im Zusammenhang mit dem Führerscheinrecht
( gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz – Abhängigkeit bzw. gehäufter Missbrauch von Alkohol, Sucht- und Arzneimitteln )
Eine der Voraussetzungen für den Erwerb und die Belassung der Berechtigung zum Lenken von Kfz ist die gesundheitliche Eignung.
Diese ist vor Erteilung der Lenkberechtigung durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen, welches von einem eingetragenen sachverständigen Arzt erstellt wurde.
Wenn hierfür ein besonderer Befund oder eine VPU nötig ist, ist das Gutachten vom Amtsarzt zu erstatten.
Das Gutachten hat auf „geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“ zu lauten.
Allenfalls (Wieder)Erteilung der Lenkberechtigung unter Befristung, Auflagen oder unter zeitlichen, örtlichen sowie sachlichen Beschränkungen.
Auf der Grundlage des Führerscheingesetzes (FSG) wurde die Gesundheitsverordnung (FSG-GV) erlassen, nach welcher hinreichende gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz u.a. dann vorliegt, wenn keine Alkoholabhängigkeit oder keine andere Abhängigkeit besteht, die das sichere Beherrschen des Kfz und das Einhalten der dabei geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnte.
Haaranalyse | P r a x i s |
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RA Dr. Postlmayr, Mattighofen | hans@postlmayr.at |
Die für Alkohol, Sucht- und Arzneimittel relevante Bestimmung dieser Verordnung regelt im Wesentlichen Folgendes:
Bei Verdacht des Bestehens einer Abhängigkeit von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel ist eine fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme einzuholen; bei aktuell bestehender Abhängigkeit darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.
Nach einem – wie es die Behörden nennen – „Hochpromilledelikt“ (0,8 mg/l Atemluft- bzw. 1,6 %o Blutalkoholgehalt und mehr) sowie einem Verweigerungsdelikt (Alkotest, klinische Untersuchung bzw. Blutabnahme) ist zur Vorbereitung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme (auf der Grundlage einer in der Praxis „VPU“ genannten Untersuchung) beizubringen.
Bei zurückliegender Abhängigkeit darf eine Lenkberechtigung nur dann (wieder)erteilt werden, wenn eine befürwortende fachärztlich psychiatrische Stellungnahme vorliegt, dies überdies nur befristet und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen.
Nach einem Verweigerungsdelikt (Verweigerung des Alkotests, der klinischen Untersuchung oder der Blutabnahme iSd § 5 StVO) sowie nach dem Lenken (Inbetriebnehmen) eines Kfz in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,8 mg/l Atemluft- bzw. 1,6%o Blutalkoholgehalt und darüber) wird neben dem Entzug der Lenkberechtigung für mindestens sechs Monate von der Führerscheinbehörde – das ist die zuständige Wohnsitzbehörde – auch eine Nachschulung, eine VPU sowie ein amtsärztliches Gutachten angeordnet.
Einige Führerscheinbehörden haben mit der Begründung des Vorliegens eines Hochpromille- bzw. Verweigerungsdelikts und der deshalb ihres Erachtens anzunehmenden Gewöhnung an Alkohol bereits im Entzugsbescheid (selbst bei Ersttäterschaft !) eine Haaranalyse auf Ethylglucuronid (EtG) angeordnet, was vom Betreiber dieser Homepage bei den Landesverwaltungsgerichten mit dem Argument der mangelnden gesetzliche Grundlage für diese Vorschreibung jeweils erfolgreich bekämpft werden konnte.
Nach den Bestimmungen des FSG bedeutet ein derartiges Alkoholdelikt zwar die Verkehrsunzuverlässigkeit für mindestens sechs Monaten, in Allgemeinen aber nicht gleichzeitig und automatisch die gesundheitliche Nichteignung zum Lenken von Kfz.
