Aktuelle und
praxisrelevante
strafrechtliche
Entscheidungen des
O G H
und anderer Rechtsmittelgerichte
* bedeutet Rechtsvertretung
durch die Kanzlei des Homepagebetreibers
RA Dr. Johann Postlmayr
§ 11 StVO – Notwendigkeit des zweiten
Blicks in den Rückspiegel unmittelbar vor dem Linksabbiegen; das
BG Mattighofen hat den Beschuldigten mit Urteil vom 16.1.2004 der
fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 StGB schuldig erkannt,
weil er als Mopedlenker zufolge Unaufmerksamkeit beim Linksabbiegen mit
dem nachkommenden und überholden Pkw zusammenstieß, wodurch der Pkw
von der Fahrbahn abkam, sich überschlug und die Lenkerin dabei verletzt
wurde. Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen, zur Gänze
bedingt auf drei Jahre. Seit dem ersten Blick in den Rückspiegel sind 8
Sekunden vergangen, weswegen der Beschuldigte vor dem Linksabbiegen
nochmals zurückschauen hätte müssen, wobei er den nachkommenden Pkw
in Überholposition sehen und vom Abbiegen Abstand nehmen hätte
können. Da LG Ried hat der Berufung wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs.1
Z.9a StPO) stattgegeben, das Ersturteil aufgehoben und den Beschuldigten
freigesprochen. Ein Fahrzeuglenker, der seine Absicht, nach links
abzubiegen, rechtzeitig anzeigt, sich ordnungsgemäß zur Fahrbahnmitte
hin einordnet und sein Geschwindigkeit entsprechend vermindert, ist
nicht verpflichtet, den Nachfolgeverkehr vor dem Abbiegen noch einmal zu
beobachten (ZVR 1974/129). Nur wenn nach den Umständen mit dem
Entstehen einer unklaren Verkehrssituation zu rechnen ist, was
insbesondere dann der Fall ist, wenn der Nachfolgeverkehr nicht
ausreichend erkennen kann, daß und wo nach links abgebogen wird,
besteht die Notwendigkeit, sich unmittelbar vor dem Abbiegen noch einmal
zu vergewissern, daß dies ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
möglich ist (ZVR 1979/249). Solche Unstände, wie außerordentlich
lange Betätigung des Blinkers, mehrere Abbiegemöglichkeiten oder das
Erkennen bereits beim ersten Blick zurück, daß Nachkommende schon zum
Überholen angesetzt haben, liegen hier nicht vor. Der Straßenverlauf
im Unfallstellenbereich ist völlig übersichtlich und gibt es weithin
nur eine einzige Abbiegemöglichkeit, welche noch dazu durch einen gut
einsehbaren Wegweiser markiert ist. Auch der weite Einmündungstrichter
ist von Weitem einsehbar. Für den Nachfolgeverkehr kann daher kein
Zweifel bestehen, daß ein zum Linksabbiegen eingeordneter links
blinkender Fahrzuglenker dort abbiegen wird, auch wenn zwischen dem
ersten Blick in den Rückspiegel des Mopeds und dem Abbiegebeginn 8
Sekunden lagen (LG Ried im Innkreis vom 5.7.2004, 10 Bl 40/04*).
§ 90a StPO – Diversion; Art. 54 SDÜ -
Doppelbestrafungsverbot; auch ohne Mitwirkung eines
Strafgerichts eingestelltes Verfahren (Diversion; Erfüllung von
Auflagen – Bezahlung einer Geldbuße) entfaltet Sperrwirkung. Die
Auflage muß Sanktionscharakter haben, die Vereinbarung muß ein
ausdrückliches oder stillschweigendes Schuldanerkenntnis enthalten und
darf den Anspruchsberechtigten keinen Nachteil zufügen. (OGH vom
17.6.2004, 12 Os 23/04).
§ 28 Abs.2 und Abs.4 Z.3 und Abs.6 SMG; § 15 Abs.2
StGB; das Verbrechen des § 28 Abs.2 4. Fall SMG wird dadurch
begangen, daß eine große Menge Suchgift (Abs.6), über welche der
Täter tatsächlich verfügt, in Verkehr gesetzt wird. Bei mehraktigem
Inverkehrsetzen liegt eine solche Ausführungshandlung erst vor, wenn
sich diese Verfügungsgewalt über eine insgesamt große Menge zur
Gänze realisiert hat. Entscheidend ist jener Akt, der beim
Inverkehrsetzen zum Erreichen der Grenzmenge führt, also „das Fass
zum Überlaufen bringt". Dasselbe gilt für die „Übermenge"
nach Abs.4 Z.3. Der Besitz einer solchen Menge reicht für sich noch
nicht aus für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 28 Abs.2 4.Fall SMG,
es muß vielmehr die Weitergabe des auf die übergroße Menge fehlenden
Quantums an konkrete Abnehmer zeitlich unmittelbar bevorstehen (OGH
vom 16.6.2004, 13 Os 60/04).
§§ 207 und 207b StGB; § 207b StGB kommt
nur bei jugendlichen Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben,
zum Tragen. Wenn aber unmündige Personen von der Tat betroffen sind,
ist § 207 StGB anzuwenden (OGH vom 5.5.2004, 14 Os 44/04).
§ 6 Abs.1 und § 7a Abs.1 Z.2 MedienG;
Medienkonsument – Entschädigung; stellt der von der
Veröffentlichung angesprochene Medienkonsument eine Verbindung zur
Begehung eines strafgerichtlichen Delikts nicht her, scheidet eine auf
diese Bestimmung gegründete Entschädigung aus. Über die
strafrechtliche Implikation des berichteten Sachverhalts muß der
Konsument wenigstens so weit Bescheid wissen, daß er auch ohne
juristische Fachkenntnis diesen rechtlichen Sinneszusammenhang im Sinne
eines Aha-Erlebnisses versteht. Führt der berichtete Sachverhalt aber
in diesen Augen nur zu disziplinären Konsequenzen, liegt die
Anspruchsvoraussetzung nicht vor (OGH vom 5.5.2004, 14 Os 49/04).
