VfGH

Die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes

V 22/2019 vom 11.6.2019*; § 48 Abs.5 StVO – Aufstellung von Verkehrszeichen

Aufhebung der Verordnung der BH VB betreffend 80 km/h-Beschränkung auf der B154 in Oberhofen am Irrsee unmittelbar ab der Landesgrenze Salzburg/Oberösterreich als gesetzwidrig. Keine ordnungsgemäße Kundmachung durch Aufstellung des Endes der Beschränkung entgegen § 48 Abs.5 StVO bedeutend weiter als 2,5m neben der Fahrbahn; Distanz ist nicht vom Rand des Geh- und Radwegs zu messen, welcher nicht zur Fahrbahn gehört (Anlassfall Jürgen W., Straßwalchen E 2685/2018 vom 11.6.2019).

E 419/2019 Beschluss vom 25.2.2019; Ablehnung der Behandlung der Beschwerde nach Art.144 Abs.2 B-VG gegen das Erkenntnis des LVwG Salzburg vom 19.12.2018 betreffend Bestrafung des Christoph Kastinger nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz (BStMG). Entscheidung der BH SL – Bearbeitungsstelle bei der BH TA. Fragen der örtlichen Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde.

Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der Frage, ob die Bestrafung in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, nicht anzustellen. Betreffend die relevierte Nichtteilnahme der belangten Behörde an der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG verweist der VfGH auf sein Erkenntnis vom 14.3.2017, E 3282/2016 (VfSlg. 20149), in welchem auf das Urteil des EGMR vom 20.9.2016, BeschwerdeNr. 908/06 sowie auf § 25 Abs.1 und 2 VStG, den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit durch das Verwaltungsgericht eingegangen wurde. Auf die übrigen relevierten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (gesetzlicher Richter, faires Verfahren – Waffengleichheit, Zugang zu einem Gericht und objektive Unbefangenheit, effektives Rechtsmittel und Rechtmittel in Strafsachen nach Art.2 Abs.1 des 7. ZP zur EMRK) geht der VfGH nicht ein.

G 30/2017 vom 27.6.2018; GesellschafterausschlussG;Art.2 und 5 StGG; Art.1 des 1. ZP zur EMRK

Keine Verletzung im Eigentums- und Gleichheitsrecht durch die Möglichkeit des Ausschlusses von Minderheitsgesellschaftern aus einer GmbH durch Beschluss des mit mindestens neun Zehntel am Nennkapital der Gesellschaft beteiligten Mehrheitsgesellschafters gegen eine angemessene Abfindung; keine Verletzung des Vertrauensschutzes.

Abweisung des Gesetzesprüfungsantrags nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.d B-VG auf Aufhebung diverser Bestimmungen dieses Gesetzes.

A 13 /2016 vom 27.6.2018; Klage nach Art. 137 B-VG;§§ 8 und 19 MOG; Art.4 der VO (EG) 1307/2013

Abweisung einer Klage auf Liquidierung eines von der AMA einbehaltenen Rückforderungsbetrags mangels Vorliegens bescheidmäßiger Erledigungen zur Begründung des Anspruchs

G 77 /2018 vom 26.6.2018; § 2 Abs.2 Z.3 PersonenstandsG; verfassungskonforme Interpretation dieses Gesetzes möglich; Intersexualität;

Keine Verfassungswidrigkeit einer Regelung des PersonenstandsG betreffend die Eintragung des Geschlechts; Recht intersexueller Personen auf individuelle Geschlechtsidentität und eine ihrer Geschlechtlichkeit entsprechende Eintragung im Personenstandsregister angesichts der Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung der in Prüfung gezogenen Bestimmung in Verbindung mit den personenstandsrechtlichen Verfahrensvorschriften gewahrt

Anlassfall: E 2918/2016: Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Abweisung des Antrags auf Berichtigung der Eintragung des Geschlechts im zentralen Personenstandregister.

E 983/2018 vom 27.6.2018; § 29 Abs.2 und 4 VwGVG; Begründungserfordernis; Art.1 Abs.1 Rassendiskriminierungs-BVG;

wie der Verfassungsgerichtshof weiter zu dem aus dem Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander folgenden Willkürverbot in Zusammenhalt mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden rechtsstaatlichen Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen ausgesprochen hat, müssen die für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (vgl. jeweils mwN VfGH 2.5.2011, U 2559/10; 7.3.2012, U 2899/10; 13.12.2017, E 940/2017). (Anm.: abseits von diesem BVG gibt es keine Judikatur des VfGH zur Begründungspflicht von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte zu § 29 VwGVG).

G 254/2017, V 110/2017 vom 26.6.2018; § 3 BStG – Bestandteile der Bundesstraßen; § 1 Abs.1 lit.d vbg. BauG; REK der Marktgemeinde Lauterach

Kompetenzwidrigkeit einer Regelung des Vorarlberger Baugesetzes betreffend die Ausnahme näher genannter Bauvorhaben vom Geltungsbereich dieses Gesetzes; Verkehrskontrollplatz an einer Bundesstraße samt darauf befindlichem Bauwerk vom Kompetenztatbestand „Bundesstraßen“ erfasst; Gesetzwidrigkeit von Teilen des Räumlichen Entwicklungskonzepts und Teilen des Flächenwidmungsplanes wegen Verstoßes gegen die im Vorarlberger Raumplanungsgesetz vorgesehene Pflicht zur Berücksichtigung von Planungen des Bundes. Aufhebung einer Wortfolge in § 1 Abs.1 lit.d vbg. BauG als verfassungswidrig; Aufhebung des räumlichen Entwicklungskonzepts der Markgemeinde Lauterach, Punkt 1,3, „grüne Lunge“ etc. als gesetzwidrig; Aufhebung des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Lauterach, soweit er sich auf das verfahrensgegenständliche Grundstück bezieht als gesetzwidrig.

