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(Erteilung, Entzug, Einschränkung etc. - ohne Verwaltungsstrafverfahren); für jeden Internetnutzer sind als Beispiel derzeit auf dieser Homepage
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( Aktualität: 31 - 03 - 2013 )
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VwGH – Rechtsprechung
zur Lenkberechtigung
des Jahres 2 0 0 6
* bedeutet Rechtsvertretung durch RA Dr. Postlmayr, Mattighofen
+ bedeutet erfolgreiche Beschwerde, gehört nicht zur Geschäftszahl
1. 2004/11/0125+ vom 24.1.2006; § 24 Abs.4 und § 32 Abs.1 Z.1 FSG –gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz; der UVS für die Steiermark hat im Instanzenzug die Lenkberechtigung nach § 24 Abs.4 FSG für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 32 Abs.1 Z.1 „bis zum Ende des Entzuges“ das Lenken von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten (Spruchpunkt II.). VwGH: die Behandlung der Beschwerde gegen den Entzugsausspruch wird nach § 33a VwGG abgelehnt. In dieser wird nicht aufgezeigt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen wäre, dies ist auch tatsächlich nicht der Fall. Zum Lenkverbot: auch dann, wenn die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz der Gruppen 1+2 nicht vorliegt, sind Ausführungen dazu erforderlich, inwieweit der Betreffend zum Lenken von in § 32 Abs.1 FSG genannten Fahrzeugen geeignet ist (2003/11/0178 vom 13.8.2003 und 2002/11/0231 vom 24.9.2003). Dazu hat der UVS keine Feststellungen getroffen, es ergibt sich dazu überdies auch aus dem amtsärztlichen Gutachten nicht (darin wird von der Eignung zum Lenken von Kfz der Klassen A, B, C, F und G gesprochen). Aufhebung des Punktes II des Berufungsbescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs.2 Z.3 lit.b+c VwGG.
2. 2004/11/0149 vom 24.1.2006; Sehvermögen - § 6 Abs.1 Z.6, § 7 und § 8 Abs.4 FSG-GV; § 31 und § 32 Abs.1 FSG – Lenkverbot; die BH Dornbirn hat ab Bescheidzustellung für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung das Lenken von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der UVS Vorarlberg hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen, nach im Berufungsverfahren eine neuerliche verkehrspsychologische Stellungnahme eingeholt und ein weiteres amtsärztliches Gutachten mit dem Ergebnis: Nichteignung erstattet wurde. VwGH: Grundlage des UVS-Bescheides ist nicht die verkehrspsychologische Stellungnahme sondern die Schwäche des Sehvermögens. Das amtsärztliche Gutachten berücksichtigt auch die augenfachärztlichen Befundungen – keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit, solche werden auch vom Beschwerdeführer nicht schlüssig vorgetragen. Die beschriebene Einengung der Gesichtsfeldaußengrenzen von oben her sei laut belangter Behörde mit absoluter Fahruntauglichkeit gleichzusetzen. Es ist richtig, dass in den hier maßgeblichen Bestimmungen der FSG-GV die Lenker der in § 32 FSG genannten Fahrzeugen nicht ausdrücklich genannt werden. Die in dieser Verordnung aufgestellten Kriterien für die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz können aber grundsätzlich auf die in § 32 FSG genannten Fahrzeuge angewendet werden. Es sind aber Ausführungen in Bezug auf diese Fahrzeuge nötig (2002/11/0231 vom 24.9.2003). Ein ausreichendes Gesichtsfeld ist aber auch notwendig, um die hier relevanten Fahrzeuge zu lenken (Beobachten des Verkehrsgeschehens – Gewährleistung der eigenen Sicherheit und der übrigen Verkehrsteilnehmer). Es bleibt somit (§ 8 Abs.4+5 FSG-GV) kein Raum für die Durchführung einer Beobachtungsfahrt, weil das Lenken dieser Fahrzeuge auch nicht eingeschränkt oder verbunden mit Auflagen gestattet werden könnte (2000/11/0242 vom 28.5.2002). Langjähriges unfallfreies Fahren ist rechtlich nicht geeignet,, die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz darzutun (2001/11/0022 vom 24.4.2001). Aus der Ausstellung des Mopedausweises im Juni 2001 kann der Beschwerdeführer nichts gewinnen, weil dabei die gesundheitliche Eignung nicht geprüft wird (§ 31 FSG). Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
3. 2005/11/0159+ vom 24.1.2006; § 7 Abs.3 Z.12 FSG - § 28 Abs.2+4 Z.3 SMG; § 46 Abs.2 StGB – bedingte Haftentlassung nach 2/3 der Haftzeit; 24monatiger Lenkberechtigungsentzug durch die BH Dornbirn, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung. Inverkehrsetzen des 80fachen der Grenzmenge – rechtskräftige Verurteilung durch das LG Feldkirch wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 und 4 Z.3 SMG. Der UVS Vorarlberg hat der dagegen erhobenen Berufung insoweit statt gegeben, dass die Entzugsdauer auf 13 Monate herabgesetzt wurde, wie schon die Erstinstanz aber unter Nichteinrechnung von Haftzeiten. VwGH: der Beschwerdeführer ist schon damit im Recht, dass bei der Entscheidung des Strafgerichts über die bedingte Haftentlassung nach § 46 Abs.2 StGB entscheidend war, dass der Beschwerdeführer nach Verbüßung von 26 Monaten der verhängten Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde, weil ihn die bloße Androhung der Vollstreckung der Reststrafe von der Begehung weiterer Straftaten abhalten wird. Die damit nicht in Einklang zu bringende Zukunftsprognose des UVS, der Beschwerdeführer werde sich weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen, ist mit der strafgerichtlichen Annahme nicht in Einklang zu bringen. Die vom Strafgericht zu berücksichtigenden Umstände können auch für die Wertungskriterien nach § 7 Abs.4 FSG von Bedeutung sein (2003/11/0266 mwN vom 24.2.2005). Gleiches hat auch hier zu gelten. Dass der Beschwerdeführer andere kraftfahrrechtlich relevante strafbare Handlungen begangen hätte, hat der UVS nicht festgestellt; die ausgesprochene Entziehungsmaßnahme ist daher rechtswidrig. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
4. 2005/11/0215+ vom 21.2.2006; § 24 Absatz 4 FSG; der UVS hat die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung anzuwenden. Vorgeschichte: 2004/11/0016 vom 24.5 2005: Aufhebung des Berufungsbescheides des UVS vom 7.11.2003. Mit Ersatzbescheid des UVS im zweiten Rechtsgang der Berufung der Beschwerdeführerin insofern Folge gegeben, als der Erstbescheid dahingehend abgeändert wurde, sich innerhalb von drei Monaten ärztlich untersuchen zu lassen. Sie sei mit dem Pkw auf die Gegenfahrbahn geraten und habe fast einen Verkehrsunfall verursacht und bei der Kontrolle angegeben, sie habe mit ihren Augen Probleme und fahre bei Dunkelheit nur in äußersten Notfällen. Es bestünden daher begründete Bedenken gegen das aufrechte Bestehen ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz. Dieser Aufforderung sei die Berufungswerberin in der Folge nachgekommen, der UVS habe aber die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entlassung seines vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides anzuwenden. VwGH: diese Rechtsansicht des Ufers ist unrichtig. Es ist die Sachelage zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgeblich (2004/11/0063 vom 13.8.2004 mit weiteren Nachweisen). Es hätte daher berücksichtigt werden müssen, dass sich die Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen hat. Aufhebung des UVS-Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Im fortgesetzten Verfahren wird der UVS den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben haben. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde konnte gemäß § 39 Absatz 1 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.