§ 134 und § 281 Abs.1 Z.4 StPO; die
Begutachtung eines Zeugen auf seine Glaubwürdigkeit bedarf seiner und
des gesetzlichen Vertreters Zustimmung (OGH vom 3.5.2004, 13 Os 50/04).
§ 21 StGB; § 252 StPO; § 281 Abs.1 Z.3+11 StPO ;
wurde das psychiatrische Gutachten (zum auf einer geistigen oder
seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhenden Zustand) entgegen §
252 Abs.1 StPO verlesen, liegt der Nichtigkeitsgrund der Ziffer 11
erster Fall i.V.m. der Ziffer 3 (§ 252 Abs.1 StPO) vor (OGH vom
27.4.2004, 11 Os 31/04).
§ 84 Abs.1 StGB – Konkurrenz der
Qualifikationsfälle; die
Qualifikationen des § 84 Abs.1 erster und zweiter Fall StGB können mit
jener des dritten Falls echt konkurrieren (OGH vom 22.4.2004, 15 Os
4/04).
§ 238 Abs.2 und § 281
Abs.1 Z.4 StPO; die Einhaltung der erstgenannten Bestimmung
steht nur insoweit unter Nichtigkeitssanktion, als einem darauf
abzielenden Antrag des Beschwerdeführers zuwider nicht entschieden
wurde (OGH vom 22.4.2004, 15 Os 16/04).
§ 281 Abs.1 Z. 2 bis 5a StPO – Nichtigkeitsgründe ;
bei der Verfahrensmängelrüge kann nur die unrichtige Entscheidung
in der Rechtsfrage beim Rechtsmittelgericht geltend gemacht werden. Die
Sachverhaltsgrundlage für eine prozessuale Anordnung wird hingegen
durch den Richter in freier Beweiswürdigung festgestellt. Dies und die
Begründung hiefür sind nur nach Maßgabe der Kriterien der Z.5 (und
zugunsten des Angeklagten auch nach Z.5a) anfechtbar (OGH vom
27.4.2004, 11 Os 34/04).
§ 20 StGB – die Bewertung des Ausmaßes
der Bereicherung hat nach dem Nettoprinzip zu erfolgen (OGH vom
22.4.2004, 12 Os 35/04).
§ 32 StGB (§ 105 Abs.1 StGB) - Begehung
durch Gewalt oder gefährliche Drohung; die Erfüllung beider
Varianten (Gewalt und gefährliche Drohung) des alternativen
Mischtatbestandes der Nötigung ist nach § 32 StGB schulderhöhend.
Obwohl die Begehung dieser Tat in Gesellschaft keinen besonderen
Erschwerungsgrund darstellt, ist dieser Umstand nach den allgemeinen
Grundsätzen der Strafbemessung ( § 32 StGB ) schuldsteigernd (OGH
vom 14.4.2004, 14 Os 20/04).
§ 281 Abs.1 Z.5a StPO – Nichtigkeitsgrund; diese
Bestimmung will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu
entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der
Beweiswürdigung durch Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern.
Tatsachenrügen, die außerhalb dieser Sonderfälle auf Überprüfung
der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der OGH ohne eingehende
eigene Erwägungen, um über die Eingriffbefugnisse keine
Mißverständnisse aufkommen zu lassen (OGH vom 14.4.2004, 14 Os
163/03).
§ 281 Abs.1 Z. 5a StPO – Nichtigkeitsgrund;
Z 5a des § 281 Abs. 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings
unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind
schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil
geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung
angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der
Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel
(bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen
Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb
solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung
abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene
Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine
Missverständnisse aufkommen zu lassen (OGH vom 14.4.2004, 14 Os
163/03).
§ 131 Abs.1 - § 56 StPO; § 31 StGB
betrifft Fälle, in denen gegen einen Angeklagten wegen zwei oder
mehrerer Taten mehrere Verfahren stattfinden, die nach den zeitlichen
Verhältnissen gemäß § 56 StPO vereinigt werden könnten. Zweck
dieser Bestimmung ist, dem tätergünstigen Absorptionsprinzip des § 28
Abs.1 StGB auch in diesen Fällen Geltung zu verschaffen (OGH vom
7.4.2004, 13 Os 37/04).
§ 27 Abs.1 und § 28 Abs.1+2 SMG (§ 12 StGB)
– Förderung des Ankaufs von Suchtmitteln – Konkurrenz; wer
Suchtgift in einer großen Menge nur ankauft, begeht dadurch entweder
das Vergehen nach § 27 Abs.1 erster Fall StGB oder jenes nach § 38
Abs.1 erster Fall SMG, nicht aber –echt ideell konkurrierend- das
Verbrechen des § 28 Abs.2 SMG vierter Satz als Beitragstäter. Wird
also nur der Ankauf gefördert, wird damit nur zum Delikt des § 27
Abs.1 erster Fall oder § 28 Abs.1 erster Fall StGB, nicht aber zu §
28 Abs.2 4. Fall StGB beigetragen (Exklusivität). Wer den
Arbeitnehmer- und Verkauf eines Suchtmittels vermittelt, leistet zwar
einen Beitrag zu dessen Inverkehrsetzen, nicht aber zur nachfolgenden
Aus- oder Einfuhr und zum weiteren Inverkehrsetzen, weil sich der
Schutzzweck des in § 28 Abs.2 4. Fall StGB ausgesprochenen Verbots
nicht spezifisch auch darauf erstreckt. Nichts anderes gilt für den,
der das Inverkehrsetzen als unmittelbarer Täter begeht (OGH vom
14.4.2004, 14 Os 9/04).
§ 281 Abs.1 Z.10 StPO
– Nichtigkeitsgrund – Widerspruch zwischen Tenor und
Gründen; besteht im Urteil ein Widerspruch zwischen Tenor und
Begründung, weil das Erkenntnis über die Schuldfrage eine andere
strafbare Handlung bezeichnet als jene, die der rechtlichen Beurteilung
in den Gründen zufolge verwirklicht wurde, kommt der materielle
Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs.1 Z.10 StPO in Betracht. Dessen
Bezugspunkte sind der Ausspruch darüber, welche strafbare Handlung
durch die als erwiesenen angenommenen Tatsachen begründet wird und die
Feststellungen in den Entscheidungsgründen (§§ 260 Abs.1 Z.2 und §
270 Abs.2 Z.5 StPO). OGH vom 7.4.2004, 13 Os 14/04.
§ 294 Abs.2 und § 295 Abs.1 StPO; das
Berufungsgericht ist an die in der Rechtsmittelschrift vorgetragenen
Berufungsgründe nicht gebunden (OGH vom 7.4.2004, 13 Os 21/04).