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G 44/2018 vom 26.6.2018; § 52 Abs.2 VwGVG – Höhe der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor den Verwaltungsgerichten; faires Verfahren (Art.6 EMRK und Art.47 GRC); Gleichheitsrecht nach Art.7 B-VG; Eigentumsrecht nach Art.5 StGG und Art.1 des 1. ZP zur EMRK und Angemessenheit von Strafen nach Art.3 EMRK und Art.49 GRC;

Keine Bedenken gegen eine Bestimmung des VwGVG betreffend die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens mit 20% der Geldstrafe als Pauschalbetrag auch im Falle der Verhängung von kumulierten Geldstrafen; keine Bedenken gegen differenzierende Kostenersatzregelungen in verschiedenen Verfahrensbereichen wie dem Straf- und Verwaltungsstrafverfahren.

Die Behörden hat über jeden der vier Vorstandsmitglieder der AG 200 Geldstrafe à 12.000 Euro wegen Übertretungen des AuslBG und 217 Geldstrafen à 12000 Euro wegen Übertretungen des AVRAG verhängt, die Ersatzfreiheitsstrafen betragen 1600 bzw. 1736 Tage, das sind jeweils rund 5 Jahre.

Der Gesetzesprüfungsantrag des LVwG Steiermark wird als unbegründet abgewiesen.
Differenzierte Kostenersatzregelungen in verschiedenen Verfahrensbereichen widersprechen nicht dem Gleichheitssatz, auch wenn diese eine bestimmte Verwandtschaft aufweisen.

E 2735/2017 vom 11.6.2018; Verletzung im Recht auf angemessene Verfahrensdauer nach Art.6 EMRK; Aufhebung des Straf- und Kostenausspruchs des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien.

Diese Rechtsverletzung lässt den Ausspruch über die Schuld unberührt, die überlange Verfahrensdauer ist nur ein Strafmilderungsgrund iSd § 19 Abs.2 VStG. Auch wenn das VwG die eineinhalbjährige Verfahrensdauer im mündlich verkündeten Erkenntnis berücksichtigt hat, ändert dies nichts daran, dass bis zur schriftlichen Ausfertigung weitere drei >Jahre vergangen sind.

E 507/2017 vom 14.3.2018; keine Verletzung des Doppelbestrafungsverbots nach Art.4 des 7. ZP zur EMRK

Geländeveränderungen und Abholzungen ohne naturschutzbehördliche Bewilligung vorgenommen und dafür nach Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens bestraft.

Die Straftatbestände des § 182 Abs.2 StGB und des § 9 lit.c tiroler NaturschutzG unterscheiden sich in wesentlichen Elementen.

E 2736/2017 vom 24.11.2017; Feststellung der Verletzung im Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist nach Art.6 Abs.1 EMRK – Aufhebung des Straf- und Kostenausspruchs.

Gesamte Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens: 4 Jahre und 4 Monate; allein zwischen mündlicher Verkündung und Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses sind 2 Jahre und 11 Monate vergangen, auch

diese Zeitspanne ist zu berücksichtigen. Beginn des Verfahrens: Zustellung der behördlichen Aufforderung zur Rechtfertigung; Ende des Verfahrens: Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses

des Verwaltungsgerichtes Wien. Diese Feststellung lässt den Schuldspruch unberührt, eine Änderung kommt nur im Rahmen der Strafbemessung in Betracht.

E 1506/2017 vom 24.11.2017; Verletzung im Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art.83 Abs.2 B-VG durch Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss infolge angenommenem Wegfalls der Beschwer.

Das VwGVG regle zwar die Gründe für eine Verfahrenseinstellung nicht, es sei aber § 33 Abs.1 VwGG (Wegfall des rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung) betreffend Beschwer analog anzuwenden.

Das LVwG Tirol hätte Rechtsschutz gewähren müssen, weil die Abschussaufträge weiterhin Rechtswirkungen entfalten (Grundlage für ein verwaltungsstrafrechtliches Folgeverfahren).

E 2032/2017  Ablehnungsbeschluss vom 27.11.2017; spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Frage, ob das LVwG Oö. eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen, sind nicht anzustellen.

Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Verwaltungsstrafgesetzgebers, die Einstellung des Strafverfahrens bzw. das Absehen von der Strafe unter Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs.1 Z.4 VStG

(auch) an das Kriterium der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts“ zu knüpfen.

E 2025/2016 Ablehnungsbeschluss vom 12.10.2017; § 1 WerbeabgabeG; dem Gesetzgeber kann nicht entgegen getreten werden, wenn er Online-Werbung, die in erheblichem Ausmaß vom Ausland aus erbracht wird, im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums nicht in die Abgabepflicht einbezieht.

E 230/2016 Prüfungsbeschluss vom 12.10.2017; die Wortfolge „verschiedenen Geschlechts“ in § 44 ABGB wird auf seine Verfassungskonformität hin geprüft. Art.2 StGG, Art.7 B-VG und Art.8, 12 und 14 EMRK

E 2446/2015 vom 10.10.2017; nö. JagdG; die in diesem Landesgesetz vorgesehene Zwangsbejagung von Grundstücken verletzt auf Unverletzlichkeit des Eigentums nicht, der Eingriff in das Eigentumsrecht ist verhältnismäßig.

