen Recht wurzelt und sohin die aus der Lenkberechtigung erfließenden Rechte nicht zum Kernbereich der „civil rights“ zu zählen sind, aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen (vgl. auch Beschlüsse des VfGH vom 14.3.2001, B 243/01* und B 281/01* sowie B 356/01* und B 407/01*vom 20.6.2001).

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

26.   B 1421/00 vom 27.2.2001*; § 4 Abs.3 zweiter Satz (ausnahmslose Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch das Gesetz); § 4 Abs.8 FSG; wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,58 mg/l Atemluftalkoholgehalt hat die BH Braunau/Inn dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für sechs Monate entzogen und eine Nachschulung angeordnet. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat im Bescheid vom 18.8.2000, VerkR-393.951/1-2000-Kof/Eis, die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. VfGH: soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (G 7/99 vom 10.6.1999 – welche nach Auffassung des Beschwerdeführers das Gegenteil besagt) die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. auch Beschluss des VfGH vom 27.2.2001, B 1462/00*, B 1483/00*, B 1572/00*, B 1612/00* sowie 1613/00* und 1675/00*).

 

27.   B 1465/00 vom 27.2.2001*; § 4 Abs.8+9 FSG, § 64a Abs.5+6 KFG; Nachschulungskosten; Weitergeltung der §§ 29a bis c KDV – bislang keine Verordnung nach § 4 Abs.9 und § 36 Abs.3 Z.3 FSG; 12monatiger Lenkberechtigungsentzug sowie Anordnung einer Nachschulung sowie Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Untersuchung (VPU). Nach Ansicht des Beschwerdeführers widerspricht die Anordnung einer Nachschulung ohne die im Gesetz zwingend vorgesehene Verordnung dem Legalitätsprinzip nach Art. 18 B-VG und gelten die §§ 29a bis c KDV nicht weiter, § 64a Abs.6 KFG enthält überdies keine Ermächtigung zur Verordnungserlassung. Erstmalige Begehung eines Delikts nach § 26 Abs.2 FSG. VfGH: die Beschwerde rügt die Verletzung in den Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Diese Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber vor dem Hintergrund der VfGH-Rechtsprechung (vgl. B 1903/99 vom 4.10.2000) nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen, die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen.

 

28.   B 178/01 vom 14.3.2001*; Lenkberechtigungsentzug und civil right nach Art. 6 EMRK; wegen Alkotestverweigerung hat die BH Braunau/Inn dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für 16 Monate entzogen ..... . Mit Bescheid vom 16.1.2001 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Nach Ansicht des Beschwerdeführer fällt der Lenkberechtigungsentzug in den Schutzbereich des Art. 6 EMRK (ZVR 2000, 362ff.). Der Begriff des „civil right“ sei autonom auszulegen (EGMR im Fall Dr. König vom 28.6.1978, A-27). Dieser Begriff darf nicht mit dem traditionellen Zivilrechtsbegriff gleichgesetzt werden (EGMR vom 16.7.1971 im Fall Ringeisen gegen Österreich, A-13). VfGH: Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 11.500, 11.937, 12.384 und 15.431), wonach davon auszugehen ist, dass auch der Lenkberechtigungsentzug als eine administrative Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer im öffentlichen Recht wurzelt und sohin die aus der Lenkberechtigung erfließenden Rechte nicht zum Kernbereich der „civil rights“ zu zählen sind, aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen (vgl. auch Beschlüsse des VfGH vom 14.3.2001, B 243/01* und B 281/01* sowie B 356/01* und B 407/01*vom 20.6.2001).

 

29.   G 159/00 vom 12.6.2001 (VfSlg. 16.184); Art. 7 Abs.1 B-VG – Gleichheitssatz; § 37 Abs.5 FSG und § 21 VStG (Ausschluss der außerordentlichen Strafmilderung durch § 37 Abs.5 FSG). Aus Anlass der beim VfGH zu B 1385/00* anhängigen Bescheidbeschwerde hat der VfGH am 28.11.2000 beschlossen, vom Amts wegen ein Verfahren gemäß Art. 140 Abs.1 B-VG zur Prüfung der Verfassungsgemäßheit der Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG idF BGBl. I Nr. 2 /1998, einzuleiten. Aus Anlass u.a. des Berufungsverfahrens VwSen-107385 betreffend die Berufung gegen ein Straferkenntnis der BH Braunau/Inn vom 12.10.200* (Geldstrafe von ATS 5.000,-- wegen einer Übertretung des § 37 Abs.3 Z.1 FSG) hat der UVS Oö an den VfGH den Antrag gestellt, diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben. Die Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG wird als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Bestimmung schließt die Anwendung des § 21 VStG (Ermahnung und Absehen von der Bestrafung) bei gewissen Übertretungen des FSG aus. Im Erkenntnis vom 15.3.2000, G 211/98 und G 108/99 hat der VfGH die Wortfolge „§ 21 und“ in § 100 Abs.5 StVO als verfassungswidrig aufgehoben, weil dadurch eine unsachliche Verschärfung der Strafdrohung für Verwaltungsdelikte im Vergleich zu den gerichtlich zu ahndenden Delikten bewirkt wird, was im Widerspruch zum Gleichheitssatz steht. Eine solche Regelung ist mit den hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar (VfSlg. 12.151). Aus Art. 91 Abs.2+3 B-VG und aus dem Gleichheitssatz leitet der VfGH das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot ab (verfassungsrechtliche Grenzen des für die Ahndung von Übertretungen durch die Verwaltungsbehörden vom Gesetzgeber anzuordnenden Strafrahmens (VfSlg. 12.151, 12.282, 12.389, 12.471, 12.546, 12.547, 12.920 und vor allem VfSlg. 14.361). Der im Hinblick auf diese Judikatur notwendige Vergleich der Strafbemessungsvorschriften des Gerichts- und Verwaltungsstrafrecht zeigt, dass dem Kriminalstrafrecht ein Ausschluss der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB) unbekannt ist. Die genannte Wortfolge ist somit als verfassungswidrig aufzuheben, frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

 

30.   B 653/00 vom 12.6.2001* ; im wesentlichen ident mit dem vorzitierten Erkenntnis. Wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 8 in Verbindung mit § 37a FSG hat die BH Braunau/Inn über Stefan K., Kirchberg, eine Geldstrafe von ATS 2.000,-- verhängt, weil er am 30.5.1999 das Mofa mit dem Kennzeichen BR ...... X in Wagenham bei Mattighofen mit 0,32 mg/l Atemluftalkoholgehalt gelenkt hat. In der Beschwerde wurde auch die Kompetenzwidrigkeit des § 14 Abs.8 und des § 37a FSG releviert, weil die Normierung von Promille-Grenzen samt den dazugehörenden Straftatbeständen eine Materie der Straßenpolizei (Art. 11 Abs.1 Z.4) und nicht des Kraftfahrwesens (Art. 10 Abs.1 Z.9 B-VG) darstellt.

 

31.   B 1850/99 vom 12.6.2001*; Art. 140 Abs.7 B-VG - Anlassfall nach Art. 144 Abs.1 B-VG der Aufhebung der Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG; im wesentlichen ident mit dem vorzitierten Erkenntnis.

 

32.   B 1385/00 vom 12.6.2001*; im wesentlichen ident mit dem vorzitierten Erkenntnis. Wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,38 mg/l AAK am 9.7.1999 in Mattighofen hat die BH Braunau/Inn über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von ATS 5.000,-- verhängt, der Unabhängige Verwaltungssenat ( UVS ) des Landes Oberösterreich hat im Erkenntnis vom 7.8.2000 die dagegen erhobene Berufung abgewiesen.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

33.   B 746/99 vom 12.6.2001*; Art. 140 Abs.7 B-VG - Anlassfall nach Art. 144 Abs.1 B-VG der Aufhebung der Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG mit Erkenntnis des VfGH vom 12.6.2001, G 159/00 u.a.). Die BH Braunau/Inn hat über Gerhard F., den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von ATS 4.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er gegen § 14 Abs. 8 in Verbindung mit § 37a FSG (0,5%o - Bestimmung) dadurch verstoßen hat, dass er am 14.11.1998 um 1.35 Uhr sein Mofa auf der Frauscherecker Bezirksstraße mit mehr als 0,25 mg/l AAK gelenkt hat.. Der UVS hat die dagegen erhobene Berufung im Bescheid vom 13.4.1999 abgewiesen. Der Beschwerdeführer ist in seinen Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen gesetzlichen Bestimmung verletzt, weil der UVS eine verfassungswidrige Bestimmung angewendet hat und es nach der Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war (VfSlg. 10.404). Der VfGH hat dieses Erkenntnis mit Beschluss vom 19.7.2001 nach § 42 der GeO 1946 dahingehend berichtigt, dass nicht das Land Oö sondern der Bund verpflichtet ist, die Kosten des Beschwerdeführers für die Beschwerde zu tragen.