§ 28 Abs.2+3 SMG - §
28 StGB; echte Konkurrenz von § 28 Abs.2 zweiter und dritter
Fall SMG einer- und § 28 Abs.2 vierter Fall SMG andererseits. Der
Unrechtsgehalt des Inverkehrsetzens von Suchtgift betrifft das in der
tatsächlichen Einräumung von Gewahrsam liegende Gefahrenpotential
einer drohenden schädlichen Einwirkung auf die Gesundheit, während
jener der Aus- und Einfuhr von Suchtgift das besondere Gefahrenmoment
eines grenzüberschreitenden Verkehrs mit Suchtgift eigenständig und
ungeachtet der Weiterleitung an potentielle Konsumenten erfasst. Die
Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung aggraviert in
beiden Fällen den Tatbestand durch Steigerung des Gefahrenpotentials,
ohne aber die Unrechtselemente des § 28 Abs.2 2.+3.Fall SMG an jene des
4. Falles anzugleichen (OGH vom 7.4.2004, 13 Os 19/04).
§§ 260 Abs.1 Z.2 und 270 Abs.2 Z.4+5 und 281 Abs.1
Z.10 StPO; bei einem Widerspruch zwischen Tenor und Gründen,
weil im Urteil in der Schuldfrage eine andere strafbare Handlung genannt
wird als jene, die der rechtlichen Beurteilung in den Gründen zufolge
verwirklicht wurde, kommt der materielle Nichtigkeitsgrund des § 281
Abs.1 Z. 10 StPO in Betracht (OGH vom 7.4.2004, 13 Os 14/04).
§§ 31 Abs.1 und 28 Abs.1 StGB; § 56 Abs.1 StPO; Zweck
des § 31 StGB ist es, dem tätergünstigen Absorptionsprinzip des § 28
Abs.1 StGB auch in Fällen Geltung zu verschaffen, in denen gegen einen
Angeklagten wegen zwei oder mehrerer Taten zwei oder mehrere Verfahren
abgeführt werden, die nach den zeitlichen Verhältnissen gemäß § 56
StPO vereinigt werden könnten (OGH vom 7.4.2004, 13 Os 37/04).
§§ 290 Abs.1 und 295 Abs.1 StPO; geht
der OGH infolge einer falschen Subsumtion mangels eines Nachteils für
den Angeklagten nicht amtswegig nach § 290 Abs.1 StPO vor, besteht bei
der Entscheidung über die Berufung auch keine Bindung an den Ausspruch
des Erstgerichtes über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs.1
erster Satz StPO (OGH vom 7.4.2004, 13 Os 21/04 und 13 Os 7/04).
§§ 17, 18 und 243 FinStrG – Verfallsausspruch; Stattgabe
der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des LG Linz als
Schöffengericht vom 22.9.2003, 24 Hv 6/03t-66, nach Anhörung der
Generalprokuratur in nicht öffentlicher Sitzung, weil die Mängelrüge
im Sinne dieser Ziffer zutreffend aufzeigt, daß der lapidare Verweis
auf die Aussagen einer Person die wesentliche Feststellung nicht zu
tragen vermag, der Beschuldigte habe einen Lkw zum Zweck überlassen,
eine Schmuggelfahrt zu unternehmen. In Anbetracht der stets leugnenden
Verantwortung des Beschuldigten hätte es eingehender, den Gesetzen der
Logik folgender Darlegungen bedurft, um diesen Schluß zu begründen.
Die Durchführung des selbständigen Verfallsverfahrens (§ 243 FinStrG)
war aufgrund der Bekanntheit des Aufenthaltsortes des Beschuldigten
(wenn auch im Ausland) verfehlt (ÖJZ-LSK 1981/143; 13 Os 159/81), weil
§ 18 FinStrG hiefür voraussetzt, daß entweder sowohl der Täter als
auch andere an der Tat Beteiligte oder deren Aufenthalte unbekannt sind.
Schon der in der Nichtigkeitsbeschwerde relevierte Begründungsmangel
macht die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich. (OGH
vom2.4.2004, 12 Os 14/04).
§ 129 Z.4 StGB; es
ist nicht entscheidungswesentlich, ob der Täter von der Waffe gleich
oder erst nach einigen Manipulationen Gebrauch machen kann. Das
Mitführen einer defekten Waffe genügt, weil ein Widerstand auch durch
Drohung mit der Waffe geschehen kann. Es muß sich aber um eine Waffe im
technischen Sinn handeln (OGH vom 16.3.2004, 14 Os 17/04).
§ 51 StGB - § 90d StPO – Diversion –
Kombination nicht möglich ; die Weisung zur Erledigung gemeinnütziger
Leistungen entspricht nicht der Rechtslage. Die Abschöpfung
potentieller Einkommensmöglichkeiten durch den Zeitaufwand für die
Arbeitsleistung in Verbindung mit der Einschränkung der Freizeit und
der örtlichen Fixierung zur Leistungserbringung stellen diese
Maßnahmen wirkungsbezogen betrachtet zwischen Geld- und
Freiheitsstrafe, womit sie als sanktionssubstituierend dem
Anwendungsbereich des § 51 StGB entzogen, also exclusiv jenem des §
90d StPO vorbehalten ist. Die Kombination einer diversionellen
Erledigungsform mit einer anderen ist nicht zulässig. Damit soll eine
dem Diversionscharakter nicht mehr entsprechende übermäßige
Inanspruchnahme des Verdächtigen durch Verknüpfung von
Diversionsmaßnahmen vermieden werden. Nach § 90f Abs.2 StPO sind keine
Weisungen oder Auflagen vorzuschreiben, der Verdächtige hat vielmehr
freiwillig Pflichten auf sich zu nehmen. (OGH vom 11.3.2004, 12 Os
16/04).