Bei nicht wenigen Behörden übernimmt überhaupt gleich der Amtsarzt/die Amtsärztin die Kompetenzen der Verkehrsbehörde und „verlangt“ bei der amtsärztlichen Untersuchung eine Haaranalyse auf EtG (bei Drogendelikten auf Suchtmittel und deren Abbauprodukte) und nimmt sofort eine Haarprobe.
Bei anderen Behörden wiederum ist Praxis, dass deren Sanitätsabteilung dem Betroffenen wenige Tage nach Zustellung des Entzugsbescheides ein Schreiben nachschickt, in welchen mitgeteilt wird, dass eine verlässliche Beurteilung des Konsumverhaltens nur nach einer Haaranalysierung möglich ist und daher das amtsärztliche Gutachten erst auf dieser Grundlage erstellt werden kann, weswegen die amtsärztliche Untersuchung erst nach Vorliegen des Analyseergebnisses vorgenommen wird.
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Dies hätte zur Folge, dass der Führerschein nicht wiederausgefolgt wird, weil die Entzugszeit ex lege nicht vor Befolgung aller bescheidmäßigen Anordnungen endet !
Die Rechtsprechung hat auch aufgrund einer Reihe von Fällen des Homepagebetreibers RA Dr. Postlmayr, Mattighofen, dieser Praxis eine Absage erteilt und festgestellt, dass eine Haaranalyse nicht vom Amtsarzt „anzuordnen“ sondern von der Verkehrsbehörde mit beim Verwaltungsgericht anfechtbarem Bescheid vorzuschreiben ist, falls die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen.
Die Verweigerung eines Termins zur (bescheidmäßig angeordneten) amtsärztlichen Untersuchung ist der Verweigerung der Erstattung des Gutachtens selbst gleichzuhalten und kann in diesem Fall nicht dem Betroffenen angelastet werden.
Zur Bestimmung des EtG-Werts (EtG ist ein wasserlöslicher Metabolit von Ethanol – wird nur in der Leber gebildet) wird die Haarprobe in einer Länge von zumindest 3cm (gemessen von der Kopfhaut) genommen, zur Analysierung auf Sucht- und Arzneimittel in der Länge von 6cm.
Da das Haar im Monat durchschnittlich 1cm wächst, bedeuten dies die Überprüfung des Konsumverhaltens über eine Zeitspanne von drei bzw. sechs Monaten.
Die Analysierung wird von einem toxikologischen Institut bzw. von einem gerichtsmedizinischen Institut (GMI) in einigen Landeshauptstädten vorgenommen.
Die Kosten der Haaranalyse auf EtG betragen beim wiener toxikologischen Institut derzeit 170, auf Suchtmittel 270 Euro.
Die Praxis der Führerscheinbehörden ist betreffend Haaranalysen auf EtG und Sucht- und Arzneimittel in den einzelnen Bundesländern höchst unterschiedlich.
Dies zeigt auch die Judikatur des VwGH; wenn man im Rechtsinformationssystem (RIS) den Begriff „Haaranalyse“ eingibt, zeigt das Ergebnis 5 Fälle zum FSG im Jahr 2024, ohne Ausnahme oberösterreichische.
Die Grenznähe zu Bayern hat im Besonderen die innviertler Führerscheinbehörden bereits vor etwa 10 Jahren beginnen lassen, angelehnt an die deutsche „MPU – medizinisch-psychologische Untersuchung“, welche im Gegensatz zur österreichischen „VPU“ zwingend einen medizinischen Teil zu umfassen hat, Haaranalysen in den verschiedensten Verfahrenskonstellationen (oft durch den Amtsarzt – jetzt immer mehr mit Bescheid) zu verlangen.
Andere Führerscheinbehörden hingegen verlangen wie bisher Leberfunktionsparameter (LFP) in Form von CDT-, Gamma-GT-, GOT-, GPT- und MCV-Werten sowie Urinproben betreffend Suchtmittel.