E 1345/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; § 25a Abs.4 VwGG – absolute Unzulässigkeit der Revision des Bestraften an den VwGH – es fehlt die Präjudizialität.

E 1827/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; § 25a Abs.4 VwGG – absolute Unzulässigkeit der Revision des Bestraften an den VwGH – es fehlt die Präjudizialität.

E 2454/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; § 45 Abs.1 Z.4 und Abs.1 letzter Satz VStG: der Gesetzgeber hat seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er die Einstellung des Strafverfahrens bzw. das Absehen von der Bestrafung unter Ausspruch einer Ermahnung auch an das Kriterium der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts“ knüpft (vgl. auch die Ablehnungsbeschlüsse E 1829/2017, E 1827/2017, E 1543/2017, E 1345/2017, E 1298/2017, E 1289/2017, E 1250/2017, E 1221/2017, E 949/2017, E 899/2017, E 287/2017).

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E 949/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; die Mindestgeldstrafe von 150 EURO in § 99 Abs.2e StVO begegnet vor dem Hintergrund des nicht unverhältnismäßigen Ausmaßes und der Möglichkeit der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändert auch die im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegende Entscheidung nichts, die Einstellung des Strafverfahrens bzw. das Absehen von der Bestrafung unter Ausspruch einer Ermahnung auch an das Kriterium der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts“ zu knüpfen.

E 604/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; die Mindestgeldstrafe von 70 EURO in § 99 Abs.2d StVO begegnet vor dem Hintergrund des nicht unverhältnismäßigen Ausmaßes und der Möglichkeit der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändert auch die im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegende Entscheidung nichts, die Einstellung des Strafverfahrens bzw. das Absehen von der Bestrafung unter Ausspruch einer Ermahnung auch an das Kriterium der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts“ zu knüpfen.

E 948/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; die Mindestgeldstrafen  in § 134 Abs.1b KFG begegnet vor dem Hintergrund des nicht unverhältnismäßigen Ausmaßes und der Möglichkeit der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändert auch die im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegende Entscheidung nichts, die Einstellung des Strafverfahrens bzw. das Absehen von der Bestrafung unter Ausspruch einer Ermahnung auch an das Kriterium der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts“ zu knüpfen.

E 949/2017 und E 2454/2017 Ablehnungsbeschlüsse vom 21.9.2017; § 44 VwGVG – mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht; spezifisch verfassungsrechtliche Überlegung sind zur Frage, ob das Landesverwaltungsgericht zu Recht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat, nicht anzustellen.

E 948/2017 Ablehnungsbeschluss vom 21.9.2017; Art.83 Abs.2 B-VG; Recht auf den gesetzlichen Richter; Zuständigkeit des Verwaltungsgericht zur Tatauswechslung ? spezifisch verfassungsrechtliche Überlegung sind zur Frage, ob die Änderung im Spruchpunkt 5. der angefochtenen Entscheidung eine unzulässige Tatauswechslung darstellt, nicht anzustellen.

V 99/2015 vom 28.6.2017; §§ 16 und 37 RAO; §§ 5, 51 und 59 RL-BA; § 1 Abs.1 DSt; Art.6 Abs.1 StGG; Abweisung des Antrags des OGH auf Aufhebung des § 51 RL-BA als gesetzwidrig.

Verbot der Vereinbarung eines Maklerlohns (Provision). Kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit iSd Art.6 StGG.

V 4/2017 vom 28.6.2017; Änderung der Rechtsprechung zur Anwendung gesetzwidriger Verordnungen infolge Schaffung der Verwaltungsgerichte.

E 883/2017 vom 27.6.2017; § 16 VStG;Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe; 4x 4000 Euro und 4x 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe durch die LPD Steiermark – bestätigt durch das LVwG Steiermark.

Das LVwG ist kein letztinstanzliches Gericht iSd Art.267 Abs.3 AEUV, weswegen es auch keine Verpflichtung hatte, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen (VfSlg. 19.896).

Der Grundsatz der Amtswegigkeit begegnet selbst bei Abwesenheit der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Begründet ist die Beschwerde aber betreffend den Ausspruch über die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe. Nach § 16 Abs.2 VStG darf das Höchstmaß von je zwei Wochen nicht überschritten werden – daher Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit nach Art.1 BVG iVm Art.5 StGG (samt Vorjudikatur; vgl. auch E 1381/2017 und E 1383/2017 vom 27.6.2017).

G 219/2016 Beschluss vom 15.3.2017; Parteiantrag nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.d B-VG; Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des § 7 Abs.2 RATG betreffend den Ausschluss eines Rechtsmittels gegen die gerichtliche Festsetzung des Streitwerts. Keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums im Hinblick auf das verfolgte Ziel der raschen Klärung der Bewertung des Streitgegenstands. Einrichtung eines Instanzenzugs nicht erforderlich.

