EGMR
Österreichische Fälle
bis heute hat der EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
früher: die EKMR (Europäische Kommission für Menschenrechte)
1744 Entscheidungen (416 Urteile und 1328 Beschlüsse)
in österreichischen Fällen getroffen
( Aktualität: 01 10 2024 )
Im Jahr 2024 gibt es 3 Entscheidungen des EGMR in österreichischen Fällen:
Gemeinnützige Privatstiftung Anas Schakfeh gegen Österreich; Beschluss des EGMR vom 30.1.2024, BeschwNr. 37.772/22: Art.6 Abs.2 EMRK – Unschuldsvermutung iZm einer öffentlichen Aussage während des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens. Unzulässigkeit der Beschwerde.
Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich gegen Österreich; Urteil des EGMR vom 5.3.2024, BeschwNr. 64.220/19; Verletzung des Art.9 EMRK (6:1 Stimmen) Zuspruch einer gerechten Entschädigung von 10.000 Euro für immateriellen Schaden und 20.000 Euro an Kosten und Auslagen.
Bielau gegen Österreich; Urteil des EGMR vom 27.8.2024, BeschwNr. 20.007/22; keine Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit des Art.10 EMRK (6:1 Stimmen) Bestrafung eines Arztes durch die Ärztekammer wegen Übertretung des § 136 ÄrzteG – Geldstrafe von 2.000 Euro, bestätigt vom LVwG Steiermark iZm Äußerungen im Internet, wonach Impfungen nicht vor Krankheiten schützen würden. Der VfGH hat die Behandlung der Beschwerde abgelehnt, der VwGH die Revision abgewiesen. Dieser Eingriff in das Recht auf Meinungsäußerung ist gesetzlich vorgesehen, verfolgt ein legitimes Ziel und ist in einer demokratischen Gesellschaft notwendig. Die Geldstrafe ist überdies sehr niedrig (1/18 des Strafrahmens).
2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 |
12 Fälle | 14 Fälle | 11 Fälle |
6 Fälle | 11 Fälle |
2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 |
12 Fälle | 38 Fälle | 23 Fälle | 15 Fälle | 16 Fälle |
2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 |
27 Fälle | 41 Fälle | 26 Fälle | 32 Fälle | 23 Fälle |
2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 |
32 Fälle | 37 Fälle | 40 Fälle | 53 Fälle | 51 Fälle |
2003 | 2002 | 2001 | 2000 | 1999 |
69 Fälle | 60 Fälle | 69 Fälle | 74 Fälle | 39 Fälle |
1998 | 1997 | 1996 | 1995 | 1994 |
40 Fälle | 79 Fälle | 108 Fälle | 107 Fälle | 109 Fälle |
1993 | 1992 | 1991 | 1990 | 1989 |
96 Fälle | 55 Fälle | 58 Fälle | 32 Fälle | 28 Fälle |
1988 | 1987 | 1986 | 1985 | 1984 |
26 Fälle | 36 Fälle | 9 Fälle | 3 Fälle | 1 Fall |
1983 | 1982 | 1981 | 1980 | 1979 |
1 Fall | 1 Fall | kein Fall | kein Fall | 1 Fall |
1978 | 1977 | 1976 | 1975 | 1974 |
kein Fall | 1 Fall | 1 Fall | 1 Fall | 6 Fälle |
1973 | 1972 | 1971 | 1970 | 1969 |
6 Fälle | 4 Fälle | 9 Fälle | 5 Fälle | 4 Fälle |
1968 | 1967 | 1966 | 1965 | 1964 |
4 Fälle | 12 Fälle | 3 Fälle | 3 Fälle | 4 Fälle |
1963 | 1962 | 1961 | 1960 | 1959 |
6 Fälle | 2 Fälle | 2 Fälle | kein Fall | kein Fall |
Die Rechtsprechung des E G M R
( Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte )
zum Führerscheinrecht
Malige – Frankreich; Urteil vom 23.9.1998; BeschwNr. 27.812/95; Entzug der Lenkberechtigung für die Dauer von 15 Tagen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Art.6 EMRK ist anwendbar (mit einer Nebenstrafe vergleichbar) aber nicht verletzt; keine unverhältnismäßige Sanktion, führt sie doch nicht sofort zum Führerscheinverlust und können Punkte durch dreijähriges Wohlverhalten bzw. einen Kurs zurückgewonnen werden.