5. 2005/11/0209+ vom 21.2.2006; gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz; depressive Störungen, paranoide Denkinhalte und gesundheitliche Eignung; §§ 3 Abs.3 - fachärztliche Stellungnahme - § 13 FSG-GV; amtsärztliches Gutachten - fachärztliche Stellungnahme; Lenkerberechtigungsentzug durch die BH Gmunden wegen gesundheitlicher Nichteignung aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens, welches sich auf ein fachärztlich neurologisch-psychiatrisches Gutachten stützt. Der UVS Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. VwGH: das amtsärztlichen Gutachten enthält nur "schizoaffekt. Störungen (negativer fachärztlicher Befund vom 25.5.2005)“. Auch wenn man davon ausgehen sollte, der Amtsarzt habe sich vollinhaltlich der Einschätzung der fachärztlichen Stellungnahme angeschlossen, fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung. Es fehlt an einer Begründung für die Annahme, warum dieses Zustandsbild Einfluss auf das Fahrverhalten haben könnte. Machte sich der amtsärztliches Sachverständige die im Vorbefund oder Gutachten vertretene Ansicht zu Eigen, stellte das Fehlen von näheren Ausführungen im Gutachten selbst keinen Verfahrensmangel dar, wenn das vor Gutachten schlüssig ist und den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht (2003/11/0256 vom 29.1.2004). Dies ist hier nicht der Fall. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
6. 2005/11/0154 vom 21.2.2006; Devolutionsantrag nach § 73 AVG; Aufhebung einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nach § 45 Absatz 6 KFG; die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hat der S. GmbH die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nach § 45 Abs. 6 KFG entzogen. Hinterlegung des Bescheides nach zwei Zustellversuchen. Der Landeshauptmann von Steiermark hat die dagegen erhobene Berufungen als verspätet zurückgewiesen. Devolutionsantrag nach § 73 AVG an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Der Bundesminister hat diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen, die Berufung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 1.9.2004 erledigt worden. VwGH: ein Devolutionsantrag ist nur zulässig, wenn die der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt, ansonsten ist der Devolutionsantrag zurückzuweisen. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages lag somit keine Säumnis des Landeshauptmannes vor. Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
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7. 2005/11/0152+ vom 21.2.2006; gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz; Versagung der Verlängerung einer befristeten Lenkberechtigung; § 8 Absatz 2 und 3 FSG; § 1 Absatz 1 Z. 1 und 3, § 2 Absatz 1 und 2, § 3 Absatz 3 FSG-GV; Vorgeschichte: 2003/11/0256 vom 29.1.2004: mit Ersatzbescheid vom 8.2.2005 hatte und weswegen die Berufung der Beschwerdeführerin wiederum mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen. Grund: negatives amtsärztliches Gutachten aufgrund einer negativen verkehrspsychologischen Stellungnahme. Gehört: dass die Erstellung der Gesamtbeurteilung im Rahmen eines amtsärztlichen Gutachtens zu erfolgen hat, ergibt sich nicht nur aus § 8 Absatz 2 und 3 FSG (" abschließendes“) in Verbindung mit § 3 Absatz 3 FSG-GV, sondern auch aus den Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Fall. Lassen Ufer des fortgesetzten Verfahren ist unvollständig geblieben. Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 4.1.2005 konnte im amtsärztlichen Gutachten vom 19.10.2004 naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden. Daran ändert nichts, dass sich der verkehrspsychologische Sachverständige mit den vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen auseinander gesetzt hat. Dies kann das gemäß § 8 FSG erforderliche amtsärztliche Gutachten nicht ersetzen. Aufhebung des UVS-Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
8. 2004/11/0129+ vom 21.2.2006; § 7 Abs.3 Z.12 FSG; § 28 SMG; § 50 Waffengesetz; §§ 127 bis 129 StGB; der UVS Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die Lenkerberechtigung für 24 Monate ab Zustellung des Mandatsbescheides der BH Perg von 21.5.2001 unter Nichtanrechnung der Haftzeiten entzogen und für dieselbe Zeitspanne nach § 30 Absatz 1 und § 32 FSG das Recht aberkannt, vom ungarischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.10.2001: fünf Jahre Freiheitsstrafe wegen der Verbrechen nach § 28 SMG un § 129 StGB. VwGH: Einführen und Inverkehrbringen von Suchtmitteln in und nach Österreich (Menge übersteigt das fünfundzwanzigfache der Grenzmenge). Der UVS Oberösterreich meint zurecht, die Tat des Beschwerdeführers sei besonders verwerflich und auch der lange Deliktszeitraum zu berücksichtigen. Es ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unerheblich, inwieweit die Delikte unter Verwendung von Kfz begangen wurden (2002/11/0158 vom 30.9.2002 mit weiteren Hinweisen). Es liegt jedenfalls diese bestimmte Tatsache vor. Die Wertung ergibt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Perg am 29.5.2001 noch verkehrsunzuverlässig war. Dies war auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (3 Jahre und zwei Monate nach der letzten Tatbegehung) der Fall. Von einer weiteren Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers kann aber ohne ergänzende Feststellungen nur für einen kurzen Zeitraum gesprochen werden. Haftzeiten sind auch bei Suchtmitteldelikten nicht ohne Bedeutung, sondern in die Prognose über den Zeitpunkt des Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit einzubeziehen, weil die Strafe auch spezialpräventiven Zwecken dient (2003/11/0189 vom 20.4.2004). Die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von weiteren 24 Monaten (zu diesem Zeitpunkt waren drei der vier Jahren Haft bereits verbüßt) bedeutet die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von zusammen sechs Jahren, was für den VwGH nach den bisherigen Darlegungen des Falls nicht nachvollziehbar ist. Aufhebung des UVS-Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
9. 2003/11/0025 vom 21.2.2006; § 7 Abs.3 Z.9 und Abs.4 FSG; §§ 206, 207 und 212 StGB; §§ 43 und StGB - bedingte Entlassung aus der Strafhaft; 15 Monate Freiheitsstrafe wegen Unzucht mit Minderjährigen im Instanzenzug durch das OLG Innsbruck. Bedingte Entlassung aus der Strafhaft durch Beschluss des OLG nach der Hälfte der Haft. Der Rest von sieben Monaten wurde bedingt mit Weisungen nachgesehen (Ersttäter und Therapien). Die BH Dornbirn hat dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für 12 Monate entzogen. Der Landeshauptmann von Vorarlberg hat im Bescheid vom 20.1.2003 die dagegen erhobene Berufung abgewiesen und ausgesprochen, dass die Entziehung mit Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides zu laufen beginnt. Die Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses, um sich an einem minderjährigen Kind zu vergehen, müsse als besonders verwerflich angesehen werden. VwGH: im Sinne des § 43 Abs. 11 letzter Satz FSG war das Entziehungsverfahren am 1.8.2002 bereits anhängig, weswegen der Landeshauptmann zur Entscheidung über die Berufung zuständig war. Der Lenkerberechtigungsentzug ist keine Strafe, es liegt daher kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor (2003/11/0311 vom 20.4.2004). Zwischen Tat und Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sind 16 Monate vergangen, von denen der Beschwerdeführer die Hälfte in Haft verbracht hat. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass sich der Betroffene während der Haft nicht bewähren könnte, steht im Widerspruch mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher die Haftzeiten für die zu stellende Prognose nicht ohne Bedeutung sind, weil die Strafe auch spezialpräventiven Erwägungen dient (Vorjudikatur). Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sind aber auch die Erwägungen der Strafgerichtes im Beschluss über die bedingte Entlassung aus der Strafhaft zu berücksichtigen (2005/11/0159 vom 24.1.2006). Kraftfahrrechtlich relevante Verstöße wurden nicht festgestellt. Es durfte der nicht davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides und darüber hinaus noch für die Dauer von mindestens drei Monaten die Verkehrsunzuverlässigkeit vorlag (2003/11/0015 vom 21.10.2004). Aufhebung des UVS-Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