E 3282/2016 vom 14.3.2017; Art.7, 8 und 15 – 17 GRC; §§ 50 – 52 GlücksspielG; Art.6 EMRK; §§ 18, 27 und VwGVG; § 25 VStG; Abweisung einer Beschwerde gegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz. Keine Unionsrechtswidrigkeit bzw. Inländerdiskriminierung. Keine Verletzung der Unparteilichkeit des Verwaltungsgerichts. Grundsatz der amtswegigen Erforschung von Verwaltungsübertretungen. . Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR kann der VfGH nicht finden, dass das im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren für die Behörden und Verwaltungsgerichte geltende Amtswegigkeitsprinzip selbst bei Abwesenheit der Behörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gegen Art.6 EMRK verstößt (EGMR vom 4.7.2002 im Fall Weh – Österreich, BeschwNr. 38.544/97). Im Verwaltungsstrafverfahren hat das Verwaltungsgericht stets in der Sache selbst zu entscheiden, weswegen ihm die Befugnis und Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalt zukommt.

Dabei hat das Verwaltungsgericht entsprechend dem in §25 Abs2 VStG normierten Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu erforschen und dabei den Beschuldigten sowohl entlastende als auch belastende Umstände zu berücksichtigen. Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und somit auch der Prüfungsumfang (vgl. § 27 VwGVG) im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist durch das Straferkenntnis der Verwaltungsbehörde begrenzt, womit es den Verwaltungsgerichten verwehrt ist, über den Gegenstand des Straferkenntnisses hinauszugehen. Im Unterschied zum Fall Karelin gegen Russland (EGMR 20.09.2016, BeschwNr. 926/08) sieht § 18 VwGVG zudem vor, dass die belangte Behörde Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist, die der beschuldigten Partei in einem kontradiktorischen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gegenübersteht und der unabhängig von ihrer Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dementsprechende Parteienrechte (z.B. Revision zu erheben) zukommen. Am kontradiktorischen Charakter des Verfahrens ändert auch die allfällige Abwesenheit einer Partei oder sämtlicher Parteien nichts, zumal dem erkennenden Verwaltungsgericht sowohl die Position der belangten Behörde in Form des – die Funktion der Anklageschrift repräsentierenden – (erstinstanzlichen) Straferkenntnisses als auch jene der beschuldigten Partei in Gestalt der Beschwerde oder Beschwerdebeantwortung im Fall einer Amtsbeschwerde vorliegen. Der in Verwaltungsstrafsachen, wie den hier in Rede stehenden, gemäß § 38 VwGVG iVm § 25 Abs.1 VStG maßgebliche Grundsatz der amtswegigen Verfolgung von Verwaltungsübertretungen verletzt daher nicht die durch Art.6 EMRK garantierte Unparteilichkeit der Verwaltungsgerichte. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat auch im Beschwerdefall keine Verfahrensschritte der Anklagebehörde gesetzt, welche Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen ließen (vgl. dazu auch die Ablehnungsbeschlüsse vom 21.9.2017 E 2454/2017, E 1298/2017, E 1289/2017, E 948/2017).

G 14/2016 Beschluss vom 14.3.2017; FAGG;Art.6 der Verbraucherrechte- Richtlinie 2011/83/EU; Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes betreffend das Rücktrittsrecht des Verbrauchers bei außerhalb der Geschäfträumlichkeiten abgeschlossenen Verträgen als zu eng gefasst. Unzulässigkeit auch des Eventualantrags auf Aufhebung des gesamten Gesetzes als zu weit gefasst.

G 405/2016 vom 14.3.2017; §§ 393 und 393a StPO; Kostenersatz bei Freispruch und Verfahrenseinstellung; aus Art.6 Abs.2 und Abs.3 lit.c EMRK kein Anspruch ableitbar. Keine Gleichheitswidrigkeit – Eigentumsrecht nicht verletzt, Abweisung der Parteianträge.

G 497/2015 vom 22.12.2016; Verbandsverantwortlichkeitsgesetz; Abweisung des Antrags auf Aufhebung des § 3 VbVG; Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des ganzen Gesetzes; Parteiantrag eines oberösterreichischen Unternehmens nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.d B-VG sowie des Gesetzesprüfungsantrags LG Wels nach lit.a. Das Schuldprinzip, nach welchem niemand für die Straftat eines anderen belangt werden kann, hat im Individualstrafrecht für natürliche Personen Geltung, nicht jedoch für juristische Personen. Es ist zulässig, einer juristischen Person (Verband bzw. Unternehmen) die Verantwortlichkeit für rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten einer Person zuzuschreiben, wenn der nötige Konnex besteht. Auf Bedenken, die nicht schon im Antrag sondern erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden, ist nicht einzugehen. Auch das Sanktionensystem ist angemessen und verhältnismäßig, weil Maßnahmen wie das Absehen von der Verfolgung (§ 18), Rücktritt von der Verfolgung (§ 19) sowie spezifische Milderungsgründe (§ 5 Abs.3) eine einzelfallgerechte staatliche Reaktion ermöglichen.

G 494/2015 vom 13.12.2016; § 188 Abs.2 ABGB wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben; Abweisung des Parteiantrages. Es ist nicht zu beanstanden, dass nur das Kind und der rechtliche Vater einen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft stellen können und nicht auch der biologische Vater. Im Verfahren betreffend Kontaktrecht ist zu prüfen, ob der Umgang des Kindes mit dem (behaupteten) biologischen Vater dem Kindeswohl dient. Ist dies der Fall, kann das Gericht die Frage der biologischen Abstammung klären. Nach der Rechtsprechung des EGMR fällt die biologische Verwandtschaft allein nicht in den Schutzbereich des Art.8 EMRK.

E 2176/2015 vom 1.12.2016; § 9 VStG; Gleichheitswidrigkeit der Bestrafung eines gesetzlichen Vertreters einer Gesellschaft trotz Vorliegens einer wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten.