Escoubet – Belgien; Urteil der Großen Kammer vom 28.10.1999; BeschwNr. 26.780/95; die sofortige Beschlagnahme des Führerscheins bei vermuteter Alkoholisierung im Sinne des belgischen Gesetzes für 15 Tage ist eine präventive Maßnahme iSd der Verkehrssicherheit und keine strafrechtliche Anklage (criminal charge iSd Art.6 EMRK). Der Beschwerdeführer hat seinen Führerschein nach 6 Tagen zurückbekommen; das ist keine unverhältnismäßige Maßnahme. Art.6 EMRK ist nicht anwendbar, die Frage der Verletzung des Art.13 EMRK muss daher nicht geprüft werden.
Mulot – Frankreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 14.12.1999; BeschwNr. 37.211/97; beim Lenkberechtigungsentzug handelt es sich um keine strafrechtliche Anklage iSd Art.4 des 7.ZP zur EMRK (Doppelbestrafungsverbot) – Unzulässigkeit der Beschwerde iSd Art.35 Abs.3+4 EMRK.
R.T. – Schweiz; Zulässigkeitsentscheidung vom 30.5.2000; BeschwNr. 31.982/96; 4 Monate Lenkberechtigungsentzug durch das Straßenverkehrsamt wegen Lenkens eines Kfz im alkoholisierten Zustand mit 1,5%o. Die schweizer Behörden haben die drei im Gesetz vorgesehenen Sanktionen für dieses Delikt ausgesprochen: Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Lenkberechtigungsentzug. Diese Sanktionen wurden zur selben Zeit von zwei verschiedenen Behörden ausgesprochen, einem Strafgericht und einer Verwaltungsbehörde. Keine Wiederholung des Strafverfahrens, keine Verletzung des Art.4 des 7. ZP zur EMRK (Doppelbestrafung). Unzulässigkeit der Beschwerde auch in diesem Punkt.
Blokker – Niederlande; Zulässigkeitsentscheidung vom 7.11.2000; BeschwNr. 45.282/99; Verurteilung zu 2.500 NGL und sechs Monaten Lenkberechtigungsentzug, letzteres unter Setzung einer Probezeit von zwei Jahren. In der Folge hat der Verkehrsminister eine Nachschulung („EMA“) angeordnet, deren Kosten von 500 NGL der Beschwerdeführer selbst zu tragen hat; Belehrung, dass die Lenkberechtigung ihre Gültigkeit verliert, wenn er diese Maßnahme nicht befolgt. Abweisung der dagegen erhobenen Berufung. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hat die angeordnete Nachschulung Strafcharakter und sei das Doppelbestrafungsverbot verletzt. Unzulässigkeit der Beschwerde zur relevierten Doppelbestrafung ratione materiae, weil die Niederlande Art.4 des 7.ZP zur EMR nicht ratifiziert haben. Zu Art.6 EMRK: drei Kriterien zur Prüfung der Frage, ob eine strafrechtliche Anklage vorliegt. Die Nachschulung ist die Folge des Ergebnisses des Alkoholtests und völlig unabhängig von einem Strafverfahren. Diese ist eine Erziehungsmaßnahme für den Betroffenen und dient dem Schutz der Verkehrssicherheit. Daran ändern die Kosten hiefür nichts, diese sind vergleichbar mit den Kosten zum Erwerb der Lenkberechtigung. Dies gilt auch für das allfällige ungültig werden der Lenkberechtigung im Fall der Nichtbefolgung der Anordnung. Art.6 EMRK ist nicht anwendbar – Unzulässigkeit der Beschwerde.
Hangl – Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 20.3.2001, BeschwerdeNr. 38.716/97; zweiwöchiger Entzug der Lenkberechtigung wegen einer qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung – keine unzulässige Doppelbestrafung iSd Art.4 des 7.ZP zur EMRK. Wegen Nichtausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ist die Beschwerde auch zu Art.6 Abs.1 EMRK unzulässig.
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Nilsson – Schweden; Zulässigkeitsentscheidung vom 13.12.2005; BeschwNr. 73.661/01; 18 Monate Lenkberechtigungsentzug ist eine strafrechtliche Anklage iSd Art.6 und 7 EMRK; so hat dies bereits der schwedische VwGH gesehen; diese Sanktion ist auch schwerwiegend. Diese Bestimmungen sind zur Auslegung des Begriffes „criminal charge“ bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens einer Doppelbestrafung iSd Art.4 des 7.ZP zur EMRK heranzuziehen. Der Lenkberechtigungsentzug war eine direkte und vorhersehbare Konsequenz des Strafurteils und entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kein zweites Strafverfahren. Auch wenn zwei verschiedene Behörden in zwei verschiedenen Verfahren entschieden haben, gab es einen sachlichen und zeitlichen Konnex zur Tat und war der Lenkberechtigungsentzug ein Teil der Sanktionen für die Tat. Das Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung war daher kein neuerliches Strafverfahren – Unzulässigkeit der Beschwerde iSd Art.35 Abs.3+4 EMRK.