Die Haaranalyse ermöglicht eine Rekonstruktion des Substanzkonsums (Häufigkeit und Intensität, was keine konkreten Rückschlüsse auf Tagesdosen zulässt). Diese erfolgt mittels Flüssigkeitschromatographie (GC-MS) und Tandem-Massenspektrometrie.
Im Blut ist Alkohol – je nach Ausmaß des Konsums – (Abbaurate durchschnittlich – in der Judikatur anerkannt – 0,1 %o pro Stunde) nur über einige Stunden, im Urin über 72 Stunden nachweisbar, lagert sich aber im zwischen 0,8 und 1,4 cm pro Monat wachsenden Haar ab und ist dort noch nach jedenfalls drei Monaten feststellbar, ebenso nicht nur oral konsumierte Suchtgiftsubstanzen.
Es können mit diesem Verfahren insbesondere Pflanzengifte, Schwermetalle und toxikologische relevante Substanzen nachgewiesen werden. Probenahme am Hinterkopf in Bleistiftbreite.
Betreffend Haarbehandlung für den zu beurteilenden Zeitraum vor deren Abnahme gibt es ein Infoblatt (kein Haarefärben etc.).
Die Haarprobe wird mit einem Wasser-Acetonitril-Methanol-Gemisch im Ultraschallbad extrahiert und das Extrakt eingedampft, in eines Pufferlösung gegeben und hochdruckflüssigkeitschromatographisch-massenspektrometrisch (LC-MS-MS-Methode) untersucht.
Bei Werten bis zu 7 pg/mg EtG (jüngst wird auch ein Wert von 5 pg/mg vertreten) ist nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft völlige Alkoholkarenz nachgewiesen; ein Wert bis 29 pg/mg belegt einen mäßigen Alkoholkonsum, Werte darüber einen gehäuften, Werte über 50 pg/mg einen übermäßigen, missbräuchlichen und Werte von 70 bzw. 100 pg/mg aufwärts einen exzessiven im Beurteilungszeitraum; dies soll sich aus einem so genannten Consensus-Papier der Society of Hair Testing ergeben.
Ab Werten von 30 pg/mg EtG (übermäßiger Alkoholkonsum) wird von manchen Führerscheinbehörden mangelnde gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz angenommen und die Lenkberechtigung entzogen, dazu gibt es bereits Judikatur des VwGH seit dem Jahr 2020.
Es gibt einen zweiten direkten Alkoholmarker für Haare, welcher aber derzeit in Österreich nicht angewendet wird. In Deutschland etwa wird die Bestimmung dieses Markers insbesondere in kritischen und zweifelhaften Fällen empfohlen.
Der Kontakt von Körperhaar mit Desinfektionsalkoholen (Ethanol oder Propanol) wirkt sich auf den EtG-Gehalt im Haar im Sinne der Literatur nicht aus, weil dessen Bildung aus Ethanol nicht im Haar sondern vorrangig in der Leber erfolgt und über den Blutkreislauf in das wachsende Haar eingelagert wird (nicht oxidatives Nebenprodukt des Stoffwechsels von Trinkalkohol).
Ein äußerlicher Kontakt der Haare mit Alkohol ist nicht geeignet, eine EtG-Einlagerung zu erklären; EtG widerspiegelt direkt das Konsumverhalten.
Durch kosmetische Behandlung oder sehr intensives Haarewaschen wird der EtG-Gehalt nicht erhöht sondern vermindert.
Selbst tägliches Desinfizieren der Hände mit Ethanol führt zu keiner Beeinflussung des EtG-Werts im Kopfhaar. Arm- und Brusthaare unterliegen einer bedeutend stärkeren altersmäßigen Durchmischung im Vergleich zum Kopfhaar, weswegen der Konsum über einen bedeutend längerer Zeitraum relevant ist.
Die Rechtsprechung zu diesem Thema finden Sie in den Rubriken „Aktuelles“ und „Rechtsprechung“ auf dieser Homepage.
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― RA Dr. Postlmayr