10. 2005/11/0153+ vom 21.3.2006; § 7 Abs.2 (Auslandstat) und Abs.3 Z.2 FSG; § 28 Abs.2-5 SMG; bedingte Entlassung – seit der Tat verstrichene Zeit; Versuch, 203,5 kg Cannabiskraut von Frankreich nach England zu schmuggeln – rechtskräftige Bestrafung durch ein französisches Strafgericht zu zwei Jahren Haft und dreijähriges Aufenthaltsverbot. Die BH Mistelbach hat dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für zwei Jahre entzogen. Der UVS im Land Niederösterreich hat der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben. VwGH: Nach § 7 Abs.2 FSG sind im Ausland begangene Straftat nach Maßgabe der österreichischen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Selbst wenn man nur einen geringen THC-Gehalt unterstellt, konnte der UVS ohne Bedenken davon ausgehen, dass die in der Suchtgift-Grenzmengen-Verordnung festgesetzte Grenzmenge von 20g THC weit überschritten wurde und daher das Strafdelikt iSd § 28 Abs.2 SMG begangen wurde, womit die Verwirklichung der bestimmten Tatsache nach § 7 Abs.3 FSG zurecht angenommen wurde. Zurecht allerdings wendet sich der Beschwerdeführer gegen die zweijährige Entzugsdauer. Die Tat ist besonders verwerflich war die besonders große Menge zu dessen Lasten zu berücksichtigen, ebenso aber auch, daß sich das Verbrechen ausschließlich auf Cannabiskraut bezogen hat das, was die Eignung, Gewöhnung hervorzurufen, zu den weniger gefährlichen Suchtmitteln gehört. Dies hat letztlich Einfluß auf die Verwerflichkeit der Straftat und die Prognose für die Entzugsdauer (2002/11/0163 vom 6.7.2004). Der Beschwerdeführer ist überdies erstmalig straffällig geworden (Unbescholtenheit). Das französische Berufungsgericht hat überdies dem Antrag auf Bewilligung der Aussetzung des Strafrests (bedingte Entlassung).mit folgender Begründung stattgegeben: ernsthafte Bemühungen zur sozialen Wiedereingliederung. Auch dies ist bei der Prognoseentscheidung im Lenkberechtigungsentzugsverfahren zu berücksichtigen. Seit der Tat sind bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides 17 Monate vergangen, weswegen die Kraftfahrbehörden von einer Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von 41 Monaten ausgegangen sind, was zu lang ist. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
11. 2005/11/+ vom 21.3.2006; Verbrechen des § 28 Abs.2 und das Vergehen nach § 27 Abs.1 SMG; Nichteinrechnung von Haftzeiten in die Entzugsdauer; 20monatige unbedingte Freiheitsstrafe. Die BPD Wien hat dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für 24 Monate entzogen und das Lenken von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Der UVS Wien hat der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben. VwGH: zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides war der Beschwerdeführer jedenfalls verkehrsunzuverlässig (große Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt, zum Teil „harte Drogen“, Inkaufnehmen, dass die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet wird, Tatbegehung über einen längeren Zeitraum) und auch noch darüber hinaus, somit für mehr als 15 Monate nach der letzten Tathandlung. Haftzeiten sind auch bei Delikten nach dem SMG keineswegs ohne Bedeutung sondern in die Prognose über den Zeitpunkt es Wiedererlangens der Verkehrszuverlässigkeit einzubeziehen, insbesondere weil die Strafe auch spezialpräventiven Zwecken dient (2003/11/0189 mwH vom 20.4.2004). Unter Bedachtnahme auf das Ende des Tatzeitraumes im Juni 2004 hat der UVS zum Ausdruck gebracht, dass sie den Beschwerdeführer für die Dauer von 56 Monaten (Zustellung des Erstbescheides am 20.5.2005) als verkehrsunzuverlässig erachtet, was überzogen ist. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
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12. 2006/11/0019 vom 21.3.2006*; vorläufige Führerscheinabnahme nach erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung - § 39 Abs.1 FSG; der UVS Salzburg hat die auf Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde gegen die am 2.7.2005 von der PI Strobl gesetzte Maßnahme (vorläufige Führerscheinabnahme nach Geschwindigkeitsüberschreitung – 169 statt 100 km/h auf der B 158) nach § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c Abs.3 AVG abgewiesen. VwGH: nach § 39 Abs.1 4. Satz FSG steht es im Ermessen des Straßenaufsichtsorgans, bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen, die mit einem Lenkberechtigungsentzug geahndet werden, den Führerschein vorläufig abzunehmen. Der UVS hatte aufgrund der dagegen erhobenen Maßnahmenbeschwerde die Rechtmäßigkeit dieser Ermessensentscheidung zu überprüfen. Der Polizist konnte hier aufgrund des vom Beschwerdeführers bei der Anhaltung ins Treffen geführten „dringenden Firmentermins“ in Mattighofen und des auf ihm lastenden Zeitdrucks vertretbar annehmen, er werde bei Gestattung der Weiterfahrt diese in einer die Verkehrssicherheit gefährdenden Weise fortsetzen, weshalb ihm der Führerschein zurecht vorläufig abgenommen wurde; daran ändert nichts, dass im Bereich der Vorfallsstelle, an welcher die gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde, keine anderen Verkehrteilnehmer vorhanden waren, weil sich die Annahme des Beamten zum weiteren Fahrverhalten nicht nur auf diesen Bereich, sonder primär auf den anschließenden Zeitraum nach der Anhaltung zu beziehen hatte. Die Relevanz des Unterlassens der mündlichen Verkündung des UVS-Bescheides ist nicht erkennbar. Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
13. 2005/11/0214+ vom 6.4.2006; § 7 Abs.3 Z.2 FSG; Folgen der Tat nicht zu berücksichtigen - Verurteilung nach § 80 (81 Abs.1 Z.2) StGB – Bindungswirkung – kein Sonderfall der Entziehung; Lenkberechtigungsentzug keine (Neben)Strafe; das LG für Strafsachen Wien hat den Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, weil er mit 0,51 mg/l AAK als Pkw-Lenker eine am Schutzweg befindliche Fußgeherin zu spät bemerkt, zu Boden gestoßen und fahrlässig getötet hat. Die BPD Wien hat die Lenkberechtigung für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Führerscheinabnahme ohne Einrechnung der Haftzeiten, entzogen und das Lenken von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten und die aufschiebende Wirkung einer Berufung aberkannt. Der UVS Wien hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. VwGH: nach § 25 Abs.3 FSG ist bei der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Bindung an das strafgerichtliche Urteil, die diesbezüglichen Feststellung wurden vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Ein Sonderfall der Entziehung nach § 26 FSG liegt hier trotz der festgestellten Unbescholtenheit nicht vor, weil diese Bestimmung eine Übertretung des § 99 Abs.1 bis 1b StVO voraussetzt, nach der Subsidiaritätsbestimmung des § 99 Abs.6 lit. c StVO hier aber eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt. Wenn der UVS ausführt, es sei dem Beschwerdeführer ausreichend Zeit zum Nachdenken über die Folgen seiner Tat zu geben, ist ihm zu entgegnen, dass der Lenkberechtigungsentzug keine (Neben)Strafe darstellt sondern eine Maßnahme im Dienst der Verkehrssicherheit. Auch das Einhalten einer überhöhten Geschwindigkeit bei der Annäherung an einen Schutzweg beim Fahren gegen blendendes Sonnenlicht ist als besonders verwerflich zu berücksichtigen. Allerdings hat das Strafgericht die Qualifikation der besonders gefährliche Verhältnisse nach § 81 Abs.1 Z.1 StGB nicht angenommen. Die Unfallfolgen haben bei der Wertung der Tat außer Betracht zu bleiben (91/11/0033 vom 22.10.1991, 97/11/0217 vom 20.1.1998 u.a.). Der erstmaligen Tatbegehung (Unbescholtenheit) kommt maßgebliche Bedeutung zu (97/11/0217 vom 20.1.1998 u.a.). Die Annahme einer zumindest dreimonatigen Verkehrsunzuverlässigkeit ab Führerscheinabnahme ist nicht zu beanstanden (§ 25 Abs.3 FSG), auch nicht die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides. Ungeachtet der Verwerflichkeit der Tat hätte die belangte Behörde aber in Anbetracht der Unbescholtenheit zu einer wesentlich kürzeren Entzugsdauer kommen müssen, welche nicht wesentlich über den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides hinausgeht. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
14. 2006/11/0022+ vom 25.4.2006; §§ 24 Abs.1 Z.1, 30 Abs.3, 32 Abs.1 Z.1 FSG; Entziehung des in der Tschechischen Republik einem Österreicher erteilten Lenkberechtigung; aus § 30 Abs.1 und 3 FSG folgt, dass sich der Lenkberechtigungsentzug gemäß §§ 24 und 26 FSG grundsätzlich nur auf die Besitzer einer in Österreich erteilten Lenkberechtigung bezieht. Nur wenn der Besitzer seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt hat, keine eine ausländische, in einem EWR-Staat erteilte Lenkberechtigung entzogen werden. Dass ein Hauptwohnsitz in Österreich vorliegt, reicht nicht aus. Laut ZMR durchgehender Hauptwohnsitz in Österreich; daher allenfalls Lenkverbot nach § 30 Abs.3 FSG, allerdings auch nur dann, wenn Entzugsgründe vorliegen, was entsprechend zu begründen wäre. Keine Feststellungen zur Frage des Wohnsitzwechsels – Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