Maszni – Rumänien; Urteil vom 21.9.2006, BeschwNr. 59.892/03; auch wenn der Entzug der Lenkberechtigung im innerstaatlichen Recht eine administrative Maßnahme ist, hat dieser aufgrund seiner Schwere strafrechtlichen Charakter. Keine Verletzung des Art.4 des 7. ZP zur EMRK (Doppelbestrafung); der Entzug der Lenkberechtigung ist eine Folge der strafgerichtlichen Verurteilung und keine neue Anklage.
Singh gegen Frankreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 13.11.2008, BeschwNr. 24.479/07. Ausstellung eines Führerscheins nur aufgrund eines Fotos ohne Turban. Religionsfreiheit (Art.9 EMRK). Unzulässigkeit der Beschwerde, weil gesetzlich vorgesehen, Verfolgung eines legitimen Ziels (öffentliche Sicherheit) und auch in einer demokratischen Gesellschaft notwendig iSd Art.9 Abs.2 EMRK, um den Fahrer identifizieren zu können und sich über die Fahrerlaubnis zu vergewissern. Dies stellt überdies nur eine punktuelle Maßnahme dar – Eingriff gerechtfertigt und verhältnismäßig zum verfolgten Ziel.
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Wagner – Luxemburg; Urteil vom 6.10.2011, BeschwerdeNr. 43.490/08; Geldbuße von 750 Euro gegen den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines Kfz, weil er es erlaubt hat, dass dieses überladen auf öffentlichen Straßen verwendet wird; diese blieb unangefochten. Wenige Monate später hat ihn das Ministerium darüber informiert, dass deshalb vor Punkte im Punkteführerscheinsystem abgezogen worden sind. Wäre er schon im Bußgeldverfahren (im Strafbefehl) davon informiert worden, hätte er noch die Möglichkeit gehabt, den Schuldspruch zu bekämpfen, jetzt sei es zu spät. Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK, weil die Information über den Punkteabzug erst zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, zu welchem die Verteidigung gegen die Anschuldigung nicht mehr möglich war.
Toma – Rumänien; Urteil vom 24.1.2012, BeschwNr. 1.051/06; Entzug der Lenkberechtigung zehn Jahre nach der Tat (Lenken eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand). Dies war zum Tatbegehungszeitpunkt in Rumänien noch nicht strafbar – Unvorhersehbarkeit für den Betroffenen. Zurückweisung der Einrede der Regierung, dass Art.7 EMRK auf ein derartiges Administrativverfahren nicht anwendbar ist, weil diese Maßnahme eine strafrechtliche Anklage iSd Art.7 darstellt (punitiver und ahndender Charakter). Unzulässigkeit der rückwirkenden Anwendung eines Strafgesetzes zu ungunsten des Betroffenen – Verletzung dieser Konventionsbestimmung.
Romet – Niederlande; Urteil vom 14.2.2012; BeschwNr. 7.094/06; keine entsprechende Maßnahmen des Staates zur Verhinderung des Missbrauchs des als verloren gemeldeten Führerscheins. Anmeldung von 1.737 Fahrzeugen aufgrund der Daten dieses Führerscheins ohne Zustimmung des Beschwerdeführers – viele Verwaltungsstrafverfahren. Verletzung des Art.8 EMRK; Unzulässigkeit der Beschwerde zu Art.6 Abs.2 und Art.7 EMRK.
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Boman – Finnland; Urteil vom 17.2.2015; BeschwNr. 41.604/11; wegen Verschuldens eines schweren Verkehrsunfalls hat das Strafgericht neben einer Geldstrafe die Lenkberechtigung für fünf Monate entzogen. In der Folge hat die Polizei einen Anschlussentzug in der Dauer von zwei Monaten verhängt, weil der Beschwerdeführer bei dieser Fahrt nicht im Besitz einer Lenkberechtigung war. Dieser Entzug ist sowohl eine administrative Sicherungsmaßnahme als auch eine strafrechtliche Sanktion, was auch vom schwedischen VwGH in seiner Entscheidung so gesehen wurde und auch von den Parteien des Verfahrens vor dem EGMR nicht bestritten ist. Auch wenn diese Sanktionen von zwei verschiedenen Institutionen verhängt wurden, stehen diese dennoch in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang und stellen damit eine Einheit dar. Keine Verletzung des Doppelbestrafungsverbots nach Art.4 des 7.ZP zur EMRK.