§§ 28, 229 Abs.1 StGB; § 281 Abs.1 Z.9 und 10
StPO; Tatobjekt der Urkundenunterdrückung ist jede einzelne
Urkunde, über die der Täter nicht (allein) verfügen darf. Für ein
Begriffsverständnis als Gesamtmenge besteht auch bei Handlungseinheit
keine Grundlage. Werden durch ein und dieselbe Tat mehrere Urkunden
unterdrückt, liegen ebenso viele Vergehen nach § 229 Abs.1 StGB in
gleichartiger Idealkonkurrenz vor. § 127 StGB
– Gesamtmenge; der in dieser Bestimmung verwendete Begriff
„eine fremde bewegliche Sache" versteht sich als Gesamtmenge der
durch eine tatbestandliche Handlungseinheit weggenommenen beweglichen
Sache (OGH vom 4.3.2004, 15 Os 176/03).
Art. 83 Abs.2 B-VG; Art. 6 Abs.1 EMRK - § 219 StPO
– perpetuatio fori ; das zuständige Kollegialorgan, für
welches nach § 219 StPO die sogenannte perpetuatio fori angeordnet
wird, ist auch „auf Gesetz beruhend" iSd Art. 6 Abs.1 EMRK und
Art. 83 Abs.2 B-VG anzusehen (OGH vom 4.3.2004, 15 Os 14/04).
§§ 11 und 21 Abs.1 StGB; § 281 Abs.1 Z.11 StPO;
die Zurechnungsfähigkeit ist keine Sanktionsvoraussetzung sondern
betrifft die Schuldfrage (OGH vom 3.3.2004, 13 Os 168/03).
§ 294 StPO – eine Verpflichtung zur
Ausführung der Berufung besteht nicht (OGH vom 18.2.2004, 13 Os 4/04).
Art. 6 Abs.3 lit. d EMRK; §
252 Abs.1+4 und § 281 Abs.1 Z.3 StPO; das
Beweiserhebungs(-gewinnungs)verbot des § 252 Abs.1 StPO sichert das mit
dem Fragerecht nach Art. 6 Abs.3 lit. d EMRK normativ verknüpfte
strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen
Unmittelbarkeitssurrogate, die durch die Z.1-4 des § 252 Abs.1 StPO
nicht gedeckt sind, bei sonstiger Nichtigkeit ab. Amtsverschwiegenheit
kann grundsätzlich nicht als Verlesungsermächtigung nach Z.1 begriffen
werden. (OGH vom 18.2.2004, 13 Os 153/03).
§ 281 Abs.1 Z.3+4 StPO;
§ 345 Abs.1 Z.4+5 StPO; der OGH ist bei der Beurteilung
behaupteter Formverletzungen oder Verfahrensmängel an den Inhalt des
über die Hauptverhandlung aufgenommenen Protokolls nicht gebunden (OGH
vom 17.2.2004, 14 Os 174/03).
Art.4 Z.1 des 7. ZP zur EMRK –
Doppelbestrafungsverbot; die disziplinäre Bestrafung neben
einer strafrechtlichen Verurteilung verstößt nicht gegen das
Doppelbestrafungsverbot (OGH vom 17.2.2004, 11 Bkd 7/02).
§ 5 JGG - § 28 SMG; hat der Täter teils
vor, teils nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu einer
Subsumtionseinheit nach § 28 Abs.2 4. Fall und Abs. 4 Z.3 SMG
zusammenzufassenden Suchtgiftmengen in Verkehr gesetzt, ist § 5 JGG
nicht anzuwenden.
§§ 290 Abs.2 und 293 Abs.3 StPO – das Verschlechterungsverbot
gilt nur im Sanktionsbereich (OGH vom 17.2.2004, 14 Os 1/O4).
§ 28 Abs.2 SMG; § 1 Abs.1 StGB; die
Deutung des auf das Tatobjekt des § 28 Abs.2 SMG bezogene „ein"
als Zahlwort beruht nicht auf historisch-teleologischen Überlegungen,
sondern steckt den äußerst möglichen Wortsinn mit Blick auf das
Gesetzmäßigkeitsprinzip des §1 StGB ab (OGH vom 17.2.2004, 14 Os
1/O4 und vom 19.5.2004, 13 Os 40/04).
§ 34 Abs.1 Z.4 StGB – Strafmilderungsgrund;
die in diesem Milderungsgrund genannte Einwirkung eines Dritten
setzt eine weitreichende psychische Beeinflussung, die nach Art und
Umständen auch einen maßgerechten Charakter zur Tat gedrängt haben
könnte, voraus (OGH vom 12.2.2004, 12 Os 95/02).
§ 28 Abs.4 Z.2 SMG; die Strafbarkeit nach
§ 28 Abs. 4 Z 2 SMG setzt begrifflich das vorsätzliche Entfalten
(spezifisch) deliktischer Tätigkeit als funktionell nicht bloß
punktuell in den Aktionsrahmen des arbeitsteilig auf (eine wenngleich
begrenzte) Dauer strukturierten (zahlenmäßig qualifizierten) Ganzen
eingegliederter Part voraus (OGH vom 10.2.2004, 11 Os 163/03).
§ 28 Abs.2 SMG; § 180
Abs.2 Z.3 lit. b StPO; sowohl die Erzeugung als auch das
Inverkehrsetzen einer jeweils großen Menge Suchtgift stellt zumindest
eine Tat mit nicht bloß leichten Folgen dar (OGH vom 10.2.2004, 11Os
2/04).
§§ 83, 105 und 216 Abs.2 StGB; eine
Körperverletzung ist im Delikt der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 StGB
weder regelmäßig noch typisch enthalten, sodass auch der
Unrechtsgehalt der anlässlich einer (Nötigungselemente aufweisenden)
Einschüchterung zugefügten Beeinträchtigung der körperlichen
Integrität von der Zuhälterei nicht vollständig miterfasst wird.