15. 2006/11/0042+ vom 25.4.2006*; § 24 Abs.1 Z.2 FSG – Einschränkung der Lenkberechtigung; § 3 Abs.1 Z.3 und § 8 FSG; §§ 3, 5, 14 und 17 FSG-GV –Bereitschaft zur Verkehrsanpassung = Teil der gesundheitlichen Eignung; wegen Alkotestverweigerung hat die BH Salzburg-Umgebung die Lenkberechtigung für vier Monate entzogen und begleitende Maßnahmen angeordnet. Nach Vorlage der verkehrspsychologischen Stellungnahme amtsärztliches Gutachten: derzeitige Nichteignung zum Lenken von Kfz mangels ausreichender Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Der UVS Salzburg hat der dagegen erhobenen Berufung dahingehend Folge gegeben, dass anstatt dem Lenkberechtigungsentzug eine Einschränkung der Lenkberechtigung nach § 24 Abs.1 Z.2 FSG verfügt wurde (alle zwei Monate Vorlage von Leberfunktionsparametern, amtsärztliches Gutachten binnen einem Jahr nach Wiederausfolgung des Führerscheins). Dies nach Einholung eines weiteren amtsärztlichen Gutachtens. Zeitweise erhöhter Alkoholkonsum, neurotisch ängstliche Persönlichkeitsstruktur mit angedeuteter Depression. Bei entsprechender Stimmungslage sei die Gefahr gegeben, dass das Unterlassen von Alkoholkonsum beim Lenken von Kfz nicht mehr gegeben ist. VwGH: der Grundsatz der Einheitlichkeit des Lenkberechtigungsentzugsverfahrens gilt nicht nur beim Lenkberechtigungsentzug, sondern auch im Fall der Einschränkung der Lenkberechtigung (2001/11/0064 vom 29.4.2003). Dieser Grundsatz steht hier diesen Maßnahmen nicht entgegen, weil § 26 FSG angewendet wurde (vom Gesetz festgesetzte Mindestentzugsdauer wurde verhängt). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht auch dann, wenn nach Erlassung eines Lenkberechtigungsentzugsbescheides wegen Verkehrsunzuverlässigkeit das Verfahren wegen einer gesundheitlichen Nichteignung weitergeführt wird. Eine Nachuntersuchung ist nach § 8 Abs.2 FSG dann notwendig, wenn eine „Krankheit“ vorliegt, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kfz führenden Verschlechterung gerechnet werden muss, was sich aus dem amtsärztlichen Gutachten konkret ergeben muss. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist Teil der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz. Dabei kommt es auf eine völlige Alkoholkarenz nicht an. Solches ergibt sich gegenständlich aus dem amtsärztlichen Gutachten nicht, auch nicht aus dem vorgelegten neurolgoisch-psychiatrischen Facharztgutachten. Es ist (§ 17 Abs.1 FSG-GV) auch nicht zu mehreren Vorentzügen innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu relativ schwer wiegenden Verkehrsverstößen gekommen. Absolute Alkoholkarenz ist für die Annahme der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht vorauszusetzen. Kein Vorwurf der Alkoholabhängigkeit bzw. eines gehäuften Mißbrauchs. Der Beschwerdeführer hat überdies die Nachschulung erfolgreich absolviert, es ist daher nicht erkennbar, dass die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz des Beschwerdeführers zum Lenken von Kfz nur für einen bestimmten Zeitraum angenommen werden könnte oder ohne diese Kontrolle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht zu erwarten sei. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
16. 2003/11/0054 vom 23.5.2006; Erteilung der Lenkberechtigung; gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz – kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit – mittlere Reaktionszeit von 1,02 sec - § 3 Abs.1, § 5 Abs.4, § 36 Abs.2 FSG; Abweisung des Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse „B“ im Instanzenzug durch den LH von Vorarlberg. VwGH: keine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Nichtübermittlung der verkehrspsychologischen Stellungnahme. Dem Beschwerdeführer wurde von der Erstbehörde das amtsärztliche Gutachten zur Kenntnis gebracht, mit dem Hinweis, dass er in den Akt Einsicht nehmen und sich dazu schriftlich äußern kann; das Gutachten bezieht sich ausdrücklich auf die verkehrspsychologische Stellungnahme. Durch die Aufforderung zur Akteneinsichtnahme ist das Parteiengehör gewahrt worden. § 36 Abs.2 FSG regelt bloß die sachliche Zuständigkeit des Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Ermächtigungen zur Durchführung von verkehrspsychologischen Untersuchungen (VPU) zu erteilen, enthält aber keine Verordnungsermächtigung. Diese findet sich in § 8 Abs.6 Z.3 FSG. In den §§ 19 bis 21 FSG-GV wurde diese festgelegt, von einem rechtsfreien Raum kann daher keine Rede sein. Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
17. 2003/11/0100+ vom 23.5.2006; Einheitlichkeit des Lenkberechtigungsentzugs-verfahrens; wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit über 0,8 mg/l AAK vier Monate Lenkberechtigungsentzug samt begleitenden Maßnahmen (Nachschulung, verkehrspsychologische Untersuchung (VPU), amtsärztliches Gutachten) mit Bescheid der BPD Wien vom 19.8.2002 (Entzug der Lenkberechtigung) sowie vom 10.9.2002 (begleitende Maßnahmen). Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen. Verkehrspsychologische Stellungnahme: kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit o.k., aber keine Eignung zum Lenken von Kfz aufgrund der Befundlage zur Persönlichkeit (Risikofaktoren betreffend Tatwiederholung – regelmäßiger Alkoholkonsum und Alkoholgewöhnung). Das darauf gestützte amtsärztliche Gutachten: nicht geeignet wegen Verdacht auf regelmäßigen Alkoholkonsum und Vorliegen von Risikofaktoren. Mit Bescheid vom 16.12.2002 Lenkberechtigungsentzug für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung samt Lenkverbot. Abweisung der dagegen erhobenen Berufung durch den UVS Wien. VwGH: Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil kein Parteiengehör zum amtsärztlichen Gutachten sowie zur verkehrspsychologischen Stellungnahme gewährt wurde. Entgegen der Meinung des UVS Wien kann der Lenkberechtigungsentzug für diese Dauer auch nicht auf Verkehrsunzuverlässigkeit gestützt werden. Die gesundheitliche Nichteignung kann wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Lenkberechtigungsentzugsverfahrens (2001/11/0342 vom 22.3.2002 und 2006/11/0042 vom 25.4.2006) nicht als Grundlage für einen neuerlichen Entzug herangezogen werden. Von einer Schlüssigkeit des amtsärztlichen Gutachtens kann keine Rede sein, weil der Verdacht auf regelmäßigen Alkoholkonsum für die Annahme der gesundheitlichen Nichteignung nicht ausreicht (2002/11/0110 vom 29.4.2003 und 2001/11/0266 vom 27.11.2001). Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
18. 2003/11/0247 vom 23.5.2006; § 14 Abs.3 FSG-GV; § 24 Abs.3 FSG; Vorstellung - Devolutionsantrag; Lenken eines Kfz in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand; Vorgeschichte: VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0254+; einmonatiger Lenkberechtigungsentzug durch die BH St. Pölten wegen Übertretung des § 99 Abs.1b StVO sowie Verpflichtung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz vor Wiederausfolgung des Führerscheins. Über die gegen diesen Mandatsbescheid erhobene Vorstellung hat der LH von Nö. im Devolutionswege entschieden und das Rechtsmittel abgewiesen (den Mandatsbescheid bestätigt). Abweisung der dagegen erhobenen Berufung durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. VwGH: der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, sondern nur dagegen, dass solches „neuerlich“ angeordnet worden sei. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Er ist schon wieder im Besitz des Führerscheins, was nach § 28 Abs.1 FSG voraussetzt, dass keine Gründ für einen weiteren Lenkberechtigungsentzug gegeben sind. Der Bescheid ist daher nicht so zu verstehen, dass eine Führerscheinwiederausfolgung nur nach Beibringung eines weiteren amtsärztlichen Gutachtens möglich wäre. Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
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19. 2004/11/0230+ vom 23.5.2006; § 8 Abs.1+3, § 24 Abs.2+4, § 26 Abs.5, gesundheitliche Eignung und Lenkverbot nach § 32 Abs.1 FSG; § 19 AVG; der LH von Wien hat die Beschwerdeführerin im Instanzenzug nach § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich binnen zwei Wochen ab Bescheidzustellung beim Verkehrsamt der BPD Wien einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, widrigenfalls die Lenkberechtigung wegen Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz entzogen wird. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der VwGH im Erkenntnis vom 20.4.2004, 2003/11/0243, abgewiesen. Mit dem nun angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung bis zur Befolgung dieses rechtskräftig erteilten Auftrags entzogen und gleichzeitig das Lenken von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. VwGH: entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin kann im Lenkberechtigungsentzugsverfahren die Rechtmäßigkeit des rechtskräftigen Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG nicht mehr überprüft werden. Diesbezüglich Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Anders verhält es sich aber betreffend das ausgesprochene Lenkverbot nach § 32 Abs.1 FSG. Nun ist zwar die Nichteignung infolge Verkehrsunzuverlässigkeit, was das Lenken der in § 32 Abs.1 FSG genannten Fahrzeuge anbelangt, nicht anders zu beurteilen als in Bezug auf andere Kfz (2002/11/0166 vom 21.10.2004). Hingegen kann die gesundheitliche Eignung zum Lenken dieser Fahrzeuge anders beurteilt werden als jene betreffend die Gruppen 1 und 2 (2004/11/0125 sowie 0149 vom 24.1.2006). Der LH von Wien hat im Aufforderungsbescheid ausdrücklich nur den Lenkberechtigungsentzug angedroht und damit zum Ausdruck gebracht, dass sich dieser nur auf die damals bestandenen Lenkberechtigungen (Klasse B) bezog. Es fehlt somit an einem Aufforderungsbescheid, welcher ein der Formalentziehung nach § 24 Abs.4 FSG vergleichbares „Formallenkverbot“ tragen könnte. Diesbezüglich Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