Becker – Österreich; Urteil vom 11.6.2015, BeschwNr. 19.844/08; ein viermonatiger Entzug der Lenkberechtigung ist mangels Schwere der Maßnahme noch keine strafrechtliche Sanktion, Art.6 EMRK ist aber unter seinem zivilrechtlichen Aspekt anwendbar.Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK – keine mündliche Verhandlung vor dem VwGH. Von neun Versuchen am Alkomaten war nur einer gültig. Der Polizist hat dann mit diesem Gerät einen erfolgreichen Versuch unternommen, weswegen die Funktionstüchtigkeit des Gerätes festgestellt worden ist. Der VwGH war der Ansicht, dass eine Verhandlung keine weitere Klärung des Sachverhalts bringen würde. Dieser war hier die einzige Instanz mit Tribunalcharakter. Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art.35 Abs.1 EMRK zum Argument der Unfairness des Verfahrens, weil keine Beschwerde an den VfGH erhoben worden ist – Nichtausschöpfung der innerstaatlichen Rechtbehelfe.
Rivard – Schweiz; Urteil vom 4.10.2016, BeschwerdeNr. 21.563/12; CHF 600,– wegen Geschwindigkeitsüberschreitung sowie Fahrverbot für einen Monat. Dass der Entzug der Lenkberechtigung eine strafrechtliche Anklage darstellt, ist zwischen den Verfahrensparteien unbestritten und wurde von den schweizer Gerichten anerkannt. Der Entzug der Lenkberechtigung stellt neben der Bestrafung aber keine unzulässige Doppelbestrafung iSd Art.4 des 7. ZP zur EMRK dar.
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O´ Halloran & Francis – UK; Urteil der Großen Kammer vom 29.6.2007; BeschwNr. 15.809/02 und 25.624/02; die Verpflichtung des Kfz-Zulassungsbesitzers zur Lenkerauskunft verletzt das Recht zu schweigen und sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, nicht. Nach Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden beide nach § 172 StVO unter Strafandrohung zur Lenkerauskunft aufgefordert. Der erste gab an, selbst gefahren zu sein und beantragte unter Berufung auf Art.6 EMRK, sein Geständnis nicht als Beweis zuzulassen – Verhängung einer Geldstrafe. Der zweite verweigerte die Auskunft und deshalb bestraft. Art.6 Abs.1 EMRK ist anwendbar, aber kein absolutes Recht. Dem ErstBf war es unbenommen, Beweis zu seiner Entlastung zu führen; die Lenkereigenschaft ist nur eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, weswegen es zu einer Verurteilung allein aufgrund der Lenkerauskunft nicht kommen kann. Auch beim ZweitBf ist der Wesensgehalt des Rechts zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten, nicht zerstört. Keine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK; eine gesonderte Prüfung der Verletzung des Abs.2 (Unschuldsvermutung) ist nicht notwendig.
Matijasic – Kroatien; Beschluss vom 8.6.2021, BeschwerdeNr. 38.771/15; Art.4 des 7. ZP zur EMRK – Doppelbestrafung – Unzulässigkeit der Beschwerde. Nach Bestrafung wegen Übertretungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung wegen Überschreitung der zulässigen neun Punkte binnen zwei Jahren im Führerscheinregister die Lenkberechtigung entzogen. Dies ist keine strafrechtliche Anklage sondern eine behördliche Präventivmaßnahme, welche bei Tatbegehung klar voraussehbar war.
Im Jahr 2 0 2 1 gibt es neben den sechs Urteilen und vier Beschlüssen des EGMR bis 26. Oktober auch neun sogenannte communicated cases; das sind Fälle, in welchen die österreichische Regierung mit der Menschenrechtsbeschwerde befasst und Gelegenheit geboten wird, dazu eine Stellungnahme abzugeben.
E G M R – österreichische Fälle 2 0 2 2 :
Kilches – Österreich; Urteil des EGMR vom 10.2.2022, BeschwNr. 51.683/19; Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK wegen unangemessen langer Dauer eines Sorgerechtsstreits vor dem BG Innere Stadt und dem LGZ Wien von mehr als neun Jahren.
Yazdi – Österreich; BeschwNr.63.543/19; communicated case; Verfahren betreffend Kindesobsorge vor dem BG Graz-West und dem LGZ Graz. Der OGH die Urteile dieser Gerichte aus Gründen der Rechtssicherheit aufgehoben und den Antrag auf Übertragung der Obsorge abgewiesen. § 181 ABGB. Fragen des EGMR an Österreich: Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK – Fairness sowie des Rechts auf Familienleben nach Art.8 EMRK ?