Unvertretbarkeit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts.

V 76/2016 Prüfungsbeschluss vom 24.11.2016; Bebauungsplan St. Gallenkirch; Grundlagenforschung für die Änderung des Bebauungsplans unabhängig davon geboten, ob dies im Gesetz vorgeschrieben ist.

Dies muss erkennbar und nachvollziehbar sein, was sich aus der Akte zur Erlassung dieser Verordnung nicht zu ergeben scheint.

V 74/2016 Prüfungsbeschluss vom 24.11.2016; §§ 22 Abs.2 und 30 Abs.6, 7 und 8 Oö. ROG; Flächenwidmungsplan Luftenberg.

Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber, weswegen sachlich nicht begründbare Regelungen nicht getroffen werden dürfen. Es wurden 14 anstatt der genehmigten 4 Wohnungen in diesem Objekt im Dorfgebiet errichtet und dann deren Benutzung untersagt. Rechtsprechung zur Sanierung konsenslos errichteter Bauten. Für die Sachlichkeit der Änderung des Flächenwidmungsplans sprechende Gründe iSd § 36 Oö. ROG lassen sich derzeit den Akten nicht entnehmen.

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G 61/2016 Beschluss vom 24.11.2016; § 6 Abs.2 und § 6a SMG; Ablehnung der Behandlung der Beschwerde betreffend Einschränkung des Anbaus von Cannabis auf für die Herstellung von Arzneimitteln durch im Eigentums der Republik Österreich stehende Gesellschaft. Kontrolle zum Schutz der Gesundheit erforderlich. Rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschritten.

E 880/2016 vom 15.10.2016; § 3 Namensrechtsänderungsgesetz (NÄG); das Landesverwaltungsgericht Wien hat den Antrag auf Änderung des Familiennamens auf „Zebra“ abgewiesen und den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art.8 EMRK) verletzt. Auch wenn sich zum Zeitpunkt der Antragsteller ein solcher Name in Österreich nicht nachweisen lässt, hat der Antrag auch eine historische Dimension, weil dessen Großvater nachweislich so geheißen hat. Es kommt auf namensbezogene Identität an und liegt keine „Eigenkreation“ vor.

G 121/2016 vom 14.10.2016; das Erfordernis der gemeinsamen Hauptwohnsitzmeldung in § 2 Abs.6 KBGG (Kinderbetreuungsgeldgesetz) ist sachlich und damit nicht gleichheitswidrig; Abweisung des Antrages des OGH.

V 11/2016 vom 14.10.2016; Gesetzwidrigkeit einer Verordnung, mit welcher das Campieren auf privaten Grundstücken außerhalb von Campingplätzen verboten wird mangels Erkennbar- bzw. Nachvollziehbarkeit der gesetzlichen Voraussetzungen für die Verordnungserlassung. Nach Art.60 Abs.2 der vorarlberger Landesverfassung erkennt der VfGH auf Antrag der Landesvolksanwaltschaft über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die im Bereich der Landesverwaltung ergangen sind.

V 163/2015 vom 13.10.2016; §§ 37, 39 und 65 – 69 tiroler ROG; Aufhebung der Änderung des Flächenwidmungsplan des Gemeinderates der Gemeinde Fügen aus dem Jahr 2001 auf Antrag des LG Innsbruck in einem Amtshaftungsverfahren. Gesetzwidrigkeit der Umwidmung eines Grundstücks von Freiland in Gewerbe- und Industriegebiet wegen unterlassener Grundlagenforschung. Dieses Grundstück wurde früher als Hausmülldeponie genutzt; nicht nur die Bodenbeschaffenheit wurde nicht überprüft sondern hat die Gemeinde laut vorgelegten Akten gar keine Grundlagenforschung unternommen.

E 1406/2016 vom 13.10.2016; sbg. ParteienförderungsG, § 1 ParteienG; Art.18 Abs.2 sbg. Landes-VerfassungsG; Verletzung der Beschwerde führenden politischen Partei im Gleichheitsrecht wegen verminderter Parteienförderung in Salzburg im Jahr 2016 infolge von Parteiaustritten und -ausschlüssen. Es kommt nicht auf die Zugehörigkeit einzelner Abgeordneter zur Partei an sondern auf die Anzahl der bei der letzten Landtagswahl erzielten Mandate.

E 945/2016 vom 15.10.2016; der VfGH hat keine Bedenken gegen das „Glücksspielmonopol“ des Bundes. Die Beschwerden richten sich gegen mehrere Erkenntnisse des LVwG Oö. mit welchen die Beschlagnahme und Einziehung von Glücksspielautomaten verfügt oder Verwaltungsstrafen wegen unerlaubten Glücksspiels mit solchen Automaten bestätigt wurden. Die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erfüllen alle vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts. Für eine Inländerdiskriminierung besteht somit kein Anhaltspunkt.

G 219/2015 vom 13.10.2016; Aufhebung des § 86d tiroler Flurverfassungslandesgesetz mit Ende 2017 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz. Hingegen Abweisung des Antrages der 15 Landtagsabgeordneten nach Art.140 Abs.1 Z.3 B-VG auf Aufhebung der §§ 36h und 36k.