 

34.   B 173/00 vom 12.6.2001*; Art. 140 Abs.7 B-VG - Anlassfall nach Art. 144 Abs.1 B-VG der Aufhebung der Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG mit Erkenntnis des VfGH vom 12.6.2001, G 159/01 u.a.). Im wesentlichen ident mit dem vorzitierten Erkenntnis.

 

35.   B 108/01 vom 20.6.2001*; Art. 140 Abs.7 B-VG - Anlassfall nach Art. 144 Abs.1 B-VG der Aufhebung der Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs.5 FSG mit Erkenntnis des VfGH vom 12.6.2001, G 159/01 u.a.). Die BH Braunau/Inn hat über den Beschwerdeführer eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kfz gelenkt hat (§§ 37 Abs.1 und 4 in Verbindung mit § 1 Abs.3 FSG). Der UVS hat die dagegen erhobene Berufung mit Erkenntnis vom 27.12.2000 abgewiesen. In der Bescheidbeschwerde an den VfGH nach Art. 144 Abs.1 B-VG begehrt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des UVS-Erkenntnisses wegen Anwendung dieser verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung geltend. Der UVS hat in seiner Gegenschrift die Beschwerdeabweisung beantragt. Mit Erkenntnis vom 12.6.2001, G 159/00, hat der VfGH die Wortfolge „§ 21 und“ in § 37 Abs. 5 FSG, in welcher die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG für eine solche Verwaltungsübertretung ausgeschlossen wurde, als verfassungswidrig aufgehoben. Dem in Art. 140 Abs.7 B-VG genannten Anla0fall sind alle jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren bzw. bei deren Unterbleiben zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim VfGH bereits anhängig sind (VfSlg. 11.711). Dies ist hier der Fall, weswegen der Beschwerdeführer in seinen Rechten durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Bestimmung verletzt ist. Der UVS hat diese Bestimmung angewendet und ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtstellung der Beschwerdeführer nachteilig war (VfSlg. 10.404).

 

36.   B 483/01 vom 3.10.2001 (VfSlg. 16.300); § 33 VfGG und § 63 Abs.1 ZPO; Abweisung des Antrages auf Wiedererteilung (Verlängerung) der Lenkberechtigung, welchen die BH Gmunden nach § 3 Abs.1 FSG wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kfz abgewiesen hat. Der dagegen erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von Oberösterreich nicht stattgegeben. Der VwGH hat den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeerhebung gegen diesen Bescheid mit Beschluss vom 6.2.2000, 2000/11/0004, wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung gemäß § 61 VwGG in Verbindung mit § 63 Abs.1 ZPO abgewiesen. Nun wird beim VfGH ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt gegen die Versäumung der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Berufungsbescheid an den VfGH, gleichzeitig der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Der Antrag an den VwGH sei ein Irrtum aus Unkenntnis der Rechtsvorschriften gewesen. Damit sind aber die Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit oder Unabwendbarkeit der rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung nicht gegeben. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat im anzufechtenden Berufungsbescheid eine völlig zutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt „...binnen sechs Wochen eine Beschwerde an den VfGH und/oder VwGH...“. Von einem minderen Grad des Versehens iSd § 146 Abs.1 letzter Satz ZPO kann daher nicht gesprochen werden.

 

37.   B 1054/01 vom 27.11.2001 (VfSlg. 16.357); § 33 VfGG – Wiedereinsetzungsantrag; Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Vorarlberg, mit welchem die Lenkberechtigung für die Dauer von dreieinhalb Jahren entzogen worden ist. Dieser Antrag wurde in der Folge wegen eines nicht behobenen Formmangels als unzulässig zurückgewiesen. Darauf hat der Einschreiter die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der vierwöchigen Verbesserungsfrist begehrt. Dieser Wiedereinsetzungsantrag wird abgewiesen; unter einem „minderen Grad des Versehens“ isst nach der Rechtsprechung leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch dien sorgfältiger Mensch begeht. Ein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis wird vom Antragsteller aber nicht vorgebracht. Er muss das Versehen seiner Gattin beim Versenden des Schriftstücks (ohne den angefochtenen Bescheid) für sich gelten lassen. Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages.

 

38.   G 95/02 vom 19.6.2002* (VfSlg. 16.563); § 39 Abs.1 FSG – vorläufige Führerscheinabnahme – Individualantrag; aufgrund einer Anzeige des Gendarmerieposten Palting an die BH Braunau/Inn hat der Antragsteller am 1.3.2002 sein Motorrad mit dem Kennzeichen BR ...... auf der Siegertshafter Landesstraße bei km 3,23 im Gemeindegebiet von Kirchberg bei Mattighofen Richtung Pfaffstätt mit 191 statt 100 km/h (mit Lasergerät gemessener Wert: 197 km/h) gelenkt. Nicht jedem Normadressat kommt die Anfechtungsbefugnis mittel Individualantrags zu. Es ist erforderlich, dass unmittelbar durch das Gesetz selbst – und tatsächlich – in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird (VfSlg. 11.726, 13.765 und 14.339). Bei der vorläufigen Führerscheinabnahme handelt es sich um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VfSlg. 8671, 8818, 9931 und 11.923 zu § 76 Abs.1 KFG). An dieser Rechtsauffassung ändert auch die neue Bestimmung des § 39 Abs.1 FSG nichts. Daraus ergibt sich aber, dass dagegen eine Maßnahmenbeschwerde nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG an den UVS erhoben werden kann (VwGH vom 17.6.1992, 91/02/0052 und vom 18.5.1993, 93/11/0013). Es fehlt daher die Antragslegitimation, weshalb der Individualantrag zurückzuweisen ist.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

39.   B 588/02 vom 19.6.2002 (VfSlg. 16.561); §§ 86 und 88 VfGG; § 73 Abs.2 AVG – Devolutionsantrag – materielle Klaglosstellung – Verfahrenseinstellung vor dem VfGH; die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren ohne Kostenzuspruch eingestellt. Der Beschwerdeführer wurde von der BH Korneuburg die Lenkberechtigung für drei Monate entzogen und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens angeordnet. Da der LH von Nö nicht binnen drei Monaten über das Rechtsmittel entschieden hat, hat sie einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gestellt, welcher diesen abgewiesen hat. Dagegen richtet sich ihre Beschwerde an den VfGH. 5 Wochen nach Beschwerdeeinbringung hat der Landeshauptmann der Berufung Folge gegeben und den Bescheid er BH Korneuburg aufgehoben und erachtet sich die Beschwerdeführerin auf Aufforderung durch den VfGH klaglos gestellt. Hier wurde zwar nicht der vor dem VfGH angefochtene Bescheid aufgehoben, da aber der Berufung gegen den Lenkberechtigungsentzug stattgegeben worden und der Entzugsbescheid aufgehoben worden ist, kann die Beschwerdeführerin auch durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in ihren subjektiven Rechten verletzt sein. Eine solchermaßen rechtlich unwirksame und überholte Erledigung kann keine Grundlage für ein VfGH-Erkenntnis mehr darstellen, weswegen die Beschwerde wegen materieller Klaglosstellung gemäß § 86 VfGG als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen war (VfSlg. 14.662 mwH). Es liegt daher kein Fall der Klaglosstellung nach § 88 VfGG vor, weswegen ein Kostenzuspruch an die Beschwerdeführerin nicht in Betracht kommt (VfSlg. 9115, 9218, 12.254 und 14.662).

 

40.   B 1305/02 vom 10.6.2003*; Lenkberechtigungsentzug und Art. 6 EMRK – Tribunal; § 7 Abs.3 Z.1 und § 35 Abs.1 FSG; wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,50 mg/l am 14.5.2002 hat die BH Braunau/Inn der Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung für vier Wochen entzogen. Verweis auf die Rechtslage in der BRD (§§ 44 und 69 dStGB) und auf das Urteil des eidgenössischen Bundesgerichtes vom 11.1.1995, GZ 121 II 22 und auf ÖJZ 1999, 654ff. Vgl. auch Fall Malige gegen Frankreich, EGMR vom 23.9.1998 (ÖJZ 199, 654) und Escoubet gegen Belgien, Urteil des EGMR vom 28.10.1999. VfGH: das Beschwerdevorbringen lässt vor dem Hintergrund der VfGH-Rechtsprechung (G 203/02 u.a. vom 14.3.2003) die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. auch VfGH vom 10.6.2003, B 1341/02*, B 1342/02* und B 1654/02*).