Mediengruppe Österreich GmbH – Österreich; Urteil des EGMR vom 26.4.2022, BeschwNr.37.713/18; Art.10 EMRK – Pressefreiheit. Der OGH hat der Beschwerdeführerin untersagt, ohne Zustimmung ein Foto zu veröffentlichen, wenn er gleichzeitig als (vor 20 Jahren) verurteilter Neonazi bezeichnet wird. Entgegen dem HG und dem OLG Wien hat der OGH eine Interessensabwägung anhand geeigneter Kriterien vorgenommen. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet – keine Verletzung des Art.10 EMRK (4:3 Stimmen).
S.W. – Österreich; BeschwerdeNr. 1928/19; Zulässigkeitsentscheidung vom 6.9.2022; Eintragungen von Daten einer Kindesadoption in die Geburtsurkunde nach dem PersonenstandsG. Aus der Geburtsurkunde des Kindes geht nicht hervor, ob die Adoption durch den zweiten Elternteil erfolgt ist es ist die Rubrik „Vater/Elternteil“ und „Mutter/Elternteil“ vorgesehen. Kein Anschein einer Verletzung des Art.14 iVm Art.8 EMRK – Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art.35 Abs.3 lit.a und Abs.4 EMRK.
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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Hauser – Österreich; BeschwNr. 7626/18, Zulässigkeitsentscheidung vom 6.9.2022 – Unzulässigkeit der Beschwerde. Art.6 Abs.1 EMRK – fair: Unterlassung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art.267 AEUV; der VfGH hat in seinem Ablehnungsbeschluss auf G 52/2016 verwiesen und entsprechend begründet, warum er ein Vorabentscheidungsersuchen (hier: betreffend Bestimmungen des FAGG) an den EuGH nicht für notwendig erachtet. Kein Anschein einer Parteilichkeit
Vracko – Österreich; BeschwNr. 14023/19; Beschluss vom 6.9.2022; Art.6 Abs.1 EMRK – Fairness; Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art.34 Abs.3 lit.a und Abs.4 EMRK. Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des AVRAG (Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen) vor der BH ZE (Geldstrafe von 18.000 Euro), bestätigt vom LVwG Tirol. Der VfGH hat die Behandlung der Beschwerde abgelehnt, der VwGH hat im Beschluss vom 22.10.2018, Ra 2018/11/0047, die ao. Revision als unzulässig zurückgewiesen und das vom Beschuldigten angeregte Vorabentscheidungsersuchen nach Art.267 AEUV an den EuGH nicht gestellt und dies näher begründet und darauf hingewiesen, dass diese Fragen im Wesentlichen bereits an den EuGH herangetragen wurden. Der Beschuldigte argumentiert mit der Unverhältnismäßigkeit der im AVRAG für dieses Vergehen vorgesehenen strengen Strafen (C-490/04 und C-210/10) iZm der RL 2014/67/EU und Art.49 Abs.3 GRC. Kein Anschein einer Unfairness des Verfahrens.
Klinc – Österreich, BeschwNr. 14031/19; Beschluss vom 6.9.2022; Zurückweisung der Beschwerde nach Art.34 Abs.3 lit.a und Abs.4 EMRK als unzulässig; 12 Euro Geldstrafe durch den Bürgermeister von Innsbruck wegen Übertretung des AVRAG, bestätigt durch das LVwG Tirol. Der VfGH hat die Behandlung der Beschwerde abgelehnt, der VwGH hat die Behandlung der ao. Revision zurückgewiesen und das vom Beschuldigten angeregte Vorabentscheidungsersuchen nach Art.267 AEUV an den EuGH nicht gestellt. Der EGMR verweist im Besonderen auf das Urteil vom 11.4.2019, BeschwNr. 50053/16 im Fall Harisch gegen die BRD – Anforderungen an die Begründung für ein Absehen von der Einbringung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art.267 AEUV an den EuGH durch das nationale Gericht. Kein Anschein einer Unfairness.
Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich – Österreich; BeschwNr.64.220/19; communicated case; die österreichische Regierung wurde vom EGMR am 28.1.2022 ersucht, zur Frage Stellung zu nehmen, ob der innerstaatliche Instanzenzug iSd Art.35 Abs.1 EMRK ausgeschöpft wurde und ob Art.6 Abs.1 EMRK in seiner zivilrechtlichen Ausgestaltung auf diesen Fall anwendbar ist und wenn ja, ob das Verfahren übermäßig lange gedauert hat. Stellt die Verweigerung der Anerkennung als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft eine Verletzung des Art.9 Abs.1 EMRK dar ?