20. 2003/11/0061+ vom 23.5.2006; Wiederausfolgung des Führerscheins; Erlöschen der Lenkberechtigung nach § 27 Abs.1 Z.1 FSG; § 43 Abs.11 FSG – Zuständigkeit des LH zur Berufungsentscheidung; 5 Monate Lenkberechtigungsentzug durch die BH ST. Pölten nach § 26 Abs.2 FSG wegen Verkehrsunzuverlässigkeit (Alkoholdelikt). Daraufhin rechtskräftiger Lenkberechtigungsentzug nach § 25 Abs.2 FSG wegen gesundheitlicher Nichteignung. Ein halbes Jahr später hat der Beschwerdeführer die Wiederausfolgung seines Führerscheins beantragt (die Wiedererteilung der Lenkberechtigung). Befristete Erteilung der Lenkberechtigung der Klassen A, B und F auf ein Jahr und Ausfolgung des Führerscheins. Abweisung des Antrages betreffend die Klassen C, E und G, weil die Entzugsdauer mehr als 18 Monate betrug. Der ÖH von Nö. hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen und darauf hingewiesen, dass die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers nach § 27 Abs.1 Z.1 FSG erloschen ist. VwGH: das Verfahren war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der FSG-Novelle am 1.8.2002 bereits anhängig, weswegen nach § 43 Abs.11 FSG der Landeshauptmann zur Entscheidung über die Berufung zuständig war. Die Entzugsdauer endet mit dem Wiedererlangen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz und nicht erst mit dem Vorliegen des amtsärztlichen Gutachtens. Diesen Zeitpunkt hat die Behörde festzustellen, wenn sie einen vor Ablauf der 18 Monate gestellten Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheins mit der Begründung abweisen will, die Lenkberechtigung sei erloschen. Ist dieser Zeitpunkt nicht feststellbar, kann nicht vom Erlöschen der Berechtigung ausgegangen werden. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Ausfolgung des Führerscheins kommt es nicht an (2002/11/0060). Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass die aktenkundigen amtsärztlichen Gutachten, welche in der Begründung nur Stichworte enthalten, dem Erfordernis der Schlüssigkeit nicht entsprechen. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
21. 2003/11/0077+ vom 23.5.2006; §§ 66 und 74 Abs.1 KFG; § 66 Abs.2 lit. f KFG – besonders gefährliche Verhältnisse; die BH Steyr-Land hat die Lenkberechtigung vorübergehend nach § 74 Abs.1 KFG entzogen, weil der Beschwerdeführer am 19.10.1996 unter besonders gefährlichen Verhältnissen eine Schülerin auf der Fahrbahn niedergestoßen und schwer verletzt hat. Mit Abblendlicht hätte er laut Sachverständigengutachten nicht schneller als 65 km/h fahren dürfen, er sei aber mit 88 km/h unterwegs gewesen. Verurteilung durch das Strafgericht zu einer bedingten Geldstrafe. Nach Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens hat der LH von Oö. die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. VwGH: bei Inkrafttreten des FSG war dieses Verfahren bereits anhängig und daher nach dem KFG und nicht nach dem FSG weiterzuführen und abzuschließen. Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid der BH Steyr-Land war daher der LH nach § 41 Abs. 1a in Verbindung mit § 43 Abs.11 FSG zuständig (2003/11/0025 mwH vom 21.2.2006). Der Beschwerdeführer hat bereits in der Vorstellung vorgebracht, sofort den Pkw nach links verrissen zu haben, als die Kinder aus dem Sichtschatten des Gegenverkehrs herausgekommen sind, er hat somit entgegen der Annahme der belangten Behörde sehr wohl Maßnahmen zur Verhinderung des Unfalls gesetzt. Es ist nicht entscheidend, ob die festgestellte Geschwindigkeit auf einem schlüssigen Sachverständigengutachten beruht, das Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit ist nur dann unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen, wenn diese ihrerseits erheblich war, andererseits an einem besonders gefährlichen Ort erfolgte (welcher im Gesetz beispielsweise aufgezählt ist). Dass sich in der Nähe der Unfallstelle Häuser befinden, reicht für die Annahme von besonders gefährlichen Verhältnissen nicht aus., ebensowenig, dass im gerichtlichen Strafprozess ein schuldhaftes Verhalten angelastet (und festgestellt) wurde. Das Verhalten des Beschwerdeführers verwirklichte daher kein bestimmte Tatsache iSd § 66 KFG. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
22. 2003/11/0190+ vom 20.6.2006; § 7 Abs.3 Z.12, Abs.4+5 FSG; § 28 SMG; § 43 Abs.1 StGB – bedingte Strafnachsicht; der UVS Salzburg hat im Instanzenzug den Antrag des Beschwerdeführer auf Erteilung der Lenkberechtigung verschiedener Klassen nach § 5 Abs.4 und § 7 FSG abgewiesen, weil er durch das LG Salzburg rechtskräftig nach § 28 Abs.2+4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, zur Gänze bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden ist. Dies stelle die bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z.12 FSG dar, welche die Verkehrszuverlässigkeit ausschließe. VwGH: entgegen der Rechtsansicht des UVS hat der VwGH in seiner jüngsten Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die bedingte Strafnachsicht zwar nicht für sich allein zwingend dazu führt, dass der Betreffende als verkehrszuverlässig anzusehen ist, weil sich die Gesichtspunkte nicht zur Gänze decken. Die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad der Schuld, das Vorleben und das Verhalten nach der Tat sind aber auch nach § 43 Abs.1 StGB zu berücksichtigen und handelt es sich dabei durchaus um Umstände, die für die in § 7 Abs.5 FSG vorgesehenen Wertungskriterien von Bedeutung sein können (2000/11/0038 vom 23.10.2001, 2000/11/0235 vom 20.9.2001 und 2001/11/0406 vom 23.4.2002). Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
23. 2006/11/0040+ vom 20.6.2006*; § 24 Abs.3 FSG – Nachschulung schon bei unter 0,60 mg/l und erst nach positivem amtsärztlichen Gutachten ? § 17 Abs.1 FSG-GV – Bereitschaft zur Verkehrsanpassung; wegen Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,55 mg/l AAK (Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO) hat die BH Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für 9 Monate entzogen und angeordnet, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen und eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren (zweites einschlägiges Delikt binnen zwei Jahren sowie eine Übertretung nach § 14 Abs.8 FSG – Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit über 0,25 mg/l). Der UVS Salzburg hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheidspruch dahin abgeändert, dass nach § 24 Abs.3 FSG die Nachschulung auf eigene Kosten zu absolvieren ist, falls das amtsärztliche Gutachten die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz attestiert. VwGH: nach dem zweiten Satz des § 24 Abs.3 FSG ist bei einer Übertretung nach § 99 Abs.1 oder 1a StVO zwingend eine Nachschulung anzuordnen. Bei einer Übertretung nach § 99 Abs. 1b StVO ist dies nicht der Fall, der Beschwerdeführer hat aber 20 Monate vor dem gegenständlichen Vorfall einen Pkw mit 0,62 mg/l gelenkt und nur 7,5 Monate später eine Übertretung des § 14 Abs.8 FSG begangen (über 0,25 mg/l), lediglich ein halbes Jahr später fang die gegenständliche Übertretung statt, die vorher angeordnete und absolvierte Nachschulung hat offensichtlich nicht die entsprechende Wirkung gezeigt. Die Nachschulungsanordnung ist nicht zu beanstanden. Nach § 17 Abs.1 FSG-GV ist die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung „jedenfalls“ dann anzunehmen, wenn binnen 5 Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde oder eine Bestrafung wegen Alkotestverweigerung oder Verweigerung der Blutabnahme erfolgte. Die festgestellten gravierenden Verstöße des Beschwerdeführers gegen Verkehrsvorschriften berechtigen im Zusammenhang mit dem Lenkberechtigungsentzug gemäß § 24 Abs.3 FSG vom Beschwerdeführer auch ein amtsärztliches Gutachten betreffend die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz zu verlangen, auch wenn diese Maßnahme allein aufgrund des Anlassfalls nicht zwingend anzuordnen wäre. Dennoch kommt der Beschwerde betreffend die Nachschulungsanordnung Berechtigung zu, weil sich für den Ausspruch des UVS im Gesetz für die zeitliche Vorgabe und die inhaltliche Verknüpfung der Nachschulung mit dem amtsärztlichen Gutachten keine Grundlage findet. Eine Bedingung für die Nachschulung kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Eine begleitende Maßnahme darf nicht so spät erfolgen, dass daraus eine Verschlechterung der Rechtsposition des Betroffenen entsteht. Der UVS hätte daher die Nachschulungsanordnung nicht an das Vorliegen eines positiven amtsärztlichen Gutachtens betreffend die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz binden dürfen. Diesbezüglich Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
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24. 2003/11/0192+ vom 20.6.2006; § 24 Abs.4 FSG – amtsärztliches Gutachten vorzulegen bzw. sich amtsärztlich untersuchen zu lasse, ist nicht Dasselbe; hier ist die im Erkenntnis des VwGH vom 17.3.2005, 2004/11/0014, dargestellte Rechtslage anzuwenden, auf welche nach § 43 Abs.2 VwGG verwiesen wird. Der UVS Vorarlberg war somit nicht berechtigt, die Beschwerdeführerin aufzufordern, „ein amtsärztliches Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz vorzulegen“. Der Ersatz für Eingabegebühr, welche über den in § 24 Abs.3 VwGG genannten Betrag hinausgeht, ist nicht möglich. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