 

41.   G 360/02 u.a. vom 10.6.2003*; §§ 7 und 26 FSG; § 66 Abs.2 lit. i KFG; Abweisung der Anträge des UVS des Landes Oö betreffend § 26 Abs.1+3 und die Wortgruppe „3 und“ in § 26 Abs.7 FSG (in eventu § 7 Abs.3 Z.4 – Wortfolge davon) und die Wortfolge „bis 1b“ in § 7 Abs.3 Z.1 FSG. Der VfGH hat zur Vorgängerbestimmung des § 66 Abs.2 lit. i KFG in VfSlg, 15431* ausgesprochen, dass es unbedenklich ist, wenn der Gesetzgeber eine fixe Entziehungsdauer anordnet und daher die eigenständige Wertung durch die Kraftfahrbehörde ausschließt. Diese Rechtsprechung ist sinngemäß auf den Lenkberechtigungsentzug wegen Alkoholdelikte übertragbar. Der VfGH sieht sich nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Nach § 26 Abs. 7 FSG sind die Kraftfahrbehörden verpflichtet, vor Ausspruch des Lenkberechtigungsentzuges den Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz abzuwarten, was dem UVS als unsachlich erscheint. Dazu verweist der VfGH auf sein Erkenntnis vom 14.3.2003, G 203/02, in welchem er das Bedenken des VwGH betreffend das „Auseinanderklaffen“ zwischen Tatbegehung und Entziehungszeitpunkt als mit dem Gleichheitssatz vereinbar ansah. RA Dr. Johann Postlmayr hat diesen Gesetzesprüfungsantrag beim UVS angeregt.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

42.   G 373/02 u.a., V 63/03 u.a. vom 27.6.2003*; § 24 Abs.3 und § 26 FSG; § 11 Z.1 FSG-NV; Lenkberechtigungsentzug bereits bei „Inbetriebnahme“ eines Kfz; Zurückweisung des Verordnungsprüfungsantrages des UVS des Landes Oberösterreich betreffend die Nachschulungskosten nach § 11 Z.1 FSG-NV (Nachschulungsverordnung) mangels Präjudizialität, der UVS hat diese Bestimmung nicht anzuwenden. In einem Verfahren betreffend Lenkberechtigungsentzug ist über die Nachschulungskosten nicht abzusprechen. Abweisung der Anträge auf Aufhebung der §§ 24 Abs.3 und 26 FSG (G 203/02 u.a. vom 14.3.2003 und G 360/03 u.a. vom 10.6.2003 und VfSlg. 15.431*). Keine Rechtswidrigkeit des § 24 Abs.3 5. Satz FSG betreffend die Rechtsfolgen der Nichtbefolgung der Nachschulungsanordnung. Ein Mangel an Kursplätzen allein kann nicht zur Verlängerung der Entzugsdauer führen (VwGH vom 11.4.2000, 99/11/0338). RA Dr. Johann Postlmayr hat diesen Gesetzesprüfungsantrag beim UVS angeregt.

 

43.   G 346/02 vom 27.6.2003*; § 24 Abs.3 und § 26 FSG; §§ 15 Abs.2 und 62 VfGG; der UVS oö hat an den VfGH den Antrag gestellt, folgende Bestimmungen des FSG als verfassungswidrig aufzuheben: in § 24 Abs.3 die Wortfolge „oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960“ in eventu die Wortfolge „oder 1a“ und § 26 Abs.1 Z.3 und § 24 Abs.3 5. Satz, zweiter Halbsatz die Wortfolge „so endet die Entzugsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung“. Diese Anträge werden zurückgewiesen, weil eine Subsumtion des dargestellten Sachverhalts unter die genannten Bestimmungen des FSG kein eindeutiges Ergebnis zulässt (der UVS hat „1,58%o anstatt der richtigen mg/l angeführt). Inhaltlicher Mangel des Antrags, welcher einer Verbesserung nach § 18 VfGG nicht zugänglich ist. Bei diesem Alkoholisierungsgrad ist es denkunmöglich, dass der UVS § 26 Abs.1 Z.3 FSG anzuwenden hätte. Zugleich wird vom UVS aber von „Atemluftalkohol“ gesprochen, weswegen das Antragsvorbringen diesbezüglich widersprüchlich ist (ist § 26 Abs.1 Z.3 oder Abs.2 anzuwenden?). Zurückweisung der Gesetzesprüfungsanträge. RA Dr. Johann Postlmayr hat diesen Gesetzesprüfungsantrag beim UVS angeregt.

 

44.   B 1031/02 vom 11.10.2003; §§ 7 und 24 FSG; Art. 6 Abs.1 EMRK; Art. 4 des ZP zur EMRK; Lenkberechtigungsentzug ist keine „Strafe“ iSd Art. 6 EMRK; Abweisung der Beschwerde gegen den LH von Vorarlberg, mit welchem der von der BH Bregenz ausgesprochene 30monatige Lenkberechtigungsentzug wegen Suchtmitteldelikten bestätigt worden ist. Beim Lenkberechtigungsentzug handelt es sich entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht um eine „Strafe“ im Sinne der EMRK (vgl. VfSlg. 15431*, G 203/02 u.a. vom 14.3.2003). Der Lenkberechtigungsentzug ist eine Verwaltungsmaßnahme auch wenn diese in ihrer Wirkung von den Betroffenen subjektiv als Strafe empfunden wird (VwGH vom 31.5.1994, 94/11/0051). Es kommt im Entzugsverfahren auf einen vom Strafzweck des „Tadels“ völlig unterschiedlichen Aspekt an, nämlich auf die Prognose eines zukünftigen Missbrauchs der Lenkberechtigung, dem administrativ vorgebeugt werden soll, es steht daher der Sicherungsaspekt im Mittelpunkt. Es liegt daher auch keine unzulässige Doppelbestrafung vor.

 

45.   B 1082/03 vom 3.12.2003; § 68 Abs.2 und Abs.4 Z.1 AVG; §§ 86 und 88 VfGG - Klaglosstellung; der UVS für die Steiermark hat im angefochtenen Bescheid den von der BPD Graz ausgesprochenen zweiwöchigen Lenkberechtigungsentzug nach § 26 Abs.3 FSG (wegen Geschwindigkeitsüberschreitung) bestätigt. Der Beschwerdeführer teilt in der Folge dem VfGH mit, dass der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde nach § 68 Abs.2 AVG von amtswegen behoben worden ist und wurde dieser Bescheid vorgelegt. Die Aufhebung stellt eine Klaglosstellung iSd § 88 VfGG dar, dem Beschwerdeführer waren die Verfahrenskosten zuzusprechen.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

46.   B 1174/03 vom 3.12.2003; § 68 Abs.2 und Abs.4 Z.1 AVG; §§ 86 und 88 VfGG; infolge amtswegiger Aufhebung des angefochtenen Bescheides wird die Beschwerde als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt, der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.142,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Der LH von Vorarlberg hat in teilweiser Stattgabe der Berufung des Beschwerdeführers die Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 FSG befristet entzogen. Der Beschwerdeführer teilt in der Folge dem VfGH mit, dass der angefochtene Bescheid vom Bundesminister nach § 68 Abs.4 Z.1 AVG von amtswegen behoben worden ist, weswegen er dadurch formell klaglos gestellt wurde und beantragt den Zuspruch der Verfahrenskosten. Mit der amtswegigen Aufhebung ist der Beschwerdegegenstand weggefallen und der Beschwerdeführer klaglos gestellt, das Verfahren ist unter Kostenzuspruch einzustellen.

 

47.   G 14/03 u.a., V 18/03 u.a. vom 12.12.2003; Art. 139 und 140 B-VG; § 24 Abs.3, § 24 Abs.5 Z.7 und § 26 FSG; § 11 FSG-NV (Nachschulungsverordnung); Zurückweisung der Anträge des UVS Oö auf Aufhebung des § 11 Z.1 der Nachschulungsverordnung (FSG-NV, BGBl. II Nr. 357/2002) – vgl. G 373/02 u.a. vom 27.6.2003 – sowie der dazugehörigen Verordnungsermächtigung nach § 24 Abs.5 Z. 7 FSG mangels Präjudizialität. Weder die Verordnungsbestimmung über die Höhe der Nachschulungskosten, noch die ihnen zugrunde liegende Verordnungsermächtigung sind im UVS-Verfahren anzuwenden. Zurückweisung der UVS-Anträge auf Aufhebung näher bezeichneter Teile des § 24 und § 26 FSG wegen entschiedener Sache (G 373/02 u.a. vom 27.6.2003). Res iudicata wegen Identität der angefochtenen Norm und der dagegen vorgebrachten Bedenken. Es ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Sachverhalte die zwingende Nachschulungsanordnung bzw. Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens infolge Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 99 Abs.1 oder Abs.1a StVO gegen den Gleichheitssatz verstoßen sollte.