Darüber hinaus ist bei einer (die Gewaltanwendung als Begehungsmittel
nicht einmal nennenden) Einschüchterung im Sinne des § 216 Abs. 2 StGB
für den Eintritt von Verletzungsfolgen auch keine höhere Strafdrohung
vorgesehen. Hat daher die (hier zur Einschüchterung) eingesetzte Gewalt
eine Körperverletzung zur Folge (was nicht zwangsläufig sein muss),
dann ist eintätiges Zusammentreffen zwischen einem (im weitesten Sinn
verstandenen) Nötigungstatbestand und einem die körperliche
Integrität schützenden Delikt anzunehmen (OGH vom 27.1.2004,
14 Os 162/03).
§ 295 StGB; § 102
Abs.1 und § 103 Abs.4 letzter Satz KFG – Aufbewahrung von
Beweismitteln; wenn die Rechtsordnung - wie in §§ 102 Abs. 1, 103 Abs.
4 letzter Satz KFG - eine Verpflichtung zur Aufbewahrung von
Beweismitteln für ein nur allfällig stattfindendes, konkret aber nicht
voraussehbares Verwaltungsverfahren vorgibt, kann jedenfalls noch nicht
von einer Bestimmung dieses Beweismittels in einem solcherart bloß
möglichen Verwaltungsverfahren im Sinne des § 295 StGB gesprochen
werden, weil - anders als bei einem nach einer von Amts wegen zu
verfolgenden Straftat nach dem Legalitätsprinzip jedenfalls
durchzuführenden (sicherheitsbehördlichen, staatsanwaltschaftlichen
und/oder gerichtlichen) Verfahren - im Handlungszeitpunkt noch gar nicht
feststeht, ob überhaupt ein behördliches Verfahren eingeleitet wird (OGH
vom 27.1.2004, 14 Os 167/03).
Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs.1 Z.9+10 StPO; §
288 StPO; §§ 57 und 58 StGB - Verjährung; ein erfolgreich
geltend gemachter Feststellungsmangel berechtigt den OGH zu einer
Sachentscheidung (§ 288 Abs.2 Z.3 erster Satz StPO), wenn dieser eine
prozessuale Tatsache betrifft. Die Frage der Verjährung betrifft
kein prozessuales Verfolgungshindernis, vielmehr einen materiellen
Strafaufhebungsgrund, sodaß eine Sachentscheidung durch den OGH
grundsätzlich ausscheidet. Es sieht aber aus prozessökonomischen
Gründen von einer Verweisung an die erste Instanz ab, wenn die
vermisste Feststellung auch in einem weiteren Rechtsgang nicht zu
erwarten ist (OGH vom 27.1.2004, 14 Os 129/03).
§ 281 Abs.1 Z.4 in Verbindung mit § 238 und 345
Abs.1 Z.5 StPO; einem Beweisantrag muß neben Beweismittel
und –thema stets zu entnehmen sein, warum die beantragte
Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse
und inwieweit dieses für die Schuld- und Subsumtionsfrage von Bedeutung
ist (OGH vom 20.1.2004, 11 Os 152/03 und Vorjudikatur).
§§ 115, 117 Abs.3 und 283 StGB; eine
Beschimpfung oder Verspottung iSd § 115 StGB, bei welcher der
Betroffene wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in § 283 Abs.1 StGB
genannten Gruppe als ethnisch, kulturell oder moralisch schlechthin
minderwertig abqualifiziert wird, fällt unter § 117 Abs.3 StGB (OGH
vom 14.1.2004, 13 Os 154/03).
§§ 120, 254 Abs.2 und 281 Abs.1 Z.4 StPO; die
Beiziehung eines Privatgutachters ist dem Gesetz fremd. Die Auswahl des
Sachverständigen kommt ausschließlich dem Gericht zu. Wird ein
Privatgutachten zum Akt genommen, kann nur dessen Befund zu erheblichen
Bedenken iSd Z.5a Anlaß geben. Privatgutachter sind nichts andere als
Zeugen. (OGH vom 14.1.2004, 13 Os 170/03).
§ 2 StGB – Garantenstellung
– KJBG; das Bundesgesetz über die Beschäftigung von
Kindern und Jugendlichen 1987 verpflichtet den Dienstgeber, alle
erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, Gesundheit und
Sittlichkeit der Jugendlichen zu treffen. Den Dienstgeber trifft damit
eine Garantenpflicht nach § 2 StGB (OGH vom 8.1.2004, 15 Os 118/03).
§ 363a StPO – Erneuerung des Strafverfahrens nach
Stattgabe einer Beschwerde durch den EGMR; Doppelbestrafung –
Art. 4 Abs.1 des 7. ZP zur EMK; ne bis in idem; § 5 Abs.1 StVO - § 88
Abs.1 und 3 (§81 Abs.1 Z.2 StGB); ne bis in idem
– Verbot ist ein auf Verfassungsebene stehendes Verfolgungshindernis;
die Urteile des LG Ried i.I. als Berufungsgericht vom 2.61997, 10 Bl
38/97, sowie des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 30.1.1997, U 190/95,
werden aufgehoben. Rechtskräftige Bestrafung wegen Lenkens eines
Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durch die
Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn. Nachfolgend Bestrafung durch die
Strafgerichte wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung
nach § 88 Abs.1 und 3 (81 Z.2) StGB, weil Walter F. dabei einen
Verkehrsunfall verschuldet hat, bei dem der Beifahrer leicht verletzt
wurde (Zusammenstoß mit einem überbreiten Mähdrescher im Gegenverkehr
– verspätete Reaktion laut Sachverständigengutachten). Mit Urteil
vom 30.5.2002 (Walter F. gegen Österreich – BeschwerdeNr.
38.275/97)hat der EGMR eine Verletzung des Doppelbestrafungsverbotes
nach Art. 4 des 7.ZP zur EMRK festgestellt. Die nachfolgende
strafgerichtliche Verurteilung wegen alkoholqualifizierter
Körperverletzung verletzt die Menschenrechtskonvention (ne bis in idem
– Verbot ist ein auf Verfassungsebene stehendes Verfolgungshindernis).
Im erneuerten Verfahren wird das Bezirksgericht Mattighofen die Frage
der Dauer der Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit des
Beifahrers des Beschuldigten unter Ausklammerung der Alkoholisierung neu
zu prüfen haben (§ 88 Abs.2 Z.4 StGB). OGH vom 21.8.2003, 15 Os
154/02 (Fall vertreten durch Dr. Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen
– vgl. auch ZVR 2003/11).