25. 2003/11/0184 vom 20.6.2006; § 26 Abs.2 FSG; Alkotestverweigerung; §§ 31 Abs.1+3 VStG; keine Bindungswirkung an die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung; Lenkberechtigungsentzug durch die BH Melk für etwas mehr als zwei Monate (bis zum Ablauf der Befristung der Lenkberechtigung) wegen Alkotestverweigerung (bei der Amtshandlung in einen Garten geflüchtet und sich dort versteckt). Augrund der dagegen erhobenen Berufung hat der LH von Niederösterreich ausgesprochen, dass die Lenkberechtigung für zwei Jahre wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen wird. Keine Bindung an die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren wegen Alkotestverweigerung wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung, die Führerscheinbehörde habe in einem solchen Fall selbst zu beurteilen, ob der Proband die Übertretung (Alkotestverweigerung) „begangen“ hat. VwGH: das Lenkberechtigungsentzugsverfahren war am 1.8.2002 anhängig, weswegen nach § 43 FSG der LH zur Entscheidung über die Berufung zuständig war. Auch wenn der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid zur Entzugsdauer nicht bekämpft hat, kenn dieser Ausspruch nicht in Teilrechtskraft erwachsen, weil die Festsetzung der Entzugsdauer in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Ausspruch über die Entziehung steht (VwSlg. 11.237/A und VwGH vom 11.4.2000, 2000/11/0051). Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren wegen Verfolgungsverjährung hat die Führerscheinbehörden nicht gehindert, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Im Lenkberechtigungsentzugsverfahren macht es keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer den Alkotest um 23.05 oder um 23.30 Uhr verweigert hat. Schon mit dem Entfernen vom Untersuchungsort war der Tatbestand der Alkotestverweigerung erfüllt und das Delikt abgeschlossen. Keine konkreten Ausführungen in der Beschwerde gegen die Angemessenheit der Entzugsdauer, dies ist nicht überzogen (2002/11/0036 vom 27.2.2004 – wiederholte Begehung von Alkoholdelikten). Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
26. 2003/11/0179 vom 20.6.2006; §§ 25 Abs.2, 32 Abs.1 Z.1 und 8 Abs.3 FSG; Ablieferung des Mopedausweises, Beobachtungsfahrt; der 80jährigen Beschwerdeführerin wurde die Lenkberechtigung wegen mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung und mangelnder kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit auf der Grundlage der eingeholten verkehrspsychologische Stellungnahme und des darauf gestützten amtsärztlichen Gutachtens) entzogen. Der Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Klasse B wurde von der BH Salzburg-Umgebung abgewiesen und das Verbot des Lenkens von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen nach § 32 FSG ausgesprochen. Der LH von Salzburg hat mit Bescheid vom 15.1.2003 den als Antrag auf Aufhebung des BH-Bescheides zu deutenden Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen und die Verpflichtung ausgesprochen, den Mopedausweis unverzüglich bei der Behörde abzuliefern. VwGH: da das Lenkverbot mit dem Fahlen der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung und der mangelnden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit , also mit verkehrspsychologisch relevanten Umständen begründet wurde, war die Frage der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz nach § 8 Abs.2 FSG auf der Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens zu beurteilen. Verweigerung der Mitwirkung der Beschwerdeführerin an der amtsärztlichen Untersuchung, weswegen das Ermittlungsergebnis der behördlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden konnte. Schlüssige Beweiswürdigung der Behörde, warum sie dem amtsärztlichen Gutachten den Vorrang vor dem vorgelegten Gegengutachten gegeben hat. Hier lag eine sichere Entscheidungsgrundlage vor, weswegen eine Beobachtungsfahrt nach § 8 Abs.2 FSG nicht durchgeführt werden mußte. Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
27. 2003/11/0168+ vom 20.6.2006; § 26 Abs.2+8 FSG; ex-tunc-Wirkung eines VwGH-Erkenntnisses; Wiederausfolgung des Führerscheins – Erlöschen der Lenkberechtigung nach § 27 Abs.1 Z.1 FSG wegen verspäteter Absolvierung der Nachschulung; Vorgeschichte: 2003/11/0140 vom 24.6.2003: Aufhebung des Entziehungsbescheides. Der LH von Vorarlberg hat im Instanzenzug den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederausfolgung seines Führerscheins 20 Monate nach Beginn des Lenkberechtigungsentzugs mit der Begründung abgewiesen, dass die Lenkberechtigung erloschen ist, weil der Beschwerdeführer die angeordnete Nachschulung erst nach mehr als 18 Monaten nach Beginn der Entzugsdauer absolviert hat. VwGH: die bloße Erhebung einer VwGH-Beschwerde enthebt nicht von der Verpflichtung, der Nachschulungsanordnung nachzukommen. Dennoch ist der Hinweis in der Beschwerde auf das zitierte VwGH-Erkenntnis zielführend, weil der Entscheidung des VwGH über eine Beschwerde ex-tunc-Wirkung zukommt. Der Rechtszustand zwischen Bescheiderlassung und Aufhebung durch den VwGH ist daher so zu beurteilen, als ob der angefochtene und aufgehobene Bescheid von Anfang an nie erlassen worden wäre (2004/11/0118 vom 27.1.2005). Zum Zeitpunkt der neuerlichen Bescheiderlassung in diesem Verfahren war daher die Lenkberechtigung nicht rechtskräftig entzogen und konnte die Lenkberechtigung in diesem Zeitpunkt daher nicht erloschen sein. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
28. 2003/11/0162+ vom 20.6.2006; Wiederausfolgung des Führerscheins; § 28 Abs.1 Z.1+2 FSG - § 43 Abs.11 FSG – Zuständigkeit des Landeshauptmanns; Vorgeschichte: 2001/11/0102+ vom 23.4.2002: Aufhebung des Berufungsbescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften (Begründungsmängel in der verkehrspsychologischen Stellungnahme und im amtsärztlichen Gutachten). Mit Ersatzbescheid vom 25.3.2003 hat der LH von Vorarlberg den Wiederausfolgungsantrag des Beschwerdeführers abermals abgewiesen, weil er der Aufforderung, sich neuerlich einer verkehrspsychologische Untersuchung zu unterziehen, nicht nachgekommen ist. Eine verkehrspsychologische Stellungnahme sei nach § 17 Abs.1 Z.2 FSG-GV Voraussetzung für ein amtsärztliches Gutachten, welches zum Entscheidungszeitpunkt nach § 8 Abs.1 FSG nicht älter als ein Jahr sein darf. VwGH: das Lenkberechtigungsentzugsverfahren war am 1.8.2002 bereits anhängig, weswegen der LH nach § 43 Abs.11 letzter Satz FSG zur Entscheidung über die Berufung zuständig war. Die 5. FSG-Novelle (BGBl. I Nr. 81/2002) hat eine wesentliche Änderung der Rechtslage betreffend die Voraussetzungen für die Ausfolgung des Führerscheins gebracht. Jetzt muss die weitere Entziehung der Lenkberechtigung nach § 28 Abs.1 Z.2 FSG mit Bescheid ausgesprochen werden, ein solcher liegt hier aber nicht vor. Vor Geltung dieser Novelle hatte die Wiederausfolgung des Führerscheins schon dann zu unterbleiben, wenn bloß Gründe für die weitere Entziehung der Lenkberechtigung gegeben waren. Aufhebung des Berufungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
29. 2004/11/0099+ vom 25.7.2006; § 3 Abs.1 Z.2, § 7 Abs.3+4 FSG; § 142 StGB; § 33 und § 42 Abs.2 Z.3 lit. b VwGG; VwGH-Beschwerde gegenstandslos; Abweisung des Antrags der Erteilung der Lenkberechtigung durch die BPD Wien nach § 3 Abs.1 Z.2 FSG. Bestätigung dieses Bescheides durch den UVS Wien. Grund: Verurteilung durch den Jugendgerichtshof wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs.1 StGB und § 5 Z.4 JGG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, gänzlich bedingt nach § 43 Abs.1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren im Jahr 2002 und im Jahr 2003 eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, ebenfalls zur Gänze bedingt auf drei Jahre wegen Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB. VwGH: Der Beschwerdeführer hat dem VwGH mitgeteilt, dass ihm mittlerweile die Lenkberechtigung erteilt worden und er kein rechtliches Interesse an der inhaltlichen Erledigung seiner Beschwerde mehr habe. § 33 Abs.1 VwGG ist nicht auf die formelle Klaglosstellung beschränkt (2003/11/0044 vom 23.5.2003). Nach § 58 Abs.2 VwGG ist bei der Kostenentscheidung der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteressen nicht mehr zu berücksichtigen. Der UVS Wien hat es unterlassen, die näheren Tatumstände und den Tatzeitraum festzustellen, weswegen die Wertung der Tat nicht nachvollziehbar ist. Die Entscheidung über die Kosten hat hier somit keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
30. 2005/11/0097+ vom 25.7.2006; §§ 3 Abs.1 Z.3, 24 Abs.1 Z.1 und Abs.4 FSG; Lenkberechtigungsentzug für die Dauer der gesundheitliche Nichteignung zum Lenken von Kfz. Der UVS im Land Nö. hat diese Entscheidung bestätigt. VwGH: der UVS hätte im Einzelnen begründen müssen, welche gesundheitlichen Mängel der Beschwerdeführer aufweist. Die Ausführungen des amtsärztlichen Sachverständigen und ihm folgend die Begründung der belangten Behörde vermögen die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz nicht zu stützen. Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Eine Kostenentscheidung entfällt, da dem Beschwerdeführer bereits im Erkenntnis vom 28.3.2006, 2005/03/0135, Kosten zugesprochen wurden.