 

48.   G 200/03*, V 93/03 u.a.* vom 10.3.2004 (VfSlg. 17.161); § 4 Abs.9 Z.5 und § 24 Abs.5 Z.7 FSG – Höhe der Nachschulungskosten nach § 11 Z.1 FSG-NV; zulässige Individualanträge nach Art. 139 Abs.1 und Art. 140 Abs.1 B-VG; § 1 JN; Zulässigkeit der Individualanträge von einer Entziehung der Lenkberechtigung betroffener Lenker auf Aufhebung des § 11 Z.1 Nachschulungsverordnung (betreffend Höhe der Nachschulungskosten), sowie von Teilen und Wortfolgen des § 4 Abs. 9 Z.5 und des § 24 Abs.5 Z.7 FSG. Die Kostenpflicht beruht auf einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zu einer privaten Nachschulungseinrichtung, über das abzusprechen gemäß § 1 JN die ordentlichen Gerichte berufen sind. Unzumutbarkeit der Beschreitung des Gerichtswegs. Da die angefochtenen Verordnungsbestimmungen die Höhe der Kosten der den Antragstellern vorgeschriebenen Nachschulungsveranstaltungen zwingend festsetzen und eine Nichtzahlung der Kosten ex lege die Verlängerung der Entziehungsdauer nach sich ziehen würde, greift die angefochtene Regelung unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller ein. Auch die Anfechtung der zugrunde liegenden gesetzlichen Verordnungsermächtigung ist zulässig, wenn diese – wie im vorliegenden Fall - gleichzeitig mit der Verordnung mit angefochten wird (vgl. VfSlg. 15316 und VfGH 27.02.03, G 37/02 u.a., V 42/02 u.a.). Den Antragstellern wäre es aber auch nicht zumutbar, nach Bezahlung und Absolvierung der Nachschulung nachträglich eine Klage auf Rückforderung der Kosten zu erheben, weil eine bereicherungsrechtliche Rückforderungsklage mit Unsicherheiten verbunden ist (vgl. VfSlg. 13880). Keine verfassungswidrige formalgesetzliche Delegation der Verordnungsermächtigungen in § 4 Abs.9 Z.5 und des § 24 Abs.5 Z.7 FSG hinsichtlich der Festsetzung der Kosten der Nachschulung. Da die Nachschulung als "begleitende Maßnahme" zur Entziehung der Lenkberechtigung vorgesehen ist, bestimmt sich die Notwendigkeit und der Umfang einer Nachschulung im Einzelfall nach dem jeweiligen Anlass der Entziehung (wobei nach § 24 Abs.5 und § 4 Abs.9 FSG insbesondere der "Stand der Wissenschaft und Technik" zugrunde zu legen ist). Die Ermächtigung des Verordnungsgebers ist sowohl bei Festsetzung des Inhalts und des zeitlichen Umfangs der Nachschulungen ( § 24 Abs.5 Z.3 und § 4 Abs.9 Z.3 FSG), als auch bei Festsetzung der Voraussetzungen räumlicher, personeller und fachlicher Art für die Durchführung der Nachschulungen (§ 24 Abs.5 Z.1 und Z.2 sowie § 4 Abs.9 Z.1 und Z.2 SG) hinreichend determiniert. Aus der Verwendung des Begriffs "Kosten der Nachschulung" durch den Gesetzgeber im hier gegebenen Kontext ergibt sich, dass die Höhe der Kosten pro Teilnehmer aus dem typischen Aufwand einer rationell wirtschaftenden Nachschulungsstelle abzuleiten sind, die die Voraussetzungen für die Durchführung der - nach "Stand der Wissenschaft und Technik" gebotenen - Nachschulungen erfüllt und daher den gesetzlichen Erfordernissen hinsichtlich von Qualität und Umfang der Nachschulungen entspricht. Es handelt sich dabei nicht um einen willkürlich festsetzbaren "Beitrag" zu den Kosten (wie bei der in VfSlg. 6218 als nicht hinreichend bestimmt erkannten Vorschrift), sondern um eine objektiv feststellbare Größe, die nach Sachlichkeitskriterien auf die einzelnen Teilnehmer umzulegen ist. Damit ist aber der Verordnungsinhalt auch bei der angemessenen Festsetzung der "Kosten der Nachschulung", gemessen am jeweils erforderlichen Umfang und Inhalt der Nachschulung, sowie am "Stand der Wissenschaft und Technik" hinreichend durch das Gesetz vorherbestimmt. Gesetzwidrigkeit des § 11 Z.1 NV, BGBl II 357/2002, hinsichtlich der Festsetzung der Kosten der Nachschulung. Die vom Bundesminister vorgelegte Kostenkalkulation des Berufsverbandes österreichischer Psychologinnen und Psychologen wurde zwar einer Äußerung im verfassungsgerichtlichen Verfahren beigelegt, sie ist aber im Verordnungsakt selbst nicht enthalten. Im Verordnungsakt finden sich auch keine Unterlagen, aus denen erkennbar wäre, dass die die Verordnung erlassende Behörde die Art und Weise der Berechnung dieses Preises durch den Berufsverband einer Würdigung unterzogen hätte. Der Umstand, dass keine weitere Überprüfung der Berechnung des Berufsverbands im Verordnungsverfahren stattgefunden hat, fällt umso mehr ins Gewicht, als der Verordnungsgeber den darin empfohlenen "Preis" erhöht hat, ohne dass für diese Erhöhung ein tatsächlicher Anhaltspunkt im Verfahren hervorgekommen wäre. Gerade in Fällen, in denen sich der Verordnungsgeber hinsichtlich der für die Verordnungserlassung maßgeblichen Umstände - wie hier - ausschließlich auf die Mitteilung einer Interessenvertretung verlässt, "ohne diese auch nur annäherungsweise zu überprüfen", hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung betont, dass dem Verordnungsgeber eine Pflicht zur detaillierten - und aktenkundigen - Ermittlung der Grundlagen für die Verordnungserlassung zukommt (VfSlg. 11756, 11757, 11918 und 11972). Diesem Erfordernis wurde hier nicht entsprochen.

 

49.   B 369/04 vom 23.4.2004; § 85 Abs.2 VfGGaufschiebende Wirkung der Beschwerde; dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde an den VfGH gegen den Bescheid des LH von Wien vom 6.2.2004 wird keine Folge gegeben (Verpflichtung nach § 24 Abs.4 FSG, sich binnen zwei Wochen ab Bescheidzustellung im Verkehrsamt der BPD Wien einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen). Der Bewilligung dieses Antrag stehen zwingende öffentliche Interessen entgegen, da im Hinblick auf die Herzerkrankung des Beschwerdeführers nur im Wege einer neuerlichen (amts)ärztlichen Untersuchung ausgeschlossen werden kann, dass er derzeit nicht mehr bzw. nur mehr bedingt die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz aufweist. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides dient daher dem im besonderen öffentlichen Interesse gelegenen Ziel der Verkehrssicherheit.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

50.   B 1241/03 vom 9.6.2004; Art. 83 Abs.2 B-VGVerfahren vor dem gesetzlichen Richter; §§ 35 Abs.1 und 41 Abs.1 und 1a FSG; Zuständigkeit des LH von Wien und nicht des UVS zur Entscheidung über die Berufung gegen einen Entziehungsbescheid der BPD Wien; „anhängiges Verfahren“ iSd § 41 Abs.1 FSG; Verletzung in diesem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht durch Entscheidung des UVS über die Berufung gegen einen Bescheid der BPD Wien – der Bescheid wird aufgehoben, der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.142,-- bestimmten Verfahrenskosten zu Handen seines Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Das Lenkberechtigungsentzugsverfahren war bereits vor dem 1.8.2002 anhängig iSd § 41 Abs.1a FSG, weswegen zur Entscheidung in zweiter Instanz der LH von Wien und nicht der UVS zuständig war.