P.W. – Österreich; Urteil vom 21.6.2022, BeschwNr.10.425/19; § 21 StGB – Anstaltsunterbringung; § 289 StGB – Widerstand gegen die Staatsfgewalt. Die Entscheidung des Strafgerichts, kein weiteres Gutachten einzuholen, ist weder unbegründet noch parteilich (kein Anschein der Willkür oder offenkundigen Unvernunft). Unzulässigkeit der Beschwerde zur Fairness des Verfahrens nach Art.6 Abs.1 EMRK. Keine Verletzung des Art.5 Abs.1 lit.e (Inhaftierung) EMRK, weil diese dazu unsubstantiiert ist.
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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RA Dr. Postlmayr, Mattighofen | postlmayr@estermann-partner.at |
MS Bet Sportwetten GmbH & Co KG – Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 18.10.2022, BeschwNr.15.480/19; die Weigerung des VfGH und des VwGH, die beantragte Vorabentscheidung nach Art.267 AEUV vom EuGH einzuholen, stellt keine Verletzung des Fairnessgebot des Art.6 Abs.1 EMRK dar. Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art.35 Abs.3 lit.a und Abs.4 EMRK. Ausreichende Begründung für die Abstandnahme der Einholung der Vorabentscheidung des EuGH.
Aigner + Hoppel – Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 18.10.2022; BeschwNrn. 50715/18 und 51649/18; § 91 GOG; die Beschwerdeführer machen die Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK (überlanges Ermittlungsverfahren) geltend. Unzulässigkeit der Beschwerde infolge Nichtausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs. Beurteilung der Beschwerde nach § 108 StPO (Einstellungsantrag) sowie des Einspruchs wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO als effektives Rechtsmittel zur Bekämpfung eines unangemessen langen Ermittlungsverfahrens. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der innerstaatliche Instanzenzug entgegen Art.35 Abs.1 EMRK nicht ausgeschöpft wurde.
Gaggl – Österreich; Urteil des EGMR vom 8.11.2022, BeschwNr.63.950/19; Verletzung des Fairnessgebots nach Art.6 Abs.1 EMRK wegen Verweigerung der Einholung eines Obergutachtens zu den beide einander widersprechenden Sachverständigengutachten zur Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Unzulässigkeit der Beschwerde zu Art.5 Abs.1 lit.a EMRK.
Sager – Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 22.11.2022, BeschwNr. 61.827/19; Art.9, 11 und 14 EMRK. Bekenntnisgemeinschaft der fliegenden Spaghettimonster; keine „Religion“ iSd der Rechtsprechung. Art.14 EMRK kann isoliert von anderen Konventionsverletzungen nicht geltend gemacht werden. Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art.35 Abs.3 lit.a und Abs.4 EMRK.
Alm – Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 22.11.2022, BeschwNr.20.921/21; Kirche der fliegenden Spaghettimonster. Verweigerung der Ausstellung eines Personalausweises und Reisepasses mit einem Foto samt Spaghettikrone aufgrund der Passgesetz-Durchführungsverordnung. Zurückweisung der Beschwerde nach Art.35 Abs.4 EMRK als unzulässig, weil der innerstaatliche Instanzenzug entgegen Abs.1 nicht ausgeschöpft wurde.
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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RA Dr. Postlmayr, Mattighofen | postlmayr@estermann-partner.at |
E G M R – österreichische Fälle 2 0 2 1 :
Aigner & Hoppel; Beschwerde-Nr. 50715 und 51649/18; communicated case; 4.1.2021; Freispruch nach 11 Jahre dauerndem Finanzstrafverfahren; § 108 Abs.1 StPO anwendbar gewesen ? Art.6 Abs1 EMRK – überlange Verfahrensdauer ? Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ?
Scherhaufer; Beschwerde-Nr. 44990/18; communicated case; 29.1.2021; oö. + nö. JagdG; verpflichtende Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft. Antrag auf Ruhen der Jagd. Bescheide der BH Schärding und Krems; Zurückweisung der ao. Revisionen durch den VwGH. Verletzung der Art.1 des 1. ZP zur EMRK (Eigentumsrecht), Art.9 + 11 EMRK (iVm Art.14 EMRK ? Legitimes Ziel, ausreichende Rechtfertigung des Eingriffs in die Grundrechte ?
P. W.; Beschwerde-Nr. 10.425/19; communicated case; 8.2.2021; Art.5 Abs.1 lit.e (iVm Art.14) EMRK – Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt; § 127 Abs.3 StPO; Obergutachten notwendig gewesen ? Art.6 Abs.1 EMRK – faires Verfahren ? Legitimes Ziel, ausreichende Rechtfertigung des Eingriffs in das Grundrecht ?