G 269/2016 u.a. Beschluss vom 12.10.2016; Zurückweisung der Individualanträge nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.c B-VG auf Aufhebung der Wortfolge „binnen 14 Tagen“ in § 213 Abs.2 StPO, in eventu des Wortes „nicht“ in § 84 Abs.1.Z.1 StPO mangels Legitimation als unzulässig. (Anträge iZm der sog. BUWOG-Anklage). Den Antragstellern steht ein zumutbarer Umweg zur Verfügung. Bei jenem Gericht, welches über die gestellten Anträge auf Verlängerung der 14tägigen Einspruchsfrist zu entscheiden hat, kann angeregt werden, nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.a StPO einen Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH zu stellen. Keine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes.

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G 49/2016 Beschluss vom 10.10.2016; „Apothekenvorbehalt für rezeptfreie Medikamente“; Zurückweisung aus formalrechtlichen Gründen; Zurückweisung eines Individualantrages der dm Drogeriemarkt GmbH auf Aufhebung von Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes mangels konkretem Aufhebungsbegehren.

G 662/2015 vom 10.10.2016; kein Zeugnisentschlagungsrecht des früheren Lebensgefährten; § 156 Abs.1 Z.1 StPO; § 321 ZPO, § 20 JN; die Wortfolge „, wobei die durch eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger für die Beurteilung der Berechtigung zur Aussageverweigerung aufrecht bleibt, auch wenn die Ehe oder eingetragene Partnerschaft nicht mehr besteht“ in §156 Abs1 Z1 StPO idF BGBl. Nr. I 135/2009 wird mit Ablauf des 31.12.2017 als verfassungswidrig aufgehoben. Als Angeklagter ist der Antragsteller als Partei des Strafverfahrens zur Antragstellung nach Art.140 Abs.1 Z.1 lit.d B-VG (Parteiantrag) berechtigt und wurde der Antrag gemeinsam mit einer zulässigen und rechtzeitigen Berufung im Strafverfahren auch rechtzeitig gestellt. Zur Wahrung des Grundsatzes der materiellen Wahrheitserforschung ist die vorliegende Ungleichbehandlung nicht erforderlich, weil der Gesetzgeber die Einschränkung dieses Prinzips nach Beendigung vergleichbarer Partnerschaftsformen in Kauf genommen hat. Dem Zeugen steht es frei, davon nicht Gebrauch zu machen. Der zusätzlichen Aufhebung des § 72 Abs.2 StGB bedarf es nicht.

V 45/2015 vom 22.9.2016; § 43 Abs.1 lit.b und § 94d und 94f StVO; Abweisung des Antrags des LVwG Oö., die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Braunau am Inn vom 18.12.1999 betreffend 30 km/h-Beschränkung auf dem Erlachweg aufzuheben. Die Übertragungsverordnung nach § 43 Abs.2 Oö. Gemeindeordnung war in Kraft. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Gemeindestraßen waren damals noch nicht im § 94d StVO enthalten, erst in der 19. Novelle 1994, der Gemeinderat ist daher zuständig geblieben; keine dynamische sondern statische Verweisung in der Übertragungsverordnung des Gemeinderates aus dem Jahr 1985.

V 20/2016 vom 22.9.2016; § 43 Abs.1 lit.b und § 94f StVO; Abweisung des Antrags des LVwG Oö., die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Braunau am Inn vom 29.3.2010 betreffend 30 km/h-Beschränkung auf der Michaelistraße aufzuheben. Übertragungsverordnung des Gemeinderates nach § 43 Abs.2 Oö. GemO, mit der die Agenden des § 94d StVO (mit Ausnahmen) an den Bürgermeister übertragen wurden. § 94d Z.4 StVO hat die Zuständigkeit der Gemeinde zur Erlassung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Gemeindestraßen aber erst mit der 19. Novelle im Jahr 1994 gebracht. Der Verweis in der Übertragungsverordnung ist kein dynamischer sondern ein statischer Verweis (Gebot der verfassungskonformen Interpretation). Zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung (Geschwindigkeitsbeschränkung) war daher der Gemeinderat und nicht der Bürgermeister hiefür zuständig. Auch nach Inkrafttreten der 19. StVO-Novelle wurde die Übertragungsverordnung nicht geändert. Anhörungsverfahren nach § 94f StVO nicht notwendig gewesen, keine spezifisch berührten Interessen von Berufsgruppen.

E 1891/2016 Beschluss vom 25.8.2016; § 63 Abs.1 ZPO; Abweisung eines Antrags auf Gewährung der Verfahrenshilfe aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin. Notstandshilfe von € 34,30,– pro Tag, aber Sparbücher etc. im Wert von € 45.000,–.

E 945/2016 Beschluss vom 2.7.2016 nach § 86a VfGG:

Erhebliche Anzahl von gleich gelagerten Beschwerden zu den §§ 52 bis Glücksspielgesetz beim VfGH anhängig und ist zu erwarten, dass noch weitere folgen. Mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Beschlusses durch den Bundeskanzler treten folgende Rechtswirkungen ein: in allen Verfahren, in denen ein Verwaltungsgericht diese Rechtsvorschriften anzuwenden hat, dürfen nur solche Handlungen vorgenommen werden, die durch das Erkenntnis des VfGH nicht beeinflusst werden können oder die diese Fragen nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Die Frist zur Erhebung einer VfGH-Beschwerde beginnt nicht zu laufen, bereits laufende Beschwerdefristen werden unterbrochen.

G 450/2015 vom 2.7.2016; Art.7 Abs.1 B-VG, Art.2 StGG, Art.1 des 1. ZP zur EMRK, Art.21 GRC, §§ 53a und 56 Abs.18 bis 24 Bundesbahngesetz;

Abweisung der zulässigen  Parteianträge von ÖBB-Bediensteten auf Aufhebung von Bestimmungen über die Neuberechnung des Vorrückungsstichtags bzw. Anrechnung von Vordienstzeiten. Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz/Vertrauensgrundsatz und gegen das Eigentumsrecht, keine Altersdiskriminierung.

G 514/2015 Beschluss vom 2.7.2016; § 62a Abs.1 VfGG; Zurückweisung des Parteiantrags auf Aufhebung des § 528 ZPO mangels Legitimation. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist keine in erster Instanz entschiedene Rechtssache. Das ASG Wien hat dieses RM in Bindung an den Ausspruch des OLG Wien zurückgewiesen, auch wenn dieser Beschluss mit Rekurs angefochten werden kann.

W I + II/2016 vom 30.6.2016; kärntner GemeindeO und GemeindewahlO

Stattgabe des Antrages des Gemeinderates auf Verlustigerklärung von zwei Mandaten von (Ersatz)Gemeinderatsmitgliedern wegen Verlustes der Wählbarkeit infolge Verlegung des Hauptwohnsitzes iSd Art.6 Abs.3 B-VG in eine andere Gemeinde als Keutschach am See.

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V 16/2016 Beschluss vom 10.6.2016; § 13 Abs.6 tiroler StraßenG;

Unzulässigkeit eines Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung, mit der ein Grundstück zur Gemeindestraße erklärt wurde. Die Geltendmachung dieser Bedenken kann zumutbar im Enteignungsverfahren erfolgen. Der Gemeingebrauch  steht nach dieser landesgesetzlichen Bestimmung erst ab Eigentumserwerb durch die Gemeinde offen.

G 235/2015 vom 10.6.2016;

Art.140 Abs.1 Z.1 lit.d B-VG; §§ 2 und 5 StEG;Art.5 Abs.5 EMRK; Art.3 des 7. ZP zur EMRK; § 1325 ABGB;  Abweisung eines (aufgrund G 95/2016 vom 10.6.2016) zulässigen Parteiantrages. Keine Gleichheitswidrigkeit der neuen Regelungen im StEG über die Haftentschädigung. Die festgelegten Ober- (€ 50,–) und Untergrenzen (€ 20,–) sind nicht unsachlich; kein verfassungswidriges Sonderopfer der Betroffenen.

A6/2016 Beschluss vom 9.6.2016;

Zurückweisung einer Klage auf Schadenersatz wegen gesetzwidrigen Haftbedingungen mangels Zuständigkeit des VfGH. Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach dem StEG und AHG. Gleichzeitig Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wegen Aussichtslosigkeit.

E 712/2016 Beschluss vom 9.6.2016;

Zurückweisung der Beschwerde samt Verfahrenshilfeantrag mangels Prozessvoraussetzung der Legitimation, weil der Sachwalter diese nicht genehmigt hat.

G 606/2015 vom 9.3.2016; §§ 131b, 132a und 323 Abs.45 BAO – Registrierkassenpflicht; Abweisung der Individualanträge

E 1477/2015 vom 8.3.2016; Art.11 Abs.2 EMRK; § 12 VereinsG; § 78 StGB; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtgestattung der Gründung eines Vereins für Sterbehilfe wegen Verfolgung eines strafgesetzwidrigen Zwecks.

V 67/2015 vom 2.3.2016; § 109a Abs.5 Notariatsordnung; RL der österr. Notariatskammer betreffende Treuhandschaften

Abweisung des zulässigen Individualantrags eines Notars auf Aufhebung von Bestimmungen der Richtlinien der österreichischen Notariatskammer über die Vorgangsweise bei notariellen Treuhandschaften. Keine Bedenken gegen die Verpflichtung zum Erlag der Treuhandgelder bei einer Bank.

G 378/2015 Prüfungsbeschluss vom 25.2.2016; nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut des Art.140 Abs.1a letzter Satz B-VG dürfte die Stellung eines Parteiantrages nur in jenen Fällen für unzulässig erklärt werden, in denen dies „unerlässlich“ für die Sicherung des Zweckes des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht ist.

W I 9 und 10/2015 vom 24.2.2016; Anfechtung der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl in Braunau durch die Wählergruppe Demokratische Initiative Braunau.

Zurückweisung des Anfechtungsantrags betreffend die Bürgermeisterwahl mangels Legitimation, weil von ihr kein Wahlvorschlag eingebracht wurde.

Abweisung des Anfechtungsantrags betreffend die Gemeinderatswahl.

V 150/2015 Beschluss vom 19.2.2016; Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes der Markgemeinde Grafenbach-St. Valentin betreffend Rückwidmung einer Grundstücks in Grünland.

Unzulässigkeit des Antrags, weil bereits Beschwerde an den VfGH erhoben worden ist und in diesem Verfahren diese Bedenken vorgebracht werden können.

A 11/2015  Beschluss vom 10.12.2015; Zuspruch der Kosten für die Gegenschrift an den beklagten Bund nach TP 3C incl. 100% Einheitssatz und ERV-Gebühr infolge Zurückziehung der Klage nach Art. 137 B-VG durch die Österreichische Post AG. Die Beauftragung der Finanzprokuratur durch den Bund war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

V 105/2015 vom 26.11.2015; Art.18 Abs.2 B-VG; stmk. ROG; Gesetzwidrigkeit der Umwidmung eines Grundstücks von Bauland in Freiland mangels ausreichender Grundlagenforschung und einer Interessensabwägung, die auch die Interessen des Grundstückseigentümers mitberücksichtigt.  Das Unterlassen von Einwendungen des Grundeigentümers ist kein Grund für die Möglichkeit des Unterlassens der Feststellung der Entscheidungsgrundlagen.

Aufhebung von Flächenwidmungsplan und ÖEK; die für die Änderung des Raumordnungsplans herangezogenen Entscheidungsgrundlagen müssen erkennbar dokumentiert sein.

G 403/2015 vom 25.11.2015; Art. 135 und Art. 135a B-VG; Art. 87a B-VG; Aufhebung der Wortfolge „Entziehung der Gewerbeberechtigung“ in § 26 Z.2 lit.c VGWG (Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien) mit 30.6.2016, weil das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art. 6 StGG), auf Berufsfreiheit (Art. 15 GRC) und civil rights (Art.6 EMRK) betroffen sind. Besondere Rechtskenntnisse sind erforderlich. Einer mündlichen Verhandlung kommt zur Gewinnung des persönlichen Eindrucks besondere Bedeutung zu. Grenzen der Zulässigkeit der Übertragung von Agenden an Rechtspfleger in qualitativer Hinsicht (G 181/2014 vom 3.3.2015). Verstoß gegen Art. 135 und Art.135a B-VG.

G 404/2015 vom 25.11.2015; keine Verfassungswidrigkeit der Übertragung von Agenden betreffend baupolizeiliche Aufträge in § 26 Z.2 lit.b WGWG (Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien) an Rechtspfleger.

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E 857/2015 vom 20.11.2015; § 70 nö. BauO; Art.7 Abs.1 B-VG; Verletzung im Gleichheitsrecht wegen willkürlicher Annahme des Vorliegens einer gekuppelten Bauweise. Grobe Verkennung der Rechtslage durch die Abweisung der Beschwerde durch das LVwG gegen den das Pultdach bewilligenden Bescheid (Willkür).

V 128/2015 Beschluss vom 19.11.2015; Zurückweisung des Individualantrags der Stadtgemeinde Neumarkt auf Aufhebung einer Änderung des Flächenwidmungsplans der Gemeinde Thalgau von Grünland/ländliches Gebiet auf Grünland/Windkraftanlagen im Bereich Lohnberg – Mayr-Melnhof. Kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Nachbargemeinde. Besondere Umstände im Sinne VfSlg. 10.703 (z.B. heranrückende Wohnbebauung) liegen hier nicht vor. Unzulässigkeit des Individualantrags.

V 104/2015 u.a. vom 19.11.2015*; Aufhebung der 30km/h-Zonenbeschränkung des Gemeinderates der Stadt Traun vom 26.5.2008 mit Wirksamkeit 30.6.2016. Verordnungsprüfungsantrag des LVwG Oö. aufgrund sieben bei ihm anhängig gewesener Verfahren, teilweise von den Beschwerdeführern angeregt. Die Erforderlichkeit dieser Verkehrsbeschränkung ist vom Gemeinderat nicht geprüft worden. Das versäumte Ermittlungsverfahren kann nach Verordnungserlassung nicht nachgeholt werden.

E 783/2015 Beschluss vom 19.11.2015; §§ 86 und 88 VfGG; Einstellung des Verfahrens als gegenstandslos nach Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts durch den VwGH. Wegfall der Beschwer.

Kein Kostenzuspruch, weil kein Fall der Klaglosstellung iSd § 88 VfGG vorliegt.

G 586/2015 Beschluss vom 19.11.2015; § 131 Abs.4 BAO; Registrierkassenpflicht; § 2 BarumsatzVO 247/2015; Unzulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung der Verordnungsermächtigung an den Finanzminister. Keine unmittelbare Betroffenheit der Rechtssphäre der Antragstellerin.

E 1374/2015 Beschluss vom 14.10.2015; Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Einbringung einer Beschwerde mangels Bescheidcharakter des vorliegenden Schreibens. Einer Erledigung einer Behörde, die nicht in Form eines Bescheides ergeht, kommt nur dann Bescheidcharakter zu, wenn sich aus ihrem maßgeblichen Inhalt ergibt, dass die Behörde gegenüber einer bestimmten Person normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit entschieden hat. Die Erledigung muss den unzweifelhaften Willen erkennen lassen, gegenüber einer bestimmten Person eine konkreten Verwaltungsangelegenheit normativ zu regeln.

E 1536/2014 vom 9.10.2015; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal nach Art.6 Abs.1 EMRK, weil der fachkundige Laienrichter Referatsleiter in jener Abteilung der salzbuger LReg ist, in die auch die Agrarbehörde Salzburg eingegliedert ist., der als belangten Behörde Parteistellung im Verfahren vor dem LVwG zukommt. Der fachkundige Laienrichter wird wie die übrigen Richter von der LReg ernannt. Schon der „äußere Anschein“ der Parteilichkeit ist entscheidend. Die Zusammensetzung des LVwG Salzburg entspricht hier nicht dem Art.6 EMRK (EGMR vom 16.7.1071 im Fall Ringeisen – Österreich, A-13; Sramek – Österreich, A-84). Dem LVwG kommt eine rechtsstaatliche Filterfunktion zu und ist die Anrufung des VwGH nur noch bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung möglich (G 7/2015 vom 25.6.2015). Dieser kann somit nicht mehr eine möglicherweise fehlende Gerichtsqualität der entscheidenden Verwaltungsgerichte ersetzen.

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