 

51.   G 210/03 und V 108/03 vom 18.6.2004; Art. 18 Abs.2 und 139 B-VG – Präjudizialität; § 11 Abs.1 FSG-GV – Führerschein-Richtlinie 2000/56/EG; §§ 57 Abs.1 und 62 Abs.1 VfGG; Abweisung des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Aufhebung von Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung betreffend die Verpflichtung des Führerscheinwerbers zur Bekanntgabe des Vorliegens einer Zuckerkrankheit; Bekanntgabe von Gesundheitsdaten vom gesetzlichen Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung gedeckt; Zurückweisung des Gesetzesprüfungsantrags hinsichtlich der Verordnungsermächtigung mangels konkreter Darlegung der Bedenken. Den Bedenken des UVS ist entgegenzuhalten: dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen insofern "keine rechtliche Grundlage" haben, als sie im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Lenkberechtigung die Bekanntgabe von Gesundheitsdaten anordnen, ist schon deswegen unzutreffend, weil das Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung im Führerscheingesetz, sohin in der "rechtlichen Grundlage" der Verordnung, vorgesehen ist (vgl. § 8 FSG ). Die Bekanntgabe von Angaben zur Gesundheit dem Arzt gegenüber ist vom Gesetzesbegriff einer "ärztlichen Untersuchung" gedeckt (vgl. § 8 Abs.6 Z.1 FSG ). Die im Formblatt gemäß dem Anhang zur FSG - GV enthaltene Frage nach einer Diabeteserkrankung ist Teil eines 9 Punkte umfassenden Katalogs gesundheitsbezogener Fragen. Diese Fragen wenden sich – ohne Unterschied - an alle Führerscheinwerber, sodass allein in der Fragestellung keine "Diskriminierung" liegt. Dass Diabetes für die Sicherheit des Lenkens von Kraftfahrzeugen von Bedeutung ist, bestreitet auch der UVS nicht. Der Fragebogen ersetzt das ärztliche Gutachten nicht, sondern dient lediglich seiner Vorbereitung. Ob und in welchem Ausmaß die Erkrankung an Diabetes im Einzelfall für die Erteilung einer Lenkberechtigung relevant ist, ist eine medizinische Fachfrage. Daher ist weder die vorgeschriebene Fragestellung noch die ärztliche Untersuchung zu beanstanden. Eine "Einschränkung der Lenkberechtigung von Diabetikern" ist nicht Inhalt der vom UVS angefochtenen Normen. Die Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Verordnungsstellen waren daher abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs.4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

52.   B 737/04 vom 28.6.2004; Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG; § 63 Abs.1 VfGG – Verfahrenshilfeantrag; Zurückweisung der Beschwerde gegen einen der Berufung des Beschwerdeführers stattgebenden Bescheid mangels Legitimation; keine Verletzung subjektiver Rechte und somit keine Beschwer; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 31. März 2004, FE-184/2004, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, innerhalb von 2 Monaten Stellungnahmen von Fachärzten für Innere Medizin und für Neurologie/Psychiatrie beizubringen. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Mai 2004, VwSen-520589/2/Kof/Sta, stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, dass die Beschwerdelegitimation nach Art. 144 Abs.1 B-VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (VfSlg. 9423, 9771, 10.576, 11.764, 13.289, 13.433 und 14.413). Der UVS hat diesen Bescheid ersatzlos behoben, somit dem Berufungsantrag des Beschwerdeführers Rechnung getragen und einen ihn belastenden Bescheid beseitigt. Der Beschwerdeführer ist somit nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 12.044, 12.088, 13.435) durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weshalb die Beschwerde mangels Legitimation zurückgewiesen wird. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, musste der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§ 63 Abs.1 ZPO i.V.m. § 35 VfGG).

 

53.   B 960/04 vom 29.7.2004 ; § 85 Abs.2 VfGG aufschiebende Wirkung der Bescheidbeschwerde an den VfGH; der Unabhängige Verwaltungssenat ( UVS ) des Landes Oberösterreich hat im Instanzenzug über den Beschwerdeführer eine Bestrafung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (120 statt 60 km/h) verhängt. In der Bescheidbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde mit der Begründung, nach Rechtskraft der Bestrafung würde gegen ihn ein Lenkberechtigungsentzugsverfahren eingeleitet (§ 26 Abs.3 und § 7 Abs.3 Z.4 FSG), was für ihn als Geschäftsführer der ...GmbH einen unwiderbringlichen Nachteil bedeute. Der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, mit konkreten Ausführungen zu seiner Lage darzulegen, inwiefern die Lenkberechtigung für ihn derart unverzichtbar ist, dass ein Lenkberechtigungsentzug seine Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Mangels konkreten Vorbringens dazu ist es dem VfGH nicht möglich, alle berührten Interessen abzuwägen. Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

 

54.   B 510/04 vom 4.8.2004 ; § 85 Abs.2 VfGG aufschiebende Wirkung der Bescheidbeschwerde an den VfGH; mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. November 2003 wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, binnen einer näher bestimmten Frist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Anlass dieses Auftrags war eine Amtshandlung, bei der der Beschwerdeführer von einem Organ der Straßenaufsicht beanstandet wurde, weil er sein Fahrzeug ohne Verwendung des Sicherheitsgurtes lenkte. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß §64 Abs2 AVG aberkannt. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat Vorarlberg mit dem angefochtenen Bescheid nur insoweit Folge gegeben, als der Ausspruch gemäß § 64 Abs.2 AVG behoben wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nicht die Lenkberechtigung entzogen, sondern der Auftrag erteilt, ein ärztliches Gutachten vorzulegen. Die von ihm behaupteten Nachteile sind nicht Folge des Vollzugs des angefochtenen Bescheides, sondern allenfalls Folge eines Bescheides über die Entziehung der Lenkberechtigung. Inwiefern dem Beschwerdeführer durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ein unverhältnismäßiger Nachteil droht, hat er nicht konkret dargetan. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist daher abzuweisen.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

55.   B 819/04* vom 4.10.2004; § 7 Abs.3 Z.10 FSG - § 84 StGB; Wirtshausrauferei und Führerscheinentzug; rechtskräftige Bestrafung wegen schwerer Körperverletzung nach § 84 Abs.1 StGB durch das LG Ried i.I. Der Beschwerdeführer hat am10.1.2003 in einem Gasthaus in Jeging einem Kontrahenten nach einem Streit einen Faustschlag versetzt, durch welchen dieser einen Augenbodenbruch (und durch den Sturz Prellungen) erlitt. Urteil vom 7.10.2003. Mit Mandatsbescheid vom 2.2.2004, also 13,5 Monate nach der Tat hat die BH Innsbruck dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit wegen dieser Tat für drei Monate entzogen. Abweisung der Vorstellung durch die BH, Abweisung der Berufung durch den UVS in Tirol. Der VfGH hat die Beschwerdebehandlung mit der Begründung abgelehnt, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt und die Grenzen der Sachlichkeit nicht überschreitet, wenn bei Delikten nach § 84 StGB dem Täter wegen seiner Sinnesart die Verkehrszuverlässigkeit abgesprochen wird, wenn aufgrund einer Wertung nach § 7 Abs.4 FSG anzunehmen ist, dass er die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten gefährden wird). Der VwGH hat mittlerweile der Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des UVS in Tirol im Erkenntnis vom 14.9.2004, 2004/11/0119, stattgegeben und diesen u.a. mit der Begründung aufgehoben, dass „unerfindlich“ ist, wie der UVS den Entzugsbescheid der BH Innsbruck bestätigen kann, obwohl der Rechtsmittelwerber die diesbezügliche Judikatur des VwGH bereits genau darstellt hat. (Anm.: das Amtshaftungsverfahren aufgrund dieser eklatanten Fehlentscheidungen der Führerscheinbehörden ist positiv abgeschlossen).