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31. 2003/11/0228+ vom 17.10.2006; § 7 Abs.3 Z.12 FSG - § 28 SMG; 18monatiger Lenkberechtigungsentzug durch die BH Feldkirch samt Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung mit Bescheid vom 8.4.2003. Der UVS Vorarlberg hat am 21.7.2003 die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Rechtskräftige Verurteilung durch das LG Feldkirch wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 und des Vergehens nach § 27 SMG (Suchtgift in großen Mengen in Verkehr gesetzt - § 28 Abs.6 SMG etc.; Tatzeiträume 1989 bis 2002). VwGH: Bindung des UVS an die rechtskräftige Verurteilung, daher auch vom Überschreiten der Grenzmenge nach § 28 Abs.6 SMG, es liegt daher die bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z.12 FSG vor. Von einer Qualifikation der Suchtgiftmenge nach § 28 Abs.4 Z.3 SMG ist die Behörde ohnehin nicht ausgegangen. Nach § 28 SMG sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen besonders verwerflich. Aufgrund des langen Tatzeitraumes durfte der UVS davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des BH-Bescheides (am 11.4.2003) und danach noch für jedenfalls drei Monate (§ 25 Abs.3 FSG) verkehrsunzuverlässig war. Allerdings erweist sich die mit 18 Monaten bemessene Entzugsdauer (das entspricht ab dem Tatzeitende einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 21 Monaten) als zu lang. Die Art der (beabsichtigten) Verwendung des Suchtmittels hat wesentlichen Einfluss auf das Wertungskriterium der Verwerflichkeit (2000/11/0235 vom 20.9.2001, 2001/11/0357 vom 25.2.2003). Bei Berücksichtigung der genauen Tatumstände im Sinne des Strafurteils wäre der UVS zu einer kürzeren Entziehungsdauer gelangt. Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
32. 2003/11/0302+ vom 17.10.2006; § 24 Abs.4 FSG – Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme; Aufforderung der BH Weiz mit Bescheid an den Beschwerdeführer, ein amtsärztliches Gutachten einer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz vorzulegen und dass hiefür eine verkehrspsychologische Stellungnahme notwendig ist. Grund: schwerer Verkehrsunfall im Jahr 1992 und dadurch körperlich schwer behindert. 1997 sei ihm Lenkberechtigung dahin eingeschränkt worden, dass di erlaubte Fahrgeschwindigkeit nur 50 km/h und der Aktionsradius 100 km beträgt. Neuerlicher Verkehrsunfall. Der UVS für die Steiermark hat die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. VwGH: Umstände, welche vor Erteilung der Lenkberechtigung gelegen sind, können nicht für die Begründung der Bedenken nach § 24 Abs.4 FSG herangezogen werden (99/11/0279 vom 20.9.2001). Nach der (zitierten) Judikatur sind diese Bedenken im Bescheid nachvollziehbar darzulegen. Ein besonders auffälliges Fahrverhalten kann aus dem Verkehrsunfall aus 2003 nicht abgeleitet werden (dies im Gegensatz zu 2002/11/0230 vom 18.3.2003). Auch die amtsärztliche Stellungnahme war nicht geeignet, solche Bedenken zu begründen, weil darin nicht ausgeführt wird, welche der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers schon vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung bestanden haben (99/11/0279 vom 20.9.2001). Im Akt findet sich überdies ein Gutachten derselben Amtsärztin vom 22.4.2003, welches von beiden Verfahrensparteien unangesprochen blieb, wonach die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz lediglich unter der Auflage der Verwendung einer Brille und eines Automatikgetriebes bestätigt wird, was im diametralen Gegensatz zum angefochtenen Bescheid steht.
33. 2003/11/0281+ vom 17.10.2006; § 7 Abs.3 Z.11 FSG - §§ 127 bis 129 StGB – Einbruchsdiebstahl, Diebstahl und Hehlerei nach § 164 Abs.2 StGB; bedingte Strafnachsicht nach § 43 Abs.1 StGB; rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das LG Feldkirch wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls in Mittäterschaft, des Verbrechens des schweren Diebstahls als Alleintäter und des Vergehens der Hehlerei zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, bedingt ausgesprochen unter einer Probezeit von drei Jahren. 12 Monate Lenkberechtigungsentzug durch die Erstbehörde, der UVS Vorarlberg hat in Entscheidung über die Berufung die Entzugsdauer auf 9 Monate herabgesetzt. VwGH: von den Diebstahlstatbeständen des StGB ist in § 7 Abs.3 Z.11 FSG zwar nur jener des § 131 explizit genannt, nach der Judikatur ist auch die Häufung von Einbruchsdiebstählen insbesondere wenn dabei Kfz verwendet werden oder bei Zusammentreffen mit anderen Straftaten geeignet, die Gleichwertigkeit zu § 131 StGB und somit eine bestimmte Tatsache herzustellen, welche zur Verkehrsunzuverlässigkeit führen kann (zit. Vorjudikatur). Dies ist hier aufgrund des Vorliegens mehrerer Straftaten der Fall, dennoch ist der Beschwerde aber Erfolg beschieden und der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Das Vorliegen einer bestimmten Tatsache reicht zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht aus, diese muss vielmehr iSd § 7 Abs.4 FSG einer Wertung unterzogen werden, ob anzunehmen ist, der Betreffende werde wegen seiner Sinnesart weitere schwere Straftaten begehen. Der UVS hat sich mit den Erwägungen des Strafgerichts, die zur bedingten Strafnachsicht geführt haben, nicht auseinander gesetzt. Diese bedeutet zwar nicht automatisch das Vorliegen der Verkehrszuverlässigkeit, dies ist für die Wertung der Tat(en) nach § 7 Abs.4 FSG bedeutsam. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lässt überdies nicht erkennen, ob die herabgesetzte Entzugszeit allfällige Haftzeiten einschließt oder ob dies nicht einzurechnen sind. Es genügt überdies zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 Z.2 FSG nicht, dass weitere strafbare Handlungen „nicht ausgeschlossen“ werden können, vielmehr muss die Annahme berechtigt sein, der Betreffende werde sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen (2002/11/0019 vom 23.4.2002). Kostenpflichtige Aufhebung des UVS-Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
34. 2003/11/0318+ vom 17.10.2006; § 45 Abs.2 und § 58 Abs.2 AVG; § 8 Abs.2 FSG – gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz – Anforderungen an ein amtsärztliches Gutachten; Lenkberechtigungsentzug durch die BPD Graz für acht Monate sowie Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Daraufhin Entzug der Lenkberechtigung wegen gesundheitliche Nichteignung zum Lenken von Kfz wegen negativer verkehrspsychologischer Stellungnahme und negativem amtsärztlichen Gutachten. VwGH: die amtsärztlichen Gutachten vom 2.7. und 29.9.2003 widersprechen einander. Der UVS für die Steiermark hat sich dem Gutachten vom 2.7. angeschlossen, welches aber nicht stichwortartig ist und keine nachvollziehbare Begründung aufweist. Dagegen ist das Gutachten vom 29.9. nachvollziehbar, wenn diesem auch die notwendige Auseinandersetzung (2000/11/0287 vom 20.2.2001) mit dem Ergebnis der verkehrspsychologischen Stellungnahme fehlt. Der UVS hat es unterlassen, die amtsärztliche Gutachtensergänzung in Auftrag zu geben. Aufgrund der Unvollständigkeit beider Gutachten war der UVS nicht berechtigt, diese seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung im Jahr 1996 bestand die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz, weswegen Rückschlüsse aufgrund eines Verhaltens davor zur Begründung der gesundheitlichen Nichteignung nicht zulässig sind. Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
35. 2006/11/0071+ vom 17.10.2006; Zurückweisung einer „Berufung“; ist das Rechtsmittel eine Vorstellung oder eine Berufung ? wegen Geschwindigkeitsüberschreitung hat die BH Kufstein dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung aller Klassen für die Dauer von zwei Wochen nach § 26 Abs.3 und § 7 Abs.3 Z. 4 FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und für diese Zeitspanne auch ein Verbot des Lenkens von Mofas, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ausgesprochen. In diesem Bescheid wurde die Bestimmung des § 57 Abs.1 AVG (Mandatsbescheid) zitiert, die Rechtsmittelbelehrung enthält die Möglichkeit der Einbringung einer Berufung. Der UVS in Tirol hat die dagegen erhobene Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, dass gegen einem Mandatsbescheid nur die Vorstellung zulässig sei, welche nicht aufsteigend ist. Eine Berufung sei nicht zulässig gewesen. VwGH: nach der Rechtsprechung kann ein Rechtsmittel nicht als Vorstellung angesehen werden, wenn darin die Entscheidung der Berufungsbehörde beantragt wird (99/11/0226 mwN vom 20.3.2001). Dies ist auch hier der Fall. Die Berufung wäre daher nur dann unzulässig, wenn der Bescheid der BH Kufstein als Mandatsbescheid nach § 57 Abs.1 AVG zu werten wäre, was nicht der Fall ist. Die Bezeichnung des Bescheides als „Mandatsbescheid“ ist nicht entscheidend, vielmehr muss sich die Behörde unmissverständlich auf § 57 Abs.1 AVG gestützt haben. Die Erlassung eines Mandatsbescheides ist die Ausnahme (zitierte Vorjudikatur). Für das Vorliegen eines Mandatsbescheides könnte hier das Fehlen eines Ermittlungsverfahrens sprechen, Hier hat der Lenkberechtigungsentzugsbescheid mehrere Spruchpunkte umfasst. Für das Vorliegen eines Mandatsbescheides spricht nur die Zitierung des § 57 AVG und das Fehlen eines Ermittlungsverfahrens, dagegen spricht aber die Rechtsmittelbelehrung für die Zulässigkeit der Berufung und das Fehlen jeglicher Bezugnahme auf die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme. Im Zweifel ist daher der Auslegung der Vorzug zu geben, dass kein Mandatsbescheid vorliegt. Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