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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RA Dr. Postlmayr, Mattighofen | postlmayr@estermann-partner.at |
Wögerer; Streichung aus der Liste am 11.3.2021 nach Art.39 EMRK, Beschwerde-Nr. 68977/17 nach Vergleich (8000 Euro Entschädigung durch den Staat). Art.6 Abs.1 EMRK – faires Verfahren – kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nach Art.267 AEUV in einem Zivilverfahren.
Hauser GmbH & Co KG; Beschwerde-Nr. 7626/18; communicated case; 15.3.2021; Art.6 Abs.1 EMRK – faires Verfahren. VfGH-Ablehnungsbeschluss vom 27.11.2017 ausreichend begründet ? keine begründeten Zweifel an der Unionsrechts- und GRC-Konformität der angewendeten Bestimmungen ? FAGG; RL 2011/83/EU. G 52/2016 vom 12.10.2017: Unionsrechtkonformität ausreichend begründet ?
Vracko & Klinc; Beschwerde-Nr. 14.023 und 14031/19; communicated case; 15.3.2021; Geldstrafen von 7000 und 3000 Euro wegen Übertretungen des AVRAG. Art.6 Abs.1 EMRK – faires Verfahren: Vorabentscheidungsersuchen nach Art.267 AEUV nötig gewesen ? Ra 2018/11/0118 (10 RS!) – Zurückweisung der Revision. VwGH: offensichtliche Unionsrechtskonformität; keine Fragen des Unionsrechts zu lösen. Ra 2016/11/0164 (6 RS!);
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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Zöchling; Beschwerde-Nr. 4222/18; communicated case; 31.3.2021; Verletzung des Art.8 EMRK; die Beschwerdeführerin (Journalistin) – positive Verpflichtung des Staates, das Privatleben und die Reputation gegen das Recht auf Meinungsfreiheit nach Art.10 EMRK zu schützen ?
Liebscher; Urteil des EGMR vom 6.4.2021, Beschwerde-Nr. 5434/17; DSG; Verletzung des Art.8 EMRK; GBG; Verpflichtung, den gesamten Scheidungsvergleich dem Grundbuchgericht zur Eigentumsübertragung vorzulegen. Art.1 des 1.ZP zur EMRK muss bei diesem Ergebnis nicht mehr geprüft werden. Kein Antrag auf Zuerkennung einer gerechten Entschädigung, daher auch kein Zuspruch.
A.; Beschluss des EGMR vom 8.4.2021, Beschwerde-Nr. 37504/19; Art.5 EMRK – Anhaltung in einer forensischen Anstalt; friendly settlement (Euro 6000 Entschädigung durch den Staat).
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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RA Dr. Postlmayr, Mattighofen | postlmayr@estermann-partner.at |
„Von“ Künsberg Sarre; Beschwerde-Nr. 18475/20; communicated case; 7.5.2021; AdelsaufhebungsG; Art.8 (iVm Art.14) EMRK – Recht auf Namensführung. Ausreichende Rechtfertigung des Eingriffs in dieses Konventionsrecht ?
Striedinger; Beschluss vom 11.5.2021; Beschwerde-Nr. 62162/13; Unzulässigkeit der Beschwerde; ein Fall im Zusammenhang mit der Hypo-Alpe-Adria; Art.6 Abs.1 und Abs.3 lit.d EMRK; der Sachverständige des Strafgerichts hatte vorher bereits für die Staatsanwaltschaft ein Gutachten erstattet. Es gibt ausreichende verfahrensrechtliche Sicherungsmaßnahmen – Unzulässigkeit der Beschwerde.
Deimel u.a.; Beschluss vom 20.5.2021, Beschwerde-Nr. 436/19; Streichung des Falles aus der Liste nach Art.39 EMRK nach Abschluss eines Vergleichs (friendly settlement; zwischen 4000 und 24000 Euro für die vier Beschwerdeführer).
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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Kurt; Urteil der Großen Kammer des EGMR vom 15.6.2021, Beschwerde-Nr. 62903/15; keine Verletzung des Art.2 EMRK (10:7 Stimmen), unzulässig zu Art.14 EMRK. Es gab damals keine aktuelle tödliche Gefahr für den Sohn der Beschwerdeführerin. Keine Verpflichtung des Staates, Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
MD BET Sportwetten GmbH; Beschwerde-Nr. 15480/19; communicated case; 28.6.2021; Abweisung des Antrags auf Verlängerung einer Betriebserlaubnis nach dem wiener WettenG durch das Verwaltungsgericht Wien. Weder der VfGH noch der VwGH haben den beantragten Vorlageantrag nach Art.267 AEUV an den EuGH gestellt. Stellt die mangelnde Begründung der Nichterhebung dieses Antrags eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK – fair trial – dar ? (vgl. Urteil des EGMR im Fall Harisch gegen die BRD vom 11.4.2019).
Pagitsch & Comino; Urteil vom 22.6.2021, Beschwerde-Nr. 56387 und 69808/17; Verfahren vor der GKK, dem BVwG, dem VfGH (Ablehnungsbeschluss) und dem VwGH (Zurückweisung der Revision mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; keine Darlegung der Relevanz dieses Verfahrensmangels). Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK mangels Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil nicht nur Rechts- sondern auch Sachfragen zu erörtern waren. Dieses Urteil stellt eine ausreichend gerechte Entschädigung iSd Art.41 EMRK dar.
E G M R | österreichische Fälle 2016 |
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A.P.; Beschwerde-Nr. 1718/21; communicated case; 28.6.2021; Tod des Präsenzdieners T.P. beim Marsch am 3.8.2017. Stellt die Art und Weise der Untersuchung des Falls eine Verletzung des Art.3 EMRK dar ?Wäre ein Obergutachten zu den beiden eingeholten Gutachten notwendig gewesen und gab es Disziplinarverfahren ?
Polat; Urteil vom 20.7.2021, Beschwerde-Nr. 12886/16; Post mortem – Untersuchung samt Organentnahme ohne Information der Angehörigen. Verletzung der Art.8 und 9 EMRK (5:2 Stimmen). Bei diesem Ergebnis muss die Frage der Verletzung des Art.13 EMRK nicht mehr geprüft werden.
Schrader; Urteil vom 12.10.2021, Beschwerde-Nr. 15.437/19; Verletzung des Art.8 EMRK; überlange Dauer eines Besuchsrechtsverfahrens. 5 Jahre und 5 Monate Verfahrensdauer vor zwei Instanzen in drei Rechtsgängen (BG Innere Stadt und LGZ Wien) – zwei Zurückverweisungen. Zuspruch einer gerechten Entschädigung nach Art.41 EMRK für immateriellen Schaden sowie für Kosten und Auslagen.
Kindlhofer; Urteil vom 26.10.2021, Beschwerde-Nr. 20.962/15; in der Beschwerde relevierte Konventionsverletzungen: Art.6 EMRK – fair + Waffengleichheit; Art.2 des 7. ZP zur EMRK (Rechtsmittel in Strafsachen). § 25a Abs.4 VwGG – Ausschluss der Revision in Verwaltungsstrafverfahren bei geringfügigen Delikten nur für den Beschuldigten, nicht aber für die Behörde als Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und den Verkehrsminister. Unzulässigkeit der Beschwerde zu Art.6 EMRK (Fairness und Waffengleichheit) ratione personae nach Art.35 Abs.3 lit.a EMRK, weil der Beschwerdeführer nicht Opfer dieser Konventionsverletzung geworden ist, da die hiezu grundsätzlich befugten Institutionen (die LPD Steiermark bzw. der Verkehrsminister) keine Amtsrevision gegen das Erkenntnis des LVwG Steiermark vom 5.2.2014 (Geldstrafe von 200 Euro wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO) erhoben haben. Es hat auch keine Verletzung des Art.2 des 7. ZP zur EMRK (Recht auf ein Rechtsmittel in Strafsachen) stattgefunden, weil es sich im abgeführten Strafverfahren um eine Straftat geringfügiger Art iSd Art.2 Abs.2 gehandelt hat (maximal 726 Euro Geldstrafe und keine primäre sondern nur eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe), welche unter diese Ausnahmebestimmung fällt ( 6 : 1 Stimmen, Sondervotum des Richters Vehabovic ).
Standard Verlagsgruppe GmbH; Urteil vom 7.12.2021, BeschwerdeNr. 39.378/15; Verletzung der Pressefreiheit (Art.10 EMRK); ungerechtfertigter gerichtlicher Auftrag, den Namen des anonym aufgetretenen Autors bekanntzugeben. Das LGZ Wien hat im Jahr 2013 die Klage nach § 18 Abs.4 ECG abgewiesen, das OLG Wien hat der Berufung des Klägers 2014 stattgegeben, 2015 vom OGH bestätigt. Die Feststellung der Konventionsverletzung ist ein ausreichende gerechte Entschädigung im Sinne des Art.41 EMRK; 17.000 Euro für Kosten und Auslagen.