 

56.   G 66/04 vom 16.12.2004; § 109 Abs.1 lit.e und Abs.5 KFG; Art. 7 B-VG und Art. 6 StGG; Fahrschule - „österreichischer Diplomzwang“; Gleichheitssatz und Erwerbsausübungsfreiheit; beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist eine Berufung gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels anhängig, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Bewilligung der Errichtung einer Fahrschule gemäß § 109 Abs.1 KFG abgewiesen wurde. Aus Anlass dieses Berufungsverfahrens stellt der UVS unter Bezugnahme auf Art.129a Abs.3, Art.89 Abs.3 und Art.140 Abs.1 B-VG den beim Verfassungsgerichtshof zu G 66/04 protokollierten Antrag, die "lit. e des § 109 Abs.1 KFG idF. BGBl. I Nr. 80/2002 (21. Novelle)", als verfassungswidrig aufzuheben. Der UVS bringt größtenteils dieselben Bedenken vor wie im dem Erkenntnis VfSlg. 14.165 zugrunde liegenden Antrag. Soweit der UVS den in § 109 Abs.1 lit.e KFG normierten Grundsatz eines bestimmten Ausbildungsniveaus als Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung zur Leitung einer Fahrschule für sachlich nicht gerechtfertigt hält, ist er auf das zitierte Erkenntnis zu verweisen, an dem der Verfassungsgerichtshof festhält. Weder die Behauptung, dass die Vorschrift in der Praxis häufig umgangen werde, noch der vom UVS angestellte Vergleich zur deutschen Rechtslage vermögen die Verfassungswidrigkeit der Regelung darzutun. Die vom UVS offenbar angenommene Prämisse, wonach jenen Bewerbern, die bereits in einem anderen EU-Staat als Fahrschulbetreiber etabliert waren, die Bewilligung jedenfalls und ohne weitere Überprüfung ihrer Qualifikation zu erteilen ist, ist unzutreffend: Die inländischen Qualifikationserfordernisse des § 109 Abs.1 lit.e KFG sind auch für solche Bewerber zu beachten, zumal die Erteilung der Bewilligung eine Gleichwertigkeitsprüfung ihrer bisherigen Qualifikation gemäß § 109 Abs.5 KFG anhand der nationalen Ausbildungserfordernisse voraussetzt. Ob und gegebenenfalls inwiefern ausländische Bewerber bei dieser Gleichwertigkeitsprüfung bevorzugt sind, hat der UVS ausgehend von seiner unzutreffenden Prämisse nicht konkret und substantiiert behauptet. Auf das weitere Vorbringen des UVS, wonach eine unsachliche Benachteiligung von Inländern gegenüber EWR-Bürgern, die ihr Ausbildung in einem anderen EWR-Staat absolviert haben, vorliege, ist schon aus folgendem Grund nicht weiter einzugehen: Sollte der UVS - ähnlich wie im Erkenntnis VfSlg. 15683 (EWR-Nachsichtsverordnung) - die Inländerdiskriminierung rügen und die Annahme zutreffen, dass § 109 Abs.5 KFG tatsächlich einen erleichterten Zugang ermögliche, so läge diese Verfassungswidrigkeit nicht in der bekämpften Bestimmung. Abweisung des Antrages des UVS Oberösterreich.

 

57.   V 82/04 Beschluss vom 16.3.2005 (VfSlg. 17.513); § 34 FSG - § 9 Abs.3 FSG-PV; Individualantrag nach Art. 139 Abs.1 B-VG; mit seinem auf Art. 139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "§ 9 Abs.3 Satz 1 der FSG-PV als gesetz- und verfassungswidrig aufheben". Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4.3.2003 wurde der Antrag, den Antragsteller zum sachverständigen Fahrprüfer gemäß § 34 Abs.1 Führerscheingesetz iVm § 9 Abs.3 Fahrprüfungsverordnung zu bestellen, abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 19.11.2003 ab. In der Begründung führte er aus, eines der Erfordernisse zur Bestellung gemäß § 9 Abs.3 FSG-PV bei Bediensteten aus dem Personalstand einer Gebietskörperschaft sei nicht gegeben, weil die Zustimmung der Dienstbehörde zur Heranziehung als Sachverständiger nicht erteilt worden sei. Gegen diesen Bescheid brachte der Antragsteller eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Diese wurde mit Erkenntnis vom 14.9.2004, 2004/11/0003, als unbegründet abgewiesen, weil weder ein Rechtsanspruch auf die Bestellung zum sachverständigen Fahrprüfer bestehe, noch ein rechtliches Interesse daran. Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die bekämpfte Verordnung für den Antragsteller nicht bloß behaupteter Weise, sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (VfSlg. 8009). Zu untersuchen ist vom VfGH hiebei lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060, 8587 und 10.593). Die Verordnung wurde für den Antragsteller mit Erlassung eines Bescheides wirksam, und nicht - wie von Art.139 B-VG gefordert - ohne Fällung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Der Antrag war daher schon mangels Legitimation des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen.
 

58.   V 49/04 u.a. vom 16.3.2005* (VfSlg. 17.512); § 11 Z.2 FSG-NV; Zurückweisung des Individualantrags nach Art. 140 Abs. 1 B-VG betreffend Nachschulungskosten wegen zu eng gefasstem Aufhebungsbegehrens. Der laut Auffassung der Antrag stellenden Partei nach der angestrebten Aufhebung verbleibende Rest der Verordnungsstelle wäre als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar, er ist mit den aufzuhebenden Normteilen untrennbar verbunden. Die zur Aufhebung beantrage Wortfolge wurde daher unzulässig abgegrenzt (Anmerkung des Homepagebetreibers: siehe aber VfSlg. 17.161 zu § 11 Z.1 FSG-NV).

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

59.   B 1282/05 Beschluss vom 21.10.2005; § 85 Abs.2 VfGG; Lenkberechtigungsentzug und aufschiebende Wirkung einer Bescheidbeschwerde an den VfGH; die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 85 Abs.2 VfGG liegen nicht vor: Zunächst führt der Beschwerdeführer aus, dass keine zwingenden öffentlichen Interessen für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorlägen. Des Weiteren stehe die von der Erstbehörde aufgestellte Prämisse - die auch vom Unanhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich übernommen wurde -, wonach er "bis zum Ablauf von knapp 27 Monaten nach seiner letzten einschlägigen Tatbegehung als verkehrsunzuverlässig anzusehen wäre, weder im Einklang mit der Sachlage noch im besonderen mit der für vergleichbare Anlassfälle längst höchstgerichtlich ausjudizierten Rechtslage". Die mit dem bekämpften Bescheid ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung bis zu einem Zeitpunkt, der nach dem 25. Oktober 2005 liege, verstoße gegen das Gesetz. Mit diesem Vorbringen spricht der Beschwerdeführer ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides an. Er unterlässt es aber darzutun, inwiefern die Ablieferung seines Führerscheins in seinem konkreten Fall einen tatsächlichen Nachteil darstellt. Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist jedoch ein substanziiertes Vorbringen entscheidend, in dem dargelegt wird, weshalb mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinn des § 85 Abs.2 VfGG für den Beschwerdeführer entstehen würde. Da der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Konkretisierung seiner Interessenlage nicht nachgekommen ist, ist dem Verfassungsgerichtshof die notwendige Abwägung aller berührten Interessen nicht möglich. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß § 85 Abs.2 und 4 VfGG keine Folge zu geben.
 

60.   V 40/05 Beschluss vom 14.12.2005; Art. 139 Abs.1 B-VG – Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung des § 23 Abs.2 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) über die Gebühren für ärztliche Gutachten als unzulässig mangels Darlegung des unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des den Individualantrag stellenden technischen Sachverständigen. Eine grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtsposition des Antragstellers unmittelbar eingreift und diese im Fall sie im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit auch verletzt (VfSlg. 8058, 8594, 15.527, 16.425 und 16.426). Eben so wenig wird im Antrag dargelegt, inwiefern die Beseitigung dieser Bestimmung seine Rechtsstellung verbessern könnte.
 

61.   B 919/06 Beschluss vom 23.5.2006*; § 82 Abs.2+4 VfGG – keine aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Lenkberechtigungsentzugsbescheid, weil öffentliche Interessen entgegenstehen. Sachverhalt: Thomas W. wurde nach einem Verkehrsunfall in bewusstlosem Zustand Blut abgenommen und dieses vom gerichtsmedizinischen Institut Salzburg analysiert. Ergebnis: Alkoholbeeinträchtigung. Die BH Braunau/Inn hat dem Beschwerdeführer hierauf die Lenkberechtigung entzogen, der UVS Oö. hat diese Entscheidung bestätigt. Gleichzeitig mit diesem Beschluss hat der VfGH die belangte Behörde aufgefordert, die Akten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten. Vom Erkenntnis des VfGH wird auf dieser Seite berichtet werden.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