36. 2006/11/0120+ vom 17.10.2006; Verkehrsunzuverlässigkeit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu beurteilen; § 7 Abs.3 Z.9 FSG - § 202 StGB – geschlechtliche Nötigung; rechtskräftige Verurteilung durch das LGS Graz wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs.1 StGB zu 12 Monaten Freiheitsstrafe, davon 9 Monate bedingt auf drei Jahre. Die BH Deutschlandsberg hat die Lenkberechtigung für acht Monate entzogen, der UVS für die Steiermark hat die Entzugsdauer auf fünf Monate reduziert. VwGH: ein Lenkberechtigungsentzug ist nach § 25 Abs.3 FSG nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung mit Recht annehmen durfte, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit aktuell vorliegt und diese nicht vor Ablauf von drei Monaten enden werde (2001/11/0149 vom 23.4.2002). Ausgehend vom Tatzeitpunkt ergibt sich, dass der fünfmonatige Lenkberechtigungsentzug bedeutet, dass die Behörde angenommen hat, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit für zumindest 26 Monate vorlag. Die vom UVS angenommenen Wertungskriterien können diese Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit aber nicht tragen. Seit der Tat sind 21 Monate verstrichen und kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Großteil der Strafe bedingt nachgesehen wurde (§ 7 Abs.4 FSG iVm § 43 Abs.1 StGB). Auch seither hat er sich wohl verhalten. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt noch für mindestens drei Monat verkehrsunzuverlässig war. Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
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37. 2003/11/0314+ vom 21.11.2006; zwangsweise Abnahme der Pkw-Kennzeichentafeln; Maßnahmenbeschwerde – Kostenersatz nach § 79a AVG; der UVS in Tirol hat einer Maßnahmenbeschwerde nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm § 67c Abs.3 AVG statt gegeben und festgestellt, dass diese Maßnahme eine Verletzung des Eigentumsrechts dargestellt hat. In Spruchpunkt II. dieses Bescheides hat der UVS nach § 79a AVG iVm der Aufwandsersatz-Verordnung BGBl. II Nr. 334/2003 € 660,80,-- für Schriftsatzaufwand und € 826,-- für Verhandlungsaufwand, gesamt somit € 1.486,80,-- zugesprochen. VwGH: in der Beschwerde wird geltend gemacht, dass nicht auch der verzeichnete Aufwand für zwei Verhandlungen, Fahrtkosten und Eingabegebühren zugesprochen wurde. Für den Ersatz des Verhandlungsaufwandes gemäß § 79a Abs.4 Z.3 AVG ist ein Pauschbetrag festgesetzt worden, weswegen entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht relevant ist, wie viele Verhandlungen vor dem UVS stattgefunden und wie lange diese gedauert haben (Wesen einer Pauschalierung). Da der Beschwerdeführer aber auch die Kosten der Fahrt zur Verhandlung und die Einhabegebühr in sein Kostenverzeichnis aufgenommen hat, hätte sich der UVS auch mit diesen Begehren auseinander setzen müssen, was er nicht getan hat – Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
38. 2005/11/0168+ vom 21.11.2006; § 28 SMG und Verkehrszuverlässigkeit; Einrechnung von Haftzeiten – Bedeutung der (teil)bedingten Strafnachsicht; das LG Wels hat den Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei Jahre bedingt (Probezeit: drei Jahre) wegen des Erwerbs und Besitzes von 2kg Kokain (Wirkstoffgehalt: 286g Cocain HCI), mit dem Vorsatz, dieses in Verkehr zu bringen nach § 28 Abs.1 erster und zweiter Fall StGB und wegen der Vergehen nach § 27 Abs.1 SMG (Überlassen von 0,8g Kokain im Zuge eines Scheinkaufs an einen verdeckten Ermittler des BMI) sowie §§ 105 und 106 Abs.1 Z.1 StGB (schwere Nötigung), des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs.1 bis 4 StGB, des Vergehens des Glückspiels nach § 268 Abs.1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 StGB. Die BH Vöcklabruck hat dem Beschwerdeführer deswegen die Lenkberechtigungsentzug für die Dauer von zwei Jahren ab Haftentlassung (23.2.2005 bis 23.2.2007) entzogen und ein amtsärztliches Gutachten betreffend seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz angeordnet. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung nach § 64 Abs.2 AVG. Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) des Landes Oberösterreich hat die dagegen erhobene Berufung betreffend Entzugszeit abgewiesen und die Anordnung der Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens aufgehoben. Der Betroffene werde sich nach Ansicht des UVS aufgrund der erleichternden Umstände, welche beim Lenken von Kfz gegeben sind, weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen. VwGH: Bindung des UVS an das rechtskräftige Strafurteil, die Feststellungen zum Tatgeschehen werden vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten. Auch wenn der Tatbestand des § 28 Abs.1 SMG in den bestimmten Tatsachen des § 7 Abs.3 FSG nicht expressis verbis genannt ist, so ist aufgrund des Strafurteils am Vorliegen dieser bestimmten Tatsache nicht zu zweifeln (… große Menge … harte Drogen ….). Dieses Verhalten ist mit dem Verbrechen iSd § 28 Abs.2 SMG vergleichbar, weswegen eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 FSG vorliegt. Die Beschwerde ist dennoch begründet, weil Haftzeiten auch bei Delikten nach dem SMG keineswegs ohne Bedeutung sind sondern in die Prognose über den Zeitpunkt des Wiedererlangens der Verkehrszuverlässigkeit mit einzubeziehen sind, weil die Strafe auch spezialpräventiven Erwägungen dient (2005/11/0196 mwH vom 21.3.2006). Die bedingte Strafnachsicht führt zwar nicht für sich alleine zwingend zur Annahme der Verkehrszuverlässigkeit, die Gründe, welche zur (teil)bedingten Strafnachsicht durch das Strafgericht geführt haben (Art der Tat, Person des Rechtsbrechers, Grad der Schuld, Vorleben, Verhalten nach der Tat) sind aber im Einzelfall durchwegs Umstände, welche für die in § 7 Abs.4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können. Der UVS erwähnt zwar dies Rechtsprechung, misst ihr aber im Hinblick auf den weit überwiegenden Teil von 2/3 der bedingten Strafnaschsicht zu wenig Bedeutung zu. Eine 24monatige Entzugsdauer ab Haftentlassung bedeutet implizit die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von 35 Monaten, was unter den gegebenen Umständen verfehlt ist. Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
39. 2006/11/0146+ vom 18.12.2006; § 23 Abs.3 FSG – Umschreibung einer nigerianischen Lenkberechtigung in eine österreichische; der UVS Oö. hat im Instanzenzug den Antrag auf Umtausch eines nigerianischen Führerscheins in eine österreichische Lenkberechtigung der Klasse B mit der Begründung ab, dass eine Lenkberechtigung, welche in Österreich nach dem Gesetz nicht verwendet werden darf, könne auch nicht in eine österreichische Lenkberechtigung umgewandelt werde; Nigeria seit weder EWR-Staat noch Vertragspartei des Pariser, Genfer oder Wiener Übereinkommens betreffend Straßenverkehr. VwGH: der angefochtene Berufungsbescheid ist inhaltlich rechtswidrig, weil es in diesem Fall nicht um das Lenken von Kfz in Österreich geht sondern ausschließlich um die Frage, ob auf der Grundlage der nigerianischen eine österreichische Lenkberechtigung mit gleichem Berechtigungsumfang zu erteilen ist. Dieser Auslegung steht § 23 Abs.3 FSG entgegen, welcher von einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung spricht; dass dieser Staat Vertragspartei einer der drei genannten Abkommen sein müsste, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die vom UVS gewählte einschränkende Auslegung ist auch den Materialien der 5. FSG-Novelle nicht zu entnehmen. Der UVS hätte daher das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 23 Abs.3 Z.1 bis 5 FSG prüfen müssen.
40. 2006/11/0076+ vom 18.12.2006; § 7 Abs.3 Z.11 FSG; § 28 Abs.2 SMG; § 43 Abs.1 StGB – bedingte Strafnachsicht; Einrechnung von Haftzeiten in die Entzugszeit; Bedeutung der Unbescholtenheit; der UVS Wien hat dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die Lenkberechtigung für die Dauer von 19 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Erstbescheides und ohne Einrechnung allfälliger Haftzeiten, entzogen, weil vom LG für Strafsachen Wien rechtskräftig nach § 28 Abs.2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, zur Gänze nach § 43 Abs.1 StGB bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochen, verurteilt worden ist (Suchtmittel in einem die Grenzmenge übersteigenden Ausmaß in Verkehr gesetzt bzw. zur Einfuhr nach Österreich beigetragen). Aufgrund dieser Beschwerde gab der VwGH dem UVS mit Verfügung vom 17.5.2006 die Gelegenheit, binnen drei Wochen ein Vorbringen zu erstatten, welches geeignet wäre, das Vorliegen der in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen (zu lange Entzugsdauer und Bedeutung der bedingten Strafnachsicht bei Suchtmitteldelikten sowie der bisherigen Unbescholtenheit – 2002/11/0165 vom 25.11.2003, 2005/11/0042 vom 28.4.2005 sowie 2002/11/0165 und 0223) als nicht gegeben erkennen zu lassen. Im Schreiben vom 7.6.2006 verteidigt der UVS Wien seinen Bescheid. VwGH: aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 SMG liegt die bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z.11 FSG vor, auch wenn der Beschwerdeführer zum Teil nur als Beitragstäter gehandelt hat. Dem UVS-Bescheid ist nicht zu entnehmen, wann diese Straftaten begangen wurden und welche Zeit zwischen Straftaten und Strafurteil vergangen ist. Auch wenn diese Straftaten unmittelbar vor dem Strafurteil begangen worden wären, wäre der UVS daher implizit davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer für 22 Monate verkehrsunzuverlässig ist. Dass das Strafgericht den sofortigen Vollzug des Urteils nicht für erforderlich erachtet hat, ist im Sinne der neueren Judikatur des VwGH auch im Lenkberechtigungsentzugsverfahren beachtlich (2003/11/0190 vom 20.6.2006). Auch in Anbetracht der Unbescholtenheit ist die Annahme einer 22monatigen Verkehrsunzuverlässigkeit nicht haltbar. Für das fortgesetzte Verfahren ist dem UVS auch die neuere Judikatur zur Nichteinrechnung der Haftzeiten in die Entzugsdauer in Erinnerung zu rufen (2004/11/0129 vom 21.2.2006 und 2005/11/0196 vom 21.3.2006). Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
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