§ 363a StPO – Erneuerung des Strafverfahrens nach
Stattgabe einer Beschwerde durch den EGMR; Doppelbestrafung –
Art. 4 Abs.1 des 7. ZP zur EMK; ne bis in idem; § 5 Abs.1 StVO - § 88
Abs.1 und 3 (§ 81 Abs.1 Z.2 StGB);ne bis in idem
– Verbot ist ein auf Verfassungsebene stehendes Verfolgungshindernis;
die Urteile des LG Wels vom 18.6.1997, 24 Bl 88/97 als Berufungsgericht
sowie des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 7.1.1997, 2 U 160/95, werden
aufgehoben. Rechtskräftige Bestrafung wegen Lenkens eines Fahrzeugs in
einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durch die
Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn. Nachfolgend Bestrafung durch das
Strafgericht wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung
nach § 88 Abs.1 und 3 (81 Z.2) StGB, weil Gerhard S. dabei einen
Verkehrsunfall verschuldet hat, bei dem der Unfallgegner leicht verletzt
wurde. Mit Urteil vom 6.6.2002 (Gerhard S. gegen Österreich –
BeschwNr. 38.237/97)hat der EGMR eine Verletzung des
Doppelbestrafungsverbotes nach Art. 4 des 7. ZP zur EMRK festgestellt.
Die nachfolgende strafgerichtliche Verurteilung wegen
alkoholqualifizierter Körperverletzung verletzt die
Menschenrechtskonvention (ne bis in idem – Verbot ist ein auf
Verfassungsebene stehendes Verfolgungshindernis). Im erneuerten
Verfahren wird das Bezirksgericht Grieskirchen die Frage der Dauer der
Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit des Beifahrers des
Beschuldigten unter Ausklammerung der Alkoholisierung neu zu prüfen
haben (§ 88 Abs.2 Z.4 StGB). OGH vom 5.8.2003, 11 Os 167/02 (Fall
vor dem EGMR und dem OGH vertreten durch Dr. Postlmayr, Rechtsanwalt in
Mattighofen; vgl. auch ZVR 2003/11).
§ 6 StGB – Mitwirkung an fremder
Selbstgefährdung; Straflosigkeit wegen Mitwirkung an fremder
Selbstgefährdung setzt das Fehlen einer spezifischen Schutzpflicht
gegenüber dem Opfer voraus (unterschiedliche Verstandesreife,
körperliche Kräfte oder Einsichtsfähigkeit hinsichtlich eines
riskanten Unternehmens). OGH vom 12.6.2003, 15 Os 68/03).
§ 33 Z.3 StGB
– Verführen als Strafbemessungsgrund; ein „verführen"
liegt nur bei einer akzentuierten Einflußnahme im Sinne der Schaffung
eines besonderen Anreizes zur Tat vor (OGH vom 5.6.2003, 12 Os 15/03).
§ 12 StGB –
Mittäterschaft – Kausalität; bei mehraktigen Delikten wie Raub
ist jeder Beteiligte Mittäter, der einen der Teilakte unmittelbar
ausführt. Vollendung des Delikts kann aber nicht angelastet werden,
wenn einem Täter kein für den Eintritt des Erfolges wirksame
Einflußnahme zur Last liegt. OGH vom 30.4.2003, 13 Os 21/03.
§ 451 Abs.2 StGB eröffnet dem Richter
die Möglichkeit, im Fall aktueller Strafaufhebungsgründe oder
Strafausschließungsgründe, aber auch, wenn er die Tat aus anderen
Gründen für straflos hält, schon vor Stellung eines Antrags auf
Bestrafung die Einleitung der strafgerichtlichen Verfolgung abzulehnen. OGH
vom 15.12.2002, 12 Os 111/02.
§ 36 StGB; die Sondervorschrift des § 36 StGB ist dann
nicht anzuwenden, wenn der Rechtsbrecher das gleiche Verbrechen vor und
nach Erreichung der Altersgrenze begangen hat. OGH vom 10.12.2002, 11
Os 145/02.
§ 90 l Abs.3 StPO – Diversion ;
das Beschwerderecht (auch) des Staatsanwaltes nach § 90 l Abs. 3 erster
Satz StPO hängt nicht vom Inhalt seiner Stellungnahme zu einem vom
Gericht in Aussicht genommenen diversionellen Vorgehen ab. OGH vom
28.11.2002, 15 Os 126/02.
§ 27 SMG: Unter "Verschaffen"
von Suchtgift im Sinne von § 27 siebenter Fall SMG ist auch die
Vermittlung des Überlassens durch einen anderen zu verstehen. OGH
vom 10.10.2002, 15 Os 116/02.
§ 168 StGB – Glückspiel; Ein
Glücksspiel im Sinne des § 168 StGB liegt auch dann vor, wenn der
Gewinn nicht in bar oder in Sachwerten ausbezahlt, sondern als weiterer
Spieleinsatz verrechnet wird, weil ihm auch diesfalls ein Vermögenswert
zukommt. Von rechtlicher Relevanz könnte eine derartige
Gewinnverrechnung - unter der weiteren Voraussetzung eines Spiels um nur
geringe Beträge - daher nur unter dem Gesichtspunkt der
Tatbestandsbegrenzung in Form eines Spiels bloß zum Zeitvertreib sein.
Um geringe Beträge wird ungeachtet der Höhe des jeweiligen
Einzeleinsatzes jedenfalls dann nicht gespielt, wenn vom
Spielveranstalter Rahmenbedingungen geschaffen wurden, die ein
Serienspiel sowohl auf Veranstalterseite als auch auf Spielerseite als
objektiv sicher und auch so gewollt erscheinen läßt. OGH vom
3.10.2002, 12 Os 49 und 50/02.
§ 156 StGB: eine Vermögensverringerung
im Sinn des § 156 StGB setzt auf der subjektiven Tatseite
voraus, dass es der Täter zumindest ernstlich für möglich hält,
durch die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens keinen Gläubiger
zu befriedigen, sondern - im Sinne der Judikatur des Obersten
Gerichtshofes zur Eigenkapitalersatzqualifikation von
Gesellschafterdarlehen im Krisenfall - eine dem Rückzahlungsverbot
widersprechende Leistung zu erbringen und damit den Vermögensstatus der
Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger zu verändern. Dieses normative
Tatbestandsmerkmal setzt voraus, dass der rückzahlende
Geschäftsführer der GmbH Kenntnis von der rechtlichen Bedeutung der
Stellung des darlehensgebenden Gesellschafters im wirtschaftlichen
Krisenfall hat. Zur strafrechtlichen Subsumption genügt eine parallel
zum Recht verlaufende laienmäßige Einschätzung dieses Tatumstandes
durch den Täter sowie dessen soziale und rechtliche Bedeutung. OGH
vom 1.10.2002, 11 Os 41/02.
§ 29 Abs.1 und 3 lit. a FinStrG – Selbstanzeige
– Inhalt;
Wenn auch für die Erstattung einer Selbstanzeige im
Gesetz keine besondere Form vorgesehen ist, so erfordert sie nach dem
klaren Wortlaut des § 29 Abs1 FinStrG doch die Darlegung der begangenen
Verfehlung. Ein bloßes Eingestehen einer Tat im Zuge einer Vernehmung
kann nicht als eine Selbstanzeige angesehen werden. Für den Ausschluß
der Straffreiheit nach § 29 Abs3 lit. a FinStrG kommt es nur darauf an,
dass überhaupt eine Verfolgungshandlung gegen eine der in dieser
Bestimmung genannten Personen gesetzt wurde. Die Verfolgungshandlung
braucht sich nicht gegen den Selbstanzeiger zu richten und muß diesem
auch nicht bekannt geworden sein. OGH vom 10.9.2002, 14 Os 6/02.
§ 285a Z.2 und § 285d Abs.1
Z.1 StPO; mangelt es der Nichtigkeitsbeschwerde an einer
deutlichen und bestimmten Bezeichnung des Sachverhaltes, der den
Prüfungskriterien des angezogenen Nichtigkeitsgrundes entspricht, so
wird sie nicht prozeßförmig dargestellt. OGH vom 25.9.2002, 13 Os
101/02.
§ 33 Z.2 StGB, § 281 Abs.1
Z.11 StPO; einschlägige Vorstrafe – Strafbemessung; Das
Vorliegen der entscheidenden Strafbemessungstatsache in Bezug auf
einschlägige Vorstrafen ist nach § 33 Z 2 StGB zu beurteilen, wonach
als Erschwerungsgrund insbesondere gilt, wenn der Täter schon wegen
einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt
worden ist (wobei das Wort "einer" als unbestimmter Artikel
und nicht als Zahlwort anzusehen ist). Liegt daher dieser besondere
Erschwerungsgrund schon deshalb vor, weil wenigstens eine auf einer
solchen Tat beruhende nicht getilgte Vorstrafe vorliegt, so betreffen
weitere solche Vorstrafen nur die Gewichtigkeit dieses
Erschwerungsgrundes. Ihre zahlenmäßige Bemängelung bildet daher
(bloß) einen Berufungsgrund. OGH vom 25.9.2002, 13 Os 95/02.
§ 281 Abs.1 Z. 5a StPO –
erhebliche Tatschen; erhebliche Tatsachen sind solche, die
für die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen einer
entscheidenden Tatsache von Bedeutung sein können, mithin
erörterungsbedürftig sind.
OGH vom 25.9.2002, 13 Os 98/02.
§ 4 Abs.2 und § 31 FinStrG
– Verjährung der Tat; ob eine Tat verjährt ist, richtet
sich grundsätzlich nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden
Recht, nach früherem Recht nur dann, wenn die Verjährung bereits
unter dessen Geltung eingetreten war. Ein dem Ausscheiden einer
Verjährungsnorm aus dem Rechtsbestand nachfolgender Zeitablauf hat
bei dem die außer Kraft getretene Verjährungsbestimmung betreffenden
Günstigkeitsvergleich gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG außer Betracht zu
bleiben. OGH vom 3.10.2002, 12 Os 87/01.
§ 26 FinStrG - § 224 Abs.1
BAO; die Erteilung der Weisung an den Verurteilten, den
Betrag, den er schuldet oder für den er zur Haftung herangezogen
werden kann, zu entrichten, setzt eine entsprechende
Schuldkonkretisierung durch Haftungsbescheid (§ 224 Abs. 1 BAO)
voraus. OGH vom 3.10.2002, 12 Os 54/02.
§ 28 SMG; § 28 Abs. 3 erster Satz SMG
enthält Qualifikationstatbestände zu Abs.2. Anders jedoch der
zweite Satz leg. cit. Handelt der Täter aus dem(hier kraft
ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ausnahmsweise
entscheidungswesentlichen, weil die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes
bedingenden) im zweiten Satz umschriebenen Motiv, kommt als
Rechtsfolge der erhöhte Strafsatz für die im ersten Satz
umschriebenen Qualifikationen nicht zur Anwendung; der Täter fällt
unter den in Abs. 3 als dort zweiten Strafsatz übernommenen Strafsatz
von Abs. 2 leg. cit. OGH vom 15.9.2002, 15 Os 98/02.
§ 153 StGB –
Vermögensbegriff; der
Vermögensbegriff des österreichischen Strafrechts umfaßt die
Gesamtheit aller wirtschaftlich ins Gewicht fallenden und rechnerisch
feststellbaren Werte. Eine behördliche Errichtungsbewilligung für
eine private Krankenanstalt, deren Erlangung für jeden Erwerber mit
Kosten verbunden und die für den Inhaber und/oder Dritte von
wirtschaftlichem Interesse ist, somit einen objektiven Verkehrswert
besitzt, stellt Vermögen (hier: im Sinne des §153 StGB) des
Berechtigten dar, wobei die Frage, ob der Inhaber im konkreten Fall
imstande ist, das ihm zustehende Recht selbst auszuüben oder nicht,
für die Beurteilung der Werthaltigkeit der eingeräumten Bewilligung
nicht ausschlaggebend ist, genügt es doch, wenn diese infolge
Bestehens eines Marktes entgeltlich transferiert werden könnte. OGH
vom 10.10.2002, 15 0s 85/02.
§§ 153 und 5 StGB –
Vermögensverringerung – subjektive Tatseite.
Eine Vermögensverringerung im Sinn des § 156 StGB setzt auf der
subjektiven Tatseite voraus, dass es der Täter zumindest ernstlich
für möglich hält, durch die Rückzahlung eines
Gesellschafterdarlehens keinen Gläubiger zu befriedigen, sondern - im
Sinne der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur
Eigenkapitalersatzqualifikation von Gesellschafterdarlehen im
Krisenfall - eine dem Rückzahlungsverbot widersprechende Leistung zu
erbringen und damit den Vermögensstatus der Gesellschaft zum Nachteil
der Gläubiger zu verändern. Dieses normative Tatbestandsmerkmal
setzt voraus, dass der rückzahlende Geschäftsführer der GmbH
Kenntnis von der rechtlichen Bedeutung der Stellung des
darlehensgebenden Gesellschafters im wirtschaftlichen Krisenfall hat.
Zur strafrechtlichen Subsumption genügt eine parallel zum Recht
verlaufende laienmäßige Einschätzung dieses Tatumstandes durch den
Täter sowie dessen soziale und rechtliche Bedeutung. OGH vom
1.10.2002, 11 Os 41/02.
§ 281 Abs.1 Z. 10a StPO; § 7 Abs.1 JGG; §
90a Abs.2 StPO – Diversion; die
gesetzmäßige Ausführung dieses materiellen Nichtigkeitsgrundes
setzt voraus, dass die behauptete rechtsfehlerhafte Beurteilung der
gesetzlichen Diversionsvoraussetzungen nach §7 Abs1 JGG i.V.m. § 90a
Abs2 Z2 StPO stringent auf der Basis sämtlicher wesentlicher
Tatsachenfeststellungen des bekämpften Urteils geltend gemacht wird.
Die argumentative Vernachlässigung entscheidender
Sachverhaltskomponenten beziehungsweise der Ersatz einer
tatrichterlichen Feststellung durch eine willkürlich abweichende
Modifikation wird diesem Erfordernis nicht gerecht. OGH vom
12.9.2002, 120s 71/02.
§ 281 Abs.1 Z.1 StPO; § 28a
GOG; unzuständiger Untersuchungsrichter – keine Nichtigkeit;
die Gültigkeit von Amtshandlungen wird durch einen Verstoß gegen
die Geschäftsverteilung - abgesehen von den nur das
Erkenntnisverfahren betreffenden Fällen der §§ 281 Abs. 1 Z1 und
345 Abs. 1 Z 1 StPO - nicht beeinträchtigt (§ 28a GOG). Das
Einschreiten eines danach nicht berufenen Untersuchungsrichters des
örtlich und sachlich zuständigen Gerichtshofes begründet keine
Nichtigkeit der gesetzten Untersuchungshandlungen. OGH vom
24.9.2002, 11 0s 125/02.
§ 21 und § 107 Abs.2 StGB;
eine gefährliche Drohung mit dem Tod, die beim Opfer die Besorgnis
auslöst, es könnte tatsächlich getötet werden, ist eine Tat mit
schweren Folgen und somit als Prognosetat im Sinne des § 21 StGB
geeignet. OGH vom 26.6.2002, 12 Os 48/02.
§ 159 StGB; grobe
Fahrlässigkeit; zum Begriff der groben Fahrlässigkeit im
Sinne des neuen Tatbestandes des § 159 StGB. OGH vom 9.4.2002, 14
Os 28/02.
§ 224 StGB ein italienischer
Personalausweis
(carta d`ídentitá ufficiale) genießt als Reisedokument den
strafrechtlichen Schutz inländischer öffentlicher Urkunden. OGH
vom 28.5.2002, 14 Os 46/02.
§ 90a StPO – Diversion –
Schuldeinsicht; die
Möglichkeit einer Diversion hängt auch von der Haltung des
Beschuldigten ab und setzt Schuldeinsicht voraus, also die Übernahme
der Verantwortung für die Tat (OGH vom 7.3.2002, 15 Os 1/02).
§ 281 Abs.1 Z.4 StPO
– Voraussetzungen dieser Verfahrensrüge. Diese verlangt,
daß die Anträge erhebliche Tatsachen betreffen, die der Lösung der
Schuldfrage oder die Unterstellung unter einen bestimmten Strafsatz
betreffen (OGH vom 29.5.2002, 13 Os 34/02).
§ 281 Abs.1 Z.11 und § 290 und § 285i StPO – Strafbefugnis
– Kompetenzen des OLG; ist eine Korrektur der den
Angeklagten benachteiligenden unrichtigen Strafsanktion im Rahmen der
Berufungsentscheidung möglich, so bedarf es einer Maßnahme nach §
290 Abs.1 StPO nicht (OGH vom 6.6.2002, 15 Os 56/02).
Art. 4 des 7. ZP zur EMRK
– Doppelbestrafung; § 81
Abs.1 Z.2 StGB und § 99 Abs. 1 StVO; §
363a StPO – Erneuerung des Strafverfahrens. Aufhebung der
Strafurteile des BG Hall in Tirol und des LG Innsbruck, weil eine
Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung in der Qualifikation
der Alkoholisierung nach § 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z.2) StGB
ausgesprochen worden ist, obwohl vorher die BH Innsbruck bereits einen
Strafbescheid wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO
rechtskräftig erlassen und bereits vollstreckt hat. Dieser
Verwaltungsakt ist nicht absolut nichtig, sondern nur vernichtbar. Im
weiteren Verfahren wird das BG Hall die BH zu ersuchen haben, ihr
Straferkenntnis aufzuheben, weil dieses wegen der
Subsidiaritätsklausel nach § 99 Abs.6 lit.
c StVO nicht erlassen hätte werden dürfen (§ 30 VStG).
Tut sie dies nicht, wird das Strafverfahren – auch ohne eines
entsprechenden Antrages der StA – einzustellen haben. Die
Beschuldigte hätte nicht nochmals wegen derselben Tat unter Strafe
gestellt werden dürfen, die EMRK steht auch über dem XX. Hauptstück
der StPO (OGH vom 22.8.2002, 15 Os 18/02).
Keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit
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