62.   B 735/05 vom 9.6.2006 (VfSlg. 17.853); § 24 FSG - § 81 Abs.1 Z.2 StGB - §§ 5 Abs.1 und 5a Abs.1 StVO – Art. 4 des 7. ZP zur EMRK – Doppelbestrafung; 5monatiger Lenkberechtigungsentzug durch die BH Schwaz wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 1,45 %o Blutalkoholkonzentration. Verhängung einer Geldstrafe durch diese Behörde nach § 99 Abs. 1a StVO von € 1.150,--. Die dagegen erhobene Berufung hat der UVS in Tirol abgewiesen. Der VwGH hat der dagegen erhobenen Beschwerde statt gegeben und das UVS-Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Im Ersatzerkenntnis vom 12.5.2005 hat dieser UVS die Berufung abermals abgewiesen; dagegen richtet sich die nunmehrige Beschwerde an den VfGH. Freispruch mit Urteil des BG Zell/Ziller vom 10.3.2005 nach § 259 Z.3 StPO, weil unter Berücksichtigung des Nachtrunks aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens eine Alkoholisierung von 0,8 %o oder mehr nicht vorlag, sondern eine solche von 0,59 %o zum Unfallszeitpunkt. VfGH: der VfGH hat sich in mehreren Gesetzesprüfungsverfahren mit dem Doppelbestrafungsverbot befasst und ausgesprochen, dass eine Regelung, wonach eine Tat, durch die mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), dem Art. 4 des 7.ZP zur EMRK (Doppelbestrafungsverbot) nicht widersprechen (VfSlg. 14.696, 15.128, 15.199 und 15.293). Eine weitere Bestrafung ist nur dann unzulässig, wenn die strafbare Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war, welches den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt. Subsidiarität, Spezialität und Konsumtion von Straftatbeständen führen zu einer verfassungswidrigen Doppelbestrafung. Ob die vom UVS angenommene Alkoholisierung von 1.69 %o zum Unfallzeitpunkt unter Verneinung des Nachtrunks richtig ist, stellt eine Beweisfrage dar. Diesbezüglich bestand keine Bindung an den Freispruch des BG (VfSlg. 12.915). Während das Gericht davon ausging, dass die 0,8 %o-Grenze nicht überschritten wurde, hatte der UVS zu beurteilen, ob die 0,5 %o-Grenze überschritten worden ist und damit eine Verwaltungsübertretung vorliegt. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung war daher durch das gerichtliche Strafverfahren nicht vollständig erschöpft, weswegen ein weitergehendes Strafbedürfnis bestand (VfSlg. 15.821). Abweisung der Beschwerde als unbegründet und antragsgemäße Abtretung an den VwGH.

 

63.   B 2157/06 Beschluss vom 21.1.2007*; § 85 Abs.2 VfGG - aufschiebende Wirkung; dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird nicht Folge gegeben. Der Antrag bezieht sich im Wesentlichen auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen UVS-Bescheides, mit welchem der Lenkberechtigungsentzugsbescheid der BH Kirchdorf/Krems bestätigt wurde, weil der Beschwerdeführer in der BRD eine Alkotestverweigerung begangen habe. Einen solchen Tatbestand gibt es nach Ansicht des Beschwerdeführers gar nicht (es erfolgte eine zwangsweise Blutabnahme unter Anwendung von Körperkraft von vier Polizisten). Ein unverhältnismäßiger Nachteil, welcher mit dem Vollzug des Bescheides verbunden wäre, wird darin aber nicht nachgewiesen.

 

64.   B 610/08 Beschluss vom 18.6.2008; § 5 FSG - Art. 144 Abs.1 B-VG; Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig (keine Beschwer); die BH Linz-Land hatte die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers der Klassen A und B dahin eingeschränkt, dass ihm aufgetragen wurde, der Behörde alle fünf Jahren einen internistischen und einen augenfachärztlichen Befund vorzulegen. Der UVS Oö. hat der dagegen erhobenen Berufung stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben. Ein Interesse an der Beseitigung des angefochtenen UVS-Bescheides liegt nicht vor, weil es dabei nicht auf die subjektive Beurteilung sondern auf den objektiven Maßstab ankommt, also auf die Frage, ob die Rechtsposition zum Nachteil verändert wurde (Vorjudikatur), was hier nicht der Fall ist Mangels Legitimation zu deren Erhebung ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

 

65.   B 1744/06 Beschluss vom 25.9.2008; § 21 VStG - § 30a FSG; mangelnde Beschwer nach Art. 144 Abs.1 B-VG; ein Absehen von der Bestrafung nach § 21 VStG (wegen mangelnder Kindersicherung im Pkw - § 106 Abs.1b KFG) ist ein formloser Akt ohne Schuldspruch und im Ergebnis als Verfahrenseinstellung (Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses – hier: € 60,-- Geldstrafe) anzusehen. In diesem Fall ist eine Vormerkung nach § 30a Abs.1 FSG im Führerscheinregister nicht zulässig und eine bereits erfolgte nach Abs.5 zu löschen. Damit wird kein subjektives Recht verletzt, begründet oder verändert (VfSlg. 17.840). Zurückweisung der Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des UVS in Tirol.

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

66.   G 4/08 vom 25.9.2008; § 30a FSG - § 106 KFG; Art. 7 Abs.1 B-VG; Nachschulungsanordnung und Entzug der Lenkberechtigung durch die BH LL. Bereits zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen mangelnder Kindersicherung. Gesetzesprüfungsantrag des UVS Oö an den VfGH nach Art. 129a Abs.3 iVm Art. 89 Abs.2 B-VG betreffend § 30a Abs.2 Z. 13 FSG wegen Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot. VfGH: keine Verfassungswidrigkeit des § 30a Abs.2 Z.13 FSG betreffend die Vormerkung von Delikten nach § 106 KFG (mangelnde Kindersicherung im Auto). Dies liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Risikoverhalten iSd § 30a FSG – Spezial- und Generalprävention). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (VfSlg. 14.301, 15.980 und 16.814). Abweisung des Gesetzesprüfungsantrags des UVS Oö.

67.   G 274/07 Beschluss vom 30.9.2008; Individualantrag nach Art. 140 Abs.1 B-VG zur Anfechtung von Wortfolgen in § 10 FSG unzulässig, weil der Verwaltungsrechtsweg durch Berufung gegen die Nichtzulassung zur Führerscheinprüfung bereits beschritten wurde (Erfordernis der Absolvierung von Ausbildungseinheiten in einer Fahrschule für die Zulassung zur Führerscheinprüfung). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Individualantrags ist die nicht bloß potentielle sondern aktuelle Beeinträchtigung der Rechtsposition und dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Umweg zur Abwehr des behaupteten rechtswidrigen Eingriffs in die Rechtsposition zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868, 15.632, 16.616, 16.891). Ein zumutbarer Umweg besteht, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, das dem Betroffenen Gelegenheit gibt, die Antragstellung des Gerichts/des UVS beim VfGH anzuregen; nach Art. 89 Abs.2 2. Satz B-VG sind die Gerichte und die UVS verpflichtet, einen solchen Antrag beim VfGH zu stellen, wenn sie die Normbedenken teilen (VfSlg. 11.480 und 14.752). Dies gilt, auch, wenn ein solches Verfahren anhängig war (VfSlg. 14.752, 12.810 und 8890). Dem Beschwerdeführer stand die Möglichkeit offen, gegen die Abweisung seiner Berufung gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Zulassung zur Führerscheinprüfung, ohne eine Fahrschule besucht zu haben, durch die BPD Wien eine Beschwerde an den VfGH zu erheben und darin seine Normbedenken vorzutragen (VfSlg. 15.333). Zurückweisung des Individualantrags als unzulässig.

 

68.   B 1982/08 Beschluss vom 18.12.2008; § 85 Abs.2+4 VfGG – Abweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. (Vorgeschichte:  Verwaltungsstrafverfahren: B 1608 und 1609/08 Beschluss vom 23.9.2008; Ablehnung der Beschwerdebehandlung; die BH Weiz hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von € 960,-- wegen Lenkens eines Kfz in durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 1,55%o verhängt. Der UVS für die Steiermark hat die dagegen erhobene Berufung nach einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens abgewiesen. Ablehnung der Beschwerde und Abtretung an den VwGH). Lenkberechtigungsentzugsverfahren: vier Monate LBE samt Lenkverbot und Nachschulung durch die BH Weiz; der UVS hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Der Vollzug des angefochtenen Bescheides dient dem öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit. Verkehrsunzuverlässige Personen sind von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr vorübergehend auszuschließen, um weitere Gefährdungen zu verhindern. Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

69.  B 180/09 Beschluss vom 12.2.2009; § 85 Abs.2 VfGG - aufschiebende Wirkung - keine Folge. Der UVS Salzburg hat über die Antragstellerin im Instanzenzug eine Geldstrafe von € 180,-- wegen einer Übertretung des § 18 Abs.1 StVO verhängt. Möglichkeit der Teilzahlung iSd § 54b Abs.3 VStG bzw. Zahlungsaufschub. Kein unverhältnismäßiger nachteil für die Beschwerdeführerin. Betreffend das Vorbringen, es drohe ein Lenkberechtigungsentzug nach § 7 Abs.3 Z.3 FSG, ist auszuführen, dass sie in diesem Verfahren Berufung und schließlich Bescheidbeschwerde an den VfGH/VwGH einbringen und darin die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragen kann.

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

70.  B 1128/08* Beschluss vom 24.2.2009; §§ 86+88 VfGG - materielle Klaglosstellung - Einstellung des Verfahrens; kein Kostenzuspruch

      Zurückweisung eines Devolutionsantrages durch den UVS des Landes Oberösterreich in einem Verwaltungsstrafverfahren. Dagegen Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG. In der Folge hat die BH Ried/Innkreis das Verfahren nach § 1 Abs.3 FSG rechtskräftig eingestellt und jenes nach § 5 Abs.1 StVO rechtskräftig durch Straferkenntnis abgeschlossen. Hier wurde zwar nicht der mit Beschwerde bekämpfte Bescheid aufgehoben, die Beschwer ist dennoch durch den Abschluss dieser Verfahren weggefallen - materielle Klaglosstellung. Die Beschwerde wird daher für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. Da kein Fall der Klaglosstellung iSd § 88 VfGG vorliegt erfolgt kein Kostenzuspruch (Anmerkung des Beschwerdevertreters: keine Klaglosstellung, weil die Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs.2 B-VG aufrecht ist, weil der UVS als Einzelmitglied anstatt als Kammer über den Devolutionsantrag entschieden hat - vgl. VfGH vom 9.12.2008, B 1110/08*).

 

71.  B 816/09 Beschluss vom 30.7.2009; § 85 Abs.2 VfGG - aufschiebende Wirkung der Beschwerde zuerkannt.

      Die BH Innsbruck hat dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung wegen qualifizierter Geschwindigkeitsüberschreitung für sechs Wochen entzogen und eine Nachschulung angeordnet. Der UVS in Tirol hat die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer argumentiert damit, dass er als Berufskraftfahrer ohne Lenkberechtigung seinen Beruf nicht ausüben könnte und ihm Verdienstentgang entstünde. Der UVS teilt im Schreiben mit, dass keine Bedenken gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bestehen. Ein zwingendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides besteht nicht und entstünden dem Beschwerdeführer mit dem Vollzug unverhältnismäßige Nachteile. Stattgabe des Antrages.

 

72.  B 436/10; Beschluss vom 20.4.2010; § 85 Abs. 2 VfGG – aufschiebende Wirkung einer Beschwerde; dem Antrag wird keine Folge gegeben.

       Der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung stehen im vorliegenden Fall jedoch zwingende öffentliche Interessen entgegen.

       Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides dient dem im besonderen

       öffentlichen  Interesse gelegenen Ziel der Verkehrssicherheit:

       Verkehrsteilnehmer, die auf Grund einer verwaltungsbehördlichen Bestrafung als verkehrsunzuverlässig im Sinne des § 7 Abs.1 FSG gelten,

       sind von der aktiven Teilnahme am Verkehr vorübergehend auszuschließen, um zu verhindern, dass sie sich selbst oder andere Verkehrsteilnehmer

       weiterhin erheblich gefährden. Eine derartige Gefährdung von vornherein zu unterbinden, liegt im zwingenden öffentlichen Interesse.

 

73.  G 281/09; Beschluss vom 14.6.2010 (VfSlg. 19.098); Individualantrag nach Art. 140 Abs.1 B-VG;

       § 14 TP 6 Abs.1 Z.4 Gebührengesetz (GebG); Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Regelung betreffend Gebühr für die Verlängerung

       der befristeten Lenkberechtigung infolge Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtswegs. Nach § 241 Abs.2 BAO ist, wenn eine Abgabenschuld nicht besteht,

       der Betrag auf Antrag von der zuständigen  Abgabenbehörde zurückzuzahlen.

       Eine solche Antragstellung ist zumutbar; im Instanzenzug können die Bedenken gegen diese Norm vorgetragen werden und schließlich

       in der Bescheidbeschwerde gegen den letztinstanzlichen Bescheid nach Art. 144 Abs.1 B-VG.

 

74.  V 120/09; Beschluss vom 6.10.2010 (VfSlg. 19.198); §§ 14 und 15 FSG-DV (idF 9. Novelle); Individualantrag nach Art. 139 Abs.1 B-VG; § 57 Abs.1 VfGG;

       Zulässigkeit dieses Individualantrags, weil kein anderer zumutbarer Umweg besteht und die bekämpfte Verordnung in die faktische, wirtschaftliche und vor

       allem rechtliche Sphäre der zur Durchführung des Verkehrscoachings ermächtigten Einrichtungen unmittelbar und aktuell eingreift.

       Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Bestimmungen der §§ 14 + 15 der FSG-DV betreffend das Verkehrscoaching, weil dieser

       die Formerfordernisse des § 57 Abs.1 VfGG nicht erfüllt.

       Teils keine eindeutige Bezeichnung der bekämpften Verordnungsstellen, teils zu weit gefasster Aufhebungsantrag.

 

75.  B 1369/11 vom 11.10.2012; § 1 Abs.1+2 DSG; §§ 3 und 24 FSG; §§ 5 und 13 FSG-GV;

    Amtsärztliches Gutachten in einem Waffenverbotsverfahren wurde von der BPD an dessen Verkehrsamt weitergeleitet, welches ein Verfahren betreffend die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz eingeleitet hat.

    Die DSK hat die     dagegen erhobene Beschwerde mit dem Argument abgewiesen, dass lebenswichtige Interessen des Beschwerdeführers selbst iSd FSG-GV die Datenübermittlung zulässig machen.

    Dieser Ansicht vermag sich der VfGH nicht anzuschließen.

    Diese Bestimmungen dienen vorrangig dem Schutz (lebenswichtiger) Interessen anderer Verkehrsteilnehmer und nicht dem Eigenschutz des Lenkers. Weiters hat die DSK nicht geprüft,

    ob die Zustimmung des Betroffenen eingeholt werden kann oder Zustimmungsunfähigkeit vorlag. Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten nach § 1 Abs.2 DSG.

 

76.  B 1103/12* vom 14.3.2013; § 7 Abs.3 Z.4 und § 26 Abs.3 Z.1 FSG; § 99 Abs.2e StVO; Art.6 EMRK

    Rechtskräftige Strafverfügung der BH Kirchdorf an der Krems nach § 99 Abs.2e StVO (135 statt 80 km/h). Entzug der Lenkberechtigung durch die BH Braunau am Inn für die Dauer von zwei Wochen nach § 26 Abs.3 Z.1 FSG.

    Der UVS des Landes Oö. hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen, ohne inhaltlich auf die Bestreitung der Geschwindigkeitsüberschreitung einzugehen, da an die rechtskräftige Strafverfügung Bindung bestehe.

    Die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde hat der Verfassungsgerichtshof nun im am 11.4.2013 zugestellten Erkenntnis abgewiesen. Auch die in der Beschwerde zitierte neueste Rechtsprechung des EGMR gebe

    keinen Anlass, von der Auffassung (VfSlg. 16.855) abzugehen, dass der Entzug der Lenkberechtigung keine "Strafe" ist und daher Art.6 EMRK nicht anwendbar ist. Eine Verletzung des Rechts auf eine mündliche Verhandlung

    nach dieser Verfassungsbestimmung ist daher schon aus diesem Grund nicht möglich. m Entzugsverfahren stellt die Frage des Vorliegens eines Delikts, welches zur Verkehrsunzuverlässigkeit führt

    ("bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.1 FSG") eine Vorfrage nach § 38 AVG dar. Hat darüber die Verwaltungsstrafbehörde rechtskräftig (auch mit Strafverfügung) entschieden, entfaltet diese Entscheidung Bindungswirkung

    gegenüber der Führerscheinbehörde. Diese Bindungswirkung ist mit jener des aufgehobenen § 268 ZPO (VfSlg. 12.504) nicht vergleichbar. Bei der Bestätigung des Mopedfahrverbots ist dem UVS kein

    in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen ("entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit iSd § 32 Abs.1 FSG") - ausreichende und denkmögliche Begründung.

    RA Dr. Postlmayr war in diesem Verfahren der Vertreter des Beschwerdeführers.

 

 

V f G H

Führerscheinrecht

bearbeitet von

RA Dr. Postlmayr, Mattighofen

 

Keine Gewähr